Die Gebeine von Avalon
wusste, um sich vor Fyches Handlangern in Sicherheit zu bringen?
Doch wie sicher war es für sie
hier
?
«Habt Ihr Joe Monger letzte Nacht gesehen?», fragte ich.
«Nein», antwortete sie. «Den ganzen Tag über auch nicht.»
Ich nickte, da ich spürte, dass es die Wahrheit war. Es war an der Zeit, einen Schritt nach vorn zu machen.
Während ich mit der linken Hand mein Gewand zusammenhielt, streckte ich ihr die rechte entgegen.
«John Dee», sagte ich.
†
So begannen die Stunden, die alles veränderten. Die Nacht der wilden Transformation.
Wo soll ich nur anfangen, es zu erklären?
Und wie, Doktor, vermag die Seele diese Göttlichkeit zu erlangen?
Alchemie.
Wir
sprechen
darüber. Wir diskutieren über Transmutation. Wir, die Wissenschaftler, die Gelehrten, die Leser von Büchern. Wir sagen,
es gibt eine Formel, es muss eine Formel geben,
um unedle Metalle in pures Gold zu verwandeln, um aus dem Menschen etwas Göttliches zu machen. Irgendein uraltes Geheimnis, das Pythagoras kannte und das von Plato beschrieben wurde. Etwas, das in den Bereich des Okkulten fällt.
Wortgewandt erklären wir, dass meist eine schmerzliche Reise durch die Dunkelheit nötig ist, um zu einem entfernten Lichtplaneten zu gelangen. In Wahrheit wird so gut wie niemand von uns dieses Licht je sehen, sondern höchstens ein kurzes Aufblitzen erhaschen können, so wie man manchmal einen flüchtigen Sonnenstrahl am sturmgepeitschten Himmel erspäht. Und wenn wir dieses Aufblitzen gesehen haben und dann tief in uns nach etwas Ewigem suchen, werden wir – Gott steh uns bei – die tiefe Dunkelheit, in der wir für immer verharren müssen, nur umso stärker gewahr.
†
Aber zunächst sollten die weltlichen Dinge abgehandelt werden – es gab noch ein paar kleine Geheimnisse zu lüften. Wie es schien, war sie an diesem Morgen früh aufgebrochen, um auf einem ärmlichen Hof im Marschland von Wells nach einem kranken Kind zu sehen. Ein Reiter, der Briefe für die nahgelegene Stadt bei sich trug, hatte angehalten, um ihr von dem Mord zu erzählen. Als sie nach Glastonbury zurückkehrte, war sie klug genug gewesen, Vorsicht walten zu lassen. Es war bekannt, welche Freiheiten sich manche Männer unter dem Deckmantel der Verbrecherhatz gegenüber alleinreisenden Frauen herausnahmen.
Sie hatte sich auf Trampelpfaden zurück in die Stadt geschlichen und war unterwegs Joan Tyrre begegnet, die ihr die Hiobsbotschaft mitteilte – dass man jetzt nach ihr suchte. Und so hatte sie sich eilig zurück in die Wälder aufgemacht und war erst im Schutze der Nacht und von ihrem Umhang verhüllt nach Glastonbury zurückgekehrt.
War nicht nach Hause, sondern zu Cowdray gegangen, der sie, nachdem er Fyche und seine Konstabler losgeworden war, nicht nur in einer Dachkammer mit Essen und Trinken versorgte, sondern ihrem Vater auch heimlich Nachricht zukommen ließ, dass sie sich in Sicherheit befand. Cowdray sei ein guter Mann, sagte sie, auch wenn er sich mit der Begleichung seiner Rechnungen gern ein halbes Jahr Zeit ließ. Ihr Vater hatte sich um Cowdrays Frau gekümmert und ihre Schmerzen gelindert, bevor sie starb. Das hatte ihm Cowdray nie vergessen.
Ich versicherte ihr, dass mein Freund, Master Roberts, seine Rechnung sehr viel schneller zahlen würde. Ich wollte natürlich herausfinden, ob Dudley nicht nur
meine
wahre Identität verraten, sondern unabsichtlich auch seine eigene enthüllt hatte. Was nicht der Fall war, aber anscheinend war er gefährlich nah davor gewesen.
«Euer Freund ist an jenem Morgen erwacht und hatte keine Ahnung, wo er sich befand», erzählte Mistress Borrow. «Er wusste auch nicht, wer
ich
war. Einmal nannte er mich Amy.»
«Gut», flüsterte ich.
Und meinte damit, es war nur gut, dass er sie nicht Bess genannt hatte.
«In seinem Fieberwahn hat er dann zweimal nach Euch gerufen.
Wo ist John Dee? Lasst John Dee kommen!
»
«Hm … es gibt sicher noch andere Männer dieses Namens», wandte ich ein.
«Nicht dass ich wüsste. Außerdem war das Benehmen Eures Freundes auffällig. Er wirkte wie ein Mensch, der es gewohnt ist, Befehle zu erteilen, die sogleich ausgeführt werden, wenn er mit den Fingern schnippt. Aber da war ich schon mehr an Euch als an ihm interessiert. Ich musste der Sache auf den Grund gehen.»
Ich lächelte und dachte daran, wie gelehrt sie über astrologische Kräuterkunde gesprochen hatte, als wir bei der heiligen Quelle gesessen hatten. Und natürlich hatte sie meinen Eifer
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