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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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untrennbar miteinander verbunden. Außerdem …» Sie faltete die Hände im Schoß. «Außerdem hörte ich, dass Ihr einem Tod ins Gesicht gesehen habt, der schlimmer gewesen wäre als der meiner Mutter.»
    «Das kann man schwerlich vergleichen», sagte ich. «Denn es ist ja nicht dazu gekommen.»
    Ich hatte ihr mitgeteilt, was ich von Joe Monger über die Verhandlung und Hinrichtung von Cate Borrow wusste – eine Frau, die offensichtlich mein Interesse an den materiellen Grenzen unserer Welt geteilt hatte. War es das, was ihre Tochter mit Verwandtschaft meinte? Falls ja, konnte ich eine gewisse Enttäuschung nicht leugnen.
    «Erzählt mir mehr über Fyche», bat ich. «Warum hat er es nach dem, was Eurer Mutter widerfahren ist, nun auf Euch abgesehen?»
    «Das ist kein großes Rätsel. Er schaut mich an und sieht …
sie

    «Ihr erinnert ihn daran, was er getan hat?»
    «Nein, nein!» Sie schüttelte den Kopf, und die Haare fielen ihr ins Gesicht. «Das würde ja bedeuten, dass er den Tod meiner Mutter bedauerte, und das tut er keinesfalls. Er sieht in mir eine gebildete Frau mit den Augen von Cate Borrow.»
    «Eine Bedrohung.»
    «Ich will Euch etwas erzählen über diesen Mann, der in den letzten Tagen der Abtei dort als Mönch lebte, Dr. John. Und dem dann dieses Land zufiel – samt dem Geld, es zu bestellen und darauf zu bauen.»
    «Eine Erbschaft von seinem Onkel, richtig?»
    «Onkel?»
    «Nicht?»
    «Es war eine Schenkung, darauf würde ich meinen gesamten Besitz verwetten.»
    «Von wem?»
    «Wer kann eine solche Schenkung denn schon veranlassen?» Sie zitterte.
«Wer schon?»
    «Mistress Borrow –»
    «Eleanor.» Sie warf das Haar zurück. «Nel. Nennt mich Nel. Das spricht sich … viel schneller.»
    Nel.
    Ich spürte eine ungewohnte Energie im Zimmer. Meine Hände wurden feucht. Und der Donner erklang jetzt in so kurzen Abständen, dass es wie im Innern einer gewaltigen Kriegstrommel anmutete. Aber meinen lauten Herzschlag, das Rauschen meines Blutes konnte er nicht übertönen.
    «Dr. John …»
    Sie schaute mir in die Augen, und ich wollte
John, einfach John
flüstern, brachte es aber nicht fertig. Wie sie das Haar eben geschüttelt hatte …
Oh mein Gott.
Ich zog mir das Gewand über die Knie.
    «Um es klar zu sagen», fuhr sie fort. «Fast das gesamte Land, das Fyche heute gehört, befand sich früher im Besitz der Abtei.»
    «Ihr meint, es ist Land, das Thomas Cromwell für den König annektierte? Und das dieser danach schenken konnte, wem immer er wollte?»
    Dieses Gespräch bewegte sich in gefährliche Bahnen.
    «Mein Vater weiß mehr darüber als ich», sagte sie. «Das Haus, Meadwell, lag an der Grenze zum Landbesitz der Abtei und war ganz verfallen. Und plötzlich … nun, alles, was man in Glastonbury mitbekommen hat, war, dass das verlassene Gutshaus einige Jahre später auf einmal wiederaufgebaut wurde. Und dass der ehemalige Mönch Edmund Fyche sich dort niederließ. Und dann wurde aus ihm über Nacht auch noch ein
Sir
Edmund.»
    «Ist all das in der Stadt allgemein bekannt?»
    «Schon, aber Fyche ist eben das Gesetz hier und gilt gleichzeitig auch noch als Wohltäter. Nach einer schlechten Ernte muss hier heutzutage niemand mehr hungern, wie es in den Jahren nach dem Ende der Abtei der Fall war. Daher gilt er vielen in Glastonbury als guter Mensch … oder wenn schon nicht das, so wenigstens doch als das kleinste Übel.»
    Ich nickte. Mir fielen mindestens ein Dutzend Grundbesitzer ein, die sich auf ähnliche Art beliebt machten und dafür zahlten, dass man ihre wenig erbauliche Vergangenheit vergaß.
    Eine Frage jedoch drängte sich bei Fyche auf.
    «Weshalb wurde ein ehemaliger Mönch so reich bedacht?»
    «Ja, warum wohl?»
    «Glaubt Ihr, dass Eure Mutter zu viel über Fyche wusste? Zum Beispiel, was genau er für Cromwell und den dicken Heinrich getan hat, um derart ausgezeichnet zu werden?»
    Ich wurde von einer plötzlichen Ahnung erfasst, stand auf und ging barfuß zur Tür, um mich zu vergewissern, dass niemand auf dem Flur war. Ein wenig beschämt ob meines kurzen Nachthemds, kehrte ich dann rasch an meinen dunklen Platz auf dem Bett zurück.
    «Alles ruhig.»
    «Gut.»
    Es herrschte eine seltsame Vertrautheit zwischen uns. Umso ungewöhnlicher, wenn man bedachte, was für einer teuflischen Annahme wir uns näherten.
    «Den alten Abt schleift man also zum Tor hinauf», fasste ich zusammen. «Hängt und vierteilt ihn. Und danach wird ein unbedeutender Bruder seiner

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