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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Ausstrahlung
    I ch fand Cowdray im dunkel getäfelten Raum, wie er gerade heruntergebrannte Stummelkerzen gegen neue austauschte.
    «Wo ist Monger?»
    «Mit Master Roberts auf nach Butleigh. Ich dachte, das wüsstet Ihr.»
    «Ja doch, natürlich.» Ich sank auf einen Stuhl und schlug die Hände vors Gesicht.
«Mist.»
    Cowdray legte die Kerzen weg.
    «Lasst mich Euch etwas Fleisch holen, Dr. John.»
    «Nein … keine Zeit. Aber ein kleines Bier …?»
    «Dr. John … ich wollte nur sagen …» Cowdray strich sich die Schürze glatt. «Ich wusste nicht, dass Carew und Euer Freund … Euch etwas verheimlicht haben. Ich bin kein Mann, der … Na ja, ich muss eben dafür sorgen, dass es hier weitergeht.»
    «Cowdray, ich mache Euch bestimmt keine Vorwürfe für die Lügen meines Freundes. Das Geld, das Ihr für die Übernachtung und Beköstigung von Carews Männern erhalten habt, konntet Ihr schlecht ausschlagen. Es ist nur so … dass hier etwas nicht stimmt. Und zwar ganz und gar nicht.»
    Ich wollte ihm erzählen, was Stephen Fyche Martin Lythgoe angetan hatte, wollte es draußen auf der Straße laut hinausschreien.
    «Dr. John …»
    Cowdrays Blick richtete sich auf etwas hinter mir. Ich drehte mich schnell um. Links vom Fenster in der dunkelsten Ecke des Raumes saß eine Frau. Ihr silberweißes Haar war unfrisiert und offen. Ich hatte sie noch nie hier gesehen. Vor ihr auf dem Tisch befanden sich Griffel, Tinte und Papier.
    «Goodwife Cadwaladr», stellte Cowdray sie vor. «Sie spricht Walisisch.»
    Ich nickte ihr zu. Etwas misstrauisch allerdings.
    «Mein Bruder war Mönch in der Abtei von Strata Florida», sagte sie. «Ich kam vor einigen Jahren mit ihm her und bin geblieben. Ich wurde dann Köchin hier in der Abtei.»
    «Danach hat sie für Cate Borrow in deren Kräutergarten gearbeitet», ergänzte Cowdray. «Nur zu Eurer Beruhigung.»
    Du bist ein Mensch, der sich ohnehin schon ständig verfolgt fühlt und Angst hat.
    «Danke», flüsterte ich. «Danke, Cowdray.»
     
    †
     
    Mein lieber John,
    ich schreibe Euch in unserer eigenen Sprache, falls dieser Brief abgefangen werden sollte, was ich befürchten muss. Ich weiß, dass Ihr nicht Kymrisch sprecht, nehme aber an, dass Ihr es lesen könnt.
    Die Prophezeiungen scheinen unsere Schwester aus Frankreich erreicht zu haben und stammen offenbar vom Berater der französischen Familie. Die genauen Umstände sind mir nicht bekannt, aber sie wurden wohl heimlich von unserem Freund in Frankreich in Erfahrung gebracht.
    Ich schicke Euch hier den genauen Wortlaut der letzten Prophezeiung. Ich hoffe, dass die Übersetzung erst vom Französischen ins Englische und nun ins Walisische deren Bedeutung nicht verändern wird.
    Unserer Schwester geht es nicht besser.
     
    Ich schaute auf.
    «Es tut mir leid, dass jemand aus Eurer Familie in Schwierigkeiten zu sein scheint», sagte Mistress Cadwaladr. «Ich werde vergessen, was ich hier gelesen habe.»
    «Danke.»
    Ich starrte auf die Übersetzung.
    Zwei Namen kamen mir sogleich in den Sinn.
    Von unserem Freund in Frankreich.
Sir Nicholas Throckmorton, der Gesandte der Königin. Ich war ihm nur einmal kurz begegnet, wusste aber, dass er ein enger Freund der Dudleys war. Zwar stammte er aus einer alten katholischen Familie, war aber jetzt ohne jeden Zweifel Protestant. Er galt als loyaler Berater der Königin und unterrichtete sie stets über die Pläne der machthungrigen Herzogsfamilie Guise, die darauf abzielten, die Tochter von Marie de Guise, die schottische Königin und nun Königin von Frankreich, eines Tages auch zur Königin von England zu machen.
    Vom Berater der französischen Familie
 – damit konnte nur Nostradamus gemeint sein. Herr im Himmel, ich konnte das alles kaum glauben.
    Michel de Nostredame. Von Beginn an hatte er einen langen, und ich möchte sagen dunklen, Schatten auf mein Wirken und meine Arbeit geworfen. Er war ungefähr fünfundzwanzig Jahre älter als ich, ein Günstling des französischen Hofs, und wurde von halb Europa tief verehrt … weil er etwas tat, dem ich mich verweigerte. Ich war ihm nie begegnet, noch hätte ich es je darauf angelegt. Wenn ich den Fragen nicht ausweichen konnte, erklärte ich, dass ich seine Prophezeiungen mit Argwohn betrachtete, zumal sie stets auch noch in hochgestochene vierzeilige Verse gekleidet waren … Aber insgeheim überlegte ich oft, ob der Mistkerl vielleicht über Fähigkeiten verfügte, die mir nicht zuteilgeworden waren.
    Er war

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