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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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versuchte, sie hineinzudrängen. Sie fühlte die harte Stoßstange eines Autos an ihre Schienbeine stoßen und sprang einen Schritt zurück. »Da werde ich nicht reingehen«, sagte sie, und die Worte kamen gepresst aus ihrem zugeschnürten Hals. Diesmal würde es im Inneren keinen Riegel geben. Sie und Kayla wären eingeschlossen, völlig hilflos.
    »Du musst, und du wirst das jetzt tun«, sagte Simone. Ihre Stimme klang wie eine Peitsche auf nacktem Fleisch. Hannah schüttelte heftig den Kopf und spürte ein starkes Benommenheitsgefühl. Sie hatte den Eindruck, als würden sich Finger um ihren Hals legen und sie würgen. Ihre Hand griff nach oben, um die Kapuze herunterzuziehen, aber eine andere Hand nahm die Kapuze und zog sie sanft, aber unmissverständlich wieder an ihren Platz.
    »Sie hyperventiliert«, sagte Stanton.
    » Sacrament! Wir haben nicht die Zeit für so etwas!« Hannahs Kapuze wurde ihr über die Nase gezogen, und sie warf ihren Kopf nach hinten und rang nach Luft.
    »Hannah? Bist du in Ordnung?«, rief Kayla. Hannah hörte, wie sie kämpfte, um sich von Simone zu befreien.
    »Sei still!«, fauchte Simone. »Jede weitere Sekunde, die wir hierbleiben, erhöht unser Risiko. Ihr wollt, dass die Polizei anrückt? Nein? Dann haltet gefälligst den Mund und macht, was man euch sagt. Ich erlaube euch nicht, diese Mission zu gefährden.«
    Die harten Worte durchbrachen Hannahs Hysterie. Sie hatte diese Worte schon einmal von Simone gehört und wusste, dass die Drohung kein leeres Geschwätz war.
    »Mir geht es gut, Kayla«, sagte sie, doch das Zittern in ihrer Stimme sprach eine ganz andere Sprache. Sie schluckte, gewillt, ruhig zu klingen. »Wirklich, es geht mir wieder gut. Wir sollten besser tun, was sie sagen.«
    »Gutes Mädchen«, sagte Stanton. Er lockerte seinen Griff um ihre Handgelenke, und sie spürte seine Hand in ihrem Kreuz, die sie vorwärtsführte und ihr in den Kofferraum half. »Es dauert nicht einmal zehn Minuten bis zum Haus. Ich weiß, dass ihr Angst habt, doch versucht einfach, euch zu entspannen und an etwas Angenehmes zu denken. Ihr seid schneller wieder draußen, als ihr denkt.«
    Hannah drehte sich auf die Seite, und dann kroch Kayla in den Kofferraum und wand sich, um möglichst schnell eine angenehme Position zu finden. »Ihr könnt eure Kapuzen sofort abnehmen, sobald ich den Kofferraum geschlossen habe«, sagte Stanton. »Das sollte es leichter machen.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Simone. »Ich wünsche euch Glück.« Ihre Worte klangen so kalt und fern wie Sterne. Doch dann spürte Hannah die zarte Berührung einer Hand auf ihrem Bein. »Courage« , murmelte Simone.
    Die Hand wurde zurückgezogen, und die Klappe des Kofferraumes fiel mit einem Knall zu. Hannah zog sofort ihre Kapuze ab. Um sie herum war es vollkommen schwarz. Sie hörte, wie Kayla ihre Kapuze abnahm und tief Luft holte. Der Klang ihres Atems beruhigte Hannah. Sie konnte sich vorstellen, wie leicht es ohne den Anker von Kaylas Anwesenheit geschehen könnte, dass sie sich selbst verlor, aufhörte, an ihre eigene Existenz zu glauben.
    Als das Auto losfuhr, tastete Kayla nach ihrer Hand und packte sie in einem festen Griff. Kayla zitterte, doch Hannah merkte, wie in diesem Augenblick ihre eigene Angst von ihr wich. Ihre Hilflosigkeit war jedoch so absolut, dass dieses Gefühl keine Erleichterung war. Es gab nichts, was sie hätte tun oder sagen können und was die Situation irgendwie geändert hätte. In zehn Minuten oder zehn Stunden oder nie würde die Klappe des Kofferraums wieder aufgehen. Dann wären sie in Sicherheit oder in Gefahr. Sie würde leben oder sterben.
    Sie lag da in der schwarzen Dunkelheit, streichelte die warme Hand ihrer Freundin und wartete darauf, wiedergeboren zu werden.

 
    EINE KURZE EWIGKEIT SPÄTER GING DER KOFFERRAUM wieder auf, und ein weißes Gesicht strahlte auf sie herab. »Hallo, da sind wir. Ich bin Stanton. Willkommen in Columbus!«
    Hannah schätzte ihn auf Anfang vierzig, doch sein Lächeln war das eines achtjährigen Jungen, der unterm Weihnachtsbaum gerade einen Welpen entdeckt hatte.
    »Dann wollen wir mal aussteigen.« Mit der zuvorkommenden Art eines Dieners, der Damen aus der Kutsche hilft, war er ihnen beim Aussteigen aus dem Kofferraum behilflich. »Ich versichere euch, die Unterbringung im Haus ist sehr viel komfortabler«, sagte er und neigte seinen Kopf leicht nach hinten, um sie zu betrachten. Er war wirklich klein, allenfalls einen Meter sechzig groß. Irgendwie

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