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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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der Sünde liegt schwer auf uns allen.»
    «Joe Monger wird für mich bürgen», versicherte ich ihr. «Was wollten die Männer hier, Mistress?»
    «Die haben gefunden, was sie suchten», antwortete sie. «Aber das war ihnen nicht genug. Sie wussten ja, dass er es nicht einfach ruhig hinnehmen würde. Und als er ihr auf die Straße nachlief, haben sie ihn sich geschnappt. Wer kann es ihm verdenken? Sie war ja schließlich die Frucht seiner Lenden.»
    «Vergebung, aber …»
    «Ich werde nie verstehen, warum sie zurückgekommen ist.»
    «Wer?» Mir war, als bräche der Himmel entzwei. Beinahe hätte ich sie an den Schultern gepackt.
«Sagt es mir.»
    «Sie müssen die ganze Nacht das Haus beobachtet haben. Anders kann ich mir das nicht erklären.»
    Nun fiel mir der Himmel endgültig auf den Kopf.
    «Habt Ihr nicht gesehen, wie man sie wegbrachte?», fragte sie.
    «Himmelherrgott …»
    Sie sah mich entsetzt an, weil ich geflucht hatte. Am liebsten hätte ich ihr die heuchlerische Frömmigkeit aus dem Leibe geschüttelt.
    «So redet doch!»
    Ich fühlte mich, als ob mein Herz in Flammen stünde. Als sie den Wahnsinn in meinen Augen aufflackern sah, wich sie zurück. Da fiel mir der junge Mann wieder auf. Er beobachtete uns. Jetzt erkannte ich, dass es Bruder Stephen war, der jüngere der beiden Mönche, der Fyche begleitet hatte, als ich ihm auf dem Tor das erste Mal begegnet war.
    Die Frau des Pastors stopfte eine Strähne ihres Haares unter die Haube.
    «Sie sagte … Nun, wir haben sie alle gehört, jeder von uns. Von der Treppe herab hat sie gerufen, dass sie anstandslos mitgehen würde, wenn man ihren Vater in Ruhe ließe. Daran haben sie sich nur so lange gehalten, bis man sie außer Sichtweite geschafft hatte …»
    Ich drehte mich um und sah auf die Straße, wo sich die Menge langsam auflöste. Ich spürte, wie sich meine Lippen bewegten, aber mein Mund konnte keine Worte formen.
    «Es ist nicht gerecht, den Vater für die Sünden seiner Tochter zu prügeln, findet Ihr nicht auch?», fragte die Frau des Pastors.
    «Sünden?»
    «Als man ihr die Anklage vorlas, hat sie diese nicht bestritten. Als sie ihr vorwarfen, eine Hexe und Mörderin zu sein, hat sie nicht widersprochen. Die Leute hier haben gewusst, dass es einmal so kommen würde – das passiert eben, wenn ein Frau denkt, sie kann eines Mannes Weg gehen, wo sie doch heiraten und anständig für ihren Gatten sorgen sollte.»
    «Herrgott noch mal, Mistress», begann ich fassungslos. «Wenn eine Frau doch das Zeug dazu hat …»
    Aber ihr Gesicht war zu jener ausdrucklosen Maske erstarrt, hinter der sich in diesem zerstrittenen Land nur allzu viele Menschen versteckten.
    Von der Stadtmitte her hörte ich lautes Johlen und spöttisches Lachen.

XXXIV Reitmantel
    I hr könntet jetzt tot sein.»
    Kräftig gebaut, unnachgiebig, ein Bart wie aus Torf. Sir Peter Carew, seines Zeichens Senior Knight, ließ mich seine Verachtung spüren.
    «Ihr könntet jetzt mit aufgeschlitztem Bauche verrotten, ist Euch das klar?»
    Ich schwieg.
    «Und alles nur wegen eines Quacksalbers und einer Hexe», schnaubte Carew. «So gelehrt scheint Ihr doch nicht zu sein. Euer Hirn ist nämlich weich wie Scheiße.»
    Er und seine Männer waren kurz vor Mittag zu Pferde aus Taunton eingetroffen, wo sie die Nacht verbracht hatten. Dudley, Carew und ich saßen allein im Halbdunkel des getäfelten Raumes in Cowdrays Gasthof. Jeder von uns hatte einen Becher mit billigem Cider vor sich. Carew spuckte einen kräftigen Schluck davon auf die Steinfliesen. Ich hatte meinen noch nicht angerührt.
    «Ihr glaubt wohl, hier in diesem Scheißloch geht es zu wie in London,
was

    «Die Verwechslungsgefahr dürfte derzeit eher gering sein», murmelte Dudley.
    «Das Gesetz hier ist unerbittlich, Lord Dudley, das wollte ich damit sagen. Unerbittlich.»
    Mein Schweiß kühlte langsam ab. Noch halb benebelt vom Pulver der Visionen, war ich blindlings durch die Straßen gerannt, von der Unterstadt bis hinauf zu ihrem Gipfel, vorbei an der Johanniskirche, bis der Tor vor mir aufragte. Ich war beinahe davon überzeugt gewesen, dass ich sie nur aufspüren musste, um sie aufzuhalten. Um Nel zurückzuholen.
    Aber sie waren fort.
Sie
war fort. Und jetzt wollte ich mich am liebsten auf Carew stürzen und ihm die Haare seines Barts einzeln ausreißen.
    Ich bemerkte Dudleys warnenden Blick. Er war überzeugt, und das sicher nicht ganz ohne Grund, dass Carew nur auf eine passende Gelegenheit wartete, mich

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