Die Gebeine von Avalon
rausprügeln?»
«Ich werde vernünftig mit ihm reden.»
«Wenn das so ist, reite ich nach Butleigh und versuche die Frau mit der Zwillingsgeburt zu finden.» Dudley erhob sich und klopfte sich den Staub vom Wams.
Dann strich er sich durch den Bart, der sich als sichtbares Zeichen seiner Genesung wieder zu kräuseln begann.
«Da könnte es Schwierigkeiten geben», wandte ich ein.
Dann erzählte ich ihm von Mongers Befürchtung, dass die Frau Matthew Borrows Behauptung vielleicht nicht bestätigen würde, da man eventuell Druck auf ihre Familie ausgeübt hatte.
Er fuhr sich durch das glänzende Haar. «Mein lieber John, die Frau, die Robert Dudley etwas abschlagen kann, ist noch nicht geboren worden.»
†
Als wir in den Gasthof zurückkehrten, hatte sich meine Stimmung ein wenig gebessert. Dudley ging zu den Ställen, um die Vorbereitungen für seinen Ritt nach Butleigh zu veranlassen, während ich Ausschau nach Cowdray hielt. Immerhin hatte er mich ja auf den Knochenhändler aufmerksam gemacht.
Ich fand Cowdray in der Schankstube, wo alle Fenster weit offen standen. Er wischte Erbrochenes von den Fliesen.
«Weiberarbeit.»
Er grinste kläglich und wischte sich die Hände an seiner Schürze aus Sackleinen ab. Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte mich.
«Habt Ihr so etwas schon einmal erlebt?»
«Ein paar von denen wollten ihr Ale für umsonst», seufzte er. «Das habe ich wirklich noch nicht erlebt.»
«Und haben sie es bekommen?»
Er antwortete nicht.
«Man hat auf Nel Borrows Land Knochen gefunden», eröffnete ich ihm.
«Was soll ich dazu sagen, Dr. John? Hier liegen überall Knochen herum.»
«Stimmt es, dass hier, wie behauptet, Gräber geplündert wurden?»
Cowdray steckte seinen Schrubber in den Wasserkübel.
«Big Jamey Hawkes wurde wieder ausgegraben. Jemand brach seinen Sarg auf und schändete seine Gebeine.»
«Wann wurde er begraben?»
«Vor fünfzehn, zwanzig Jahren.»
«Der Knochen –» Ich zögerte. «Benlow …»
«Ach so.» Er schüttelte ungeduldig den Kopf. «Wer weiß das schon. Vielleicht brauchte er einen neuen Oberschenkelknochen vom heiligen Dunstan. Den hat er schon über hundert Mal verkauft. Als ich Euch von Benlow erzählt habe, hätte ich mich wohl besser deutlicher ausgedrückt, was bestimmte Sachen angeht, aber da –»
«Kanntet Ihr mich noch nicht gut genug, um den Mann einen Gauner zu nennen?»
«Mehr oder weniger», gab Cowdray zu.
«Er betreibt ein gefährliches Gewerbe.»
«Ja. Das mag wohl so sein.»
«Man ist geneigt zu glauben, dass er ein richtiger Glückspilz ist, weil er dem Gefängnis so lange entgehen konnte. In manchen Gegenden haben die Kirchengerichte auf derlei ein schärferes Auge. Und selbst hier, in Zeiten wie diesen …»
«Na ja, jetzt ist er schließlich auch ein anständiger Verkäufer von Schafspelzen, Dr. John.»
«Aber jeder weiß doch, was sich in seinem Keller verbirgt.»
«Ich denke, ich weiß, worauf Ihr hinauswollt», antwortete Cowdray. «Ob es sein kann, dass gewisse Personen der Obrigkeit einfach über seine anderen Geschäfte hinwegsehen?»
«Im Tausch gegen … Gefälligkeiten?»
«Ja, das glauben manche Leute.»
«Woher bekommt er die Knochen? Üblicherweise?»
«Dr. John –»
«Niemand wird erfahren, dass Ihr mir das gesagt habt, Cowdray. Das schwöre ich Euch.»
«Nun ja …» Er schniefte und wischte sich mit der Hand über die Nase und den Mund. «Man kann nicht vorsichtig genug sein mit dem, was man den lieben langen Tag so plappert.»
Ich wartete. Im hellen Sonnenlicht, das durch die offenen Fenster schien, wirkten sogar seine Bartstoppeln wie Goldstaub.
«Die
meisten
Knochen kauft er», begann Cowdray. «In der Regel von den bedauernswerten Leuten, deren Armut so groß ist, dass sie gezwungen sind, nachts Gräber auszuheben oder in modrige Grüfte zu steigen. Diese Knochen besorgt er sich nicht selbst. Das macht er nur bei denen, die fürs Vergnügen sind.»
«Vergnügen?»
«Alte Knochen, neue Knochen … er liebt sie wie Juwelen.»
«Er hat mir sein Beinhaus gezeigt.»
«Ich selbst war nur ein einziges Mal dort. Das hat mir gereicht», erwiderte Cowdray. «Der Mann ist nicht ganz richtig im Kopf. Er liebt … was man nicht lieben soll.»
«Männer?»
«Wenn es nur das wäre, müssten wir uns keine Sorgen machen. Er liebt die Toten. Wenn bei einer armen Familie ein Sohn oder eine Tochter stirbt … und es nichts Ansteckendes war, macht Benlow ein Angebot für den
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