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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Schulter nehmen. Wenn du dich offen für das Leben einer Hexe einsetzt und dann deine wahre Identität bekannt wird, sitzt du in der Scheiße, John.» Er zuckte mit den Schultern. «Wir beide sogar, um genau zu sein.»
    Das stimmte. Vielleicht lag es daran, dass seine Freundschaft mit mir allgemein bekannt war. Sein Name war jedenfalls nicht nur einmal in Gerüchten und Pamphleten aufgetaucht, die ihn in die Nähe der Zauberei rückten. Leute in Cecils Position nahmen derlei nicht so ernst.
    Bis jetzt zumindest. Ich musste daran denken, was Dudley letzte Nacht über Sir William Cecil gesagt hatte, der zwar sein Freund war, aber dennoch seine Vertrautheit mit der Königin missbilligte. Wenn sich herausstellte, dass Dudley in einen Skandal verwickelt war, in dem es um Hexerei und den Mord an seinem Stallknecht ging – würde Cecil dann seine eigene Position in Gefahr bringen, um ihn zu beschützen?
    Überall lauerten Fallstricke. Ich ließ mich in den Sessel am Fenster sinken. In der Nacht erst hatte ich Dinge erlebt, von denen ich nie zu träumen gewagt hätte, und nun, wenige Stunden später, lag alles in Trümmern.
    Ich verbarg mein Gesicht in den Händen. Dudley war mein Freund, der beste, den ich bei Hofe hatte. Durch seine Unterstützung und seinen Einfluss war es mir gelungen, die Gunst der Königin zu erringen. Sollte ich ihm das Leben jetzt noch schwerer machen und ihm berichten, dass Nel Borrow den Verdacht hegte, Fyche habe seinen Wohlstand und seine Stellung nur durch den Verrat an seinem Abt erlangt?
    Wofür es, abgesehen von Indizien, keinerlei Beweise gab. Andererseits, wie oft wurden vor Gericht denn schon stichhaltigere Beweise vorgelegt?
    «Was ist das?»
    Ich hatte kaum mitbekommen, wie Dudley vom Bett heruntergeglitten war. Als ich aufsah, hockte er auf seinen Knien und kramte unter dem Beistelltisch herum. Stand auf und hielt etwas zwischen Daumen und Zeigefinger in die Höhe. Erst sah er das Ding nur an, dann grinste er breit.
    «Sieh mal einer an …»
    «Was hast du da gefunden?»
    Er hielt mir seine umgedrehte Hand hin. Darauf lag ein feuchtes schrumpeliges Etwas von gelblicher Farbe. Schlauchförmig. Anscheinend ein Stück Tiereingeweide. Eine Schafsblase vielleicht. Ich wusste nichts damit anzufangen.
    «John, du Mistkerl.»
    Er hatte eine spitzbübische Miene aufgesetzt, die ich das letzte Mal an ihm gesehen hatte, als er noch ein Junge war und meinen Unterricht stören wollte. Ich erhob mich aus dem Sessel.
    «Was ist das?»
    «Was das ist?»
Er verdrehte die Augen. «Herr im Himmel, wie lange kennen wir uns jetzt, John?»
    Ich begriff immer noch nicht, was er meinte. Dudley ließ das Ding zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her schwingen.
    «Glaub mir, ich kenne diese Teile aus Paris. Selbstverständlich habe ich zu bestimmten Gelegenheiten auch eines benutzt – in Frankreich sollte man besser aufpassen, aber das ist eine andere Geschichte.» Er starrte mich an. «Herr im Hemd, du solltest einmal dein Gesicht sehen! Du kannst dich nicht erinnern, stimmt’s? Warst du betrunken?»
    «In den letzten fünfzehn Jahren bin ich so gut wie nie betrunken gewesen, wie du auch sicherlich …»
    «Es ist ja nicht so, dass es mich nicht freuen würde, dass du, selbst in so widrigen Zeiten wie diesen, Verwendung für einen Reitmantel hast.»
    Ich sank wieder in den Sessel.
    «Wie bitte?»
    Dudley legte den kleinen Schlauch auf den Beistelltisch, zog ein Schnäuztuch aus der Tasche und wischte sich die Hand ab. Er grinste weiter, als wäre seine Miene eingefroren. Ich schwieg. Das Ding stammte sicher von einem früheren Gast des Zimmers. Entweder das oder …
    «Wer war es denn nun, John?», fragte er. «Verrätst du es mir? War es eine der Küchenmägde, die deiner schüchternen Schönheit erlegen ist, deiner vornehmen Zurückhaltung?»
    «Ich …»
    Ich muss wohl Tränen in den Augen gehabt haben.
    Möglich, dass er es sah. Er ging zum Bett, legte einen Arm um den Apfelbaumpfosten und schwang leicht hin und her.
    «Verdammt», sagte er. «Wie konnte mir – trotz des Fiebers – nur etwas so Offensichtliches entgehen?»

XXXV Schwarze Energie
    E s dauerte wohl mehr als eine Stunde, Dudley über alles aufzuklären, während sich draußen der Nachmittagshimmel ins Graue neigte und es im Zimmer langsam dunkel wurde.
    Ich glaube nicht, dass ich viel ausließ: Ich berichtete alles, von der ersten Begegnung mit Fyche auf dem Tor und allem, was mir Monger über Nels Mutter erzählt hatte, bis

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