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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Versuch, mich vor den Blicken der Öffentlichkeit zu verstecken.» Er schenkte mir Wein ein, sich selbst ebenfalls, aber etwas weniger. «Und natürlich begreifen sie es allesamt nicht. Schon gar nicht die Königin.»
    Den leeren Regalen haftete ein Geruch von Leinöl und Bienenwachs an. Wie es schien, bot das Haus derzeit nur Raum für ihn, seine Frau, die beiden Töchter und nicht mehr als vierzehn Bedienstete. Doch er war bereits damit beschäftigt, große Grundstücke auf beiden Seiten hinzuzukaufen, und im Frühling würde das Haus mehr als doppelt so groß sein. Bis dahin würde es den Ansprüchen eines so wichtigen Mannes wie Sir William Cecil natürlich nicht gerecht werden.
    Selbiger richtete nun seine klaren, traurigen Augen auf mich.
    «Ich bin dieser jungen Frau wirklich von Herzen zugetan, Dee. Und so Gott will, werde ich ihr für den Rest meiner Zeit dienen. Aber sie braucht ununterbrochen Abwechslung!
Oh, ich werde schon bald zu einem Mahl zu Euch kommen, William. Bald!
Alles muss
bald
sein.»
    «Das ist lediglich der Reiz des Neuen», sagte ich. «Die uneingeschränkte Monarchenmacht ist wie ein Rausch. Und sie weiß besser als die meisten Menschen, dass das Leben kurz ist. Zumindest für … manche Menschen.»
    «Sie hat überlebt und den Thron bestiegen.» Cecils Blick wurde hart, aber er blieb ruhig sitzen. «Und jetzt ist sie sicher und wird beschützt. Für immer.»
    Er trug eine schwarze Robe über einem wolkengrauen Wams. Schwer zu glauben, dass er noch keine vierzig Jahre alt war; es kam einem vor, als wäre eine gewisse Müdigkeit Teil seiner Natur geworden. Reine Gaukelei, das wusste ich. Die ermattete Art und die traurig-dunklen Gewänder waren Theater. Er liebte seine Aufgabe und erledigte sie ausnahmslos gut. Und das mit so glücklicher Hand, dass er nun schon dem
dritten
Monarchen diente. Wer konnte das schon von sich behaupten?
    «Und die Unterredung mit Ihrer Majestät gestern ist gut verlaufen?»
    «Durchaus, Sir William, auch wenn sie von kurzer Dauer war.»
    Ich lehnte mich zurück. Noch immer war ich ganz erschüttert von dem Vorfall auf der Straße. Man hatte mich auf einem bequem gepolsterten Sessel gegenüber den großen Fenstern Platz nehmen lassen. Das Glas in den Fenstern war fein, die Scheiben groß. Wir befanden uns im ersten der oberen Geschosse und hatten von hier aus Blick auf den Fluss und die Turmspitzen im blaugrauen Dunst.
    «Wir wurden schon bald unterbrochen», erklärte ich. «Von meiner Cousine.»
    Darüber war er zweifelsfrei unterrichtet – ich war davon überzeugt, dass er selbst Blanche Parry eingespannt hatte, damit meine Unterhaltung mit der Königin nicht über ein paar Höflichkeitsfloskeln hinausging. Es gab wohl gewisse Dinge, die ich seiner Meinung nach besser zuerst von
ihm
hören sollte und nicht von der Königin. Wahrscheinlich weil ihre jeweiligen Versionen sich erheblich voneinander unterscheiden würden.
    «Ihr habt eine Cousine» – Cecil zog die Augenbrauen hoch –, «welche die Königin im Gespräch unterbricht?»
    «Blanche Parry», antwortete ich geduldig. «Unsere Familien sind miteinander verwandt. Wie die meisten aus dem Waliser Grenzgebiet.»
    Unter anderem auch seine, die Cecils von Allt-yr-ynys – wir stammten allesamt aus derselben Hügellandschaft.
    «Ja, so hörte ich.» Er nickte. «Ja, natürlich. Eine beeindruckende Frau, diese Mistress Blanche.»
    Seine Augen waren halb geschlossen. Er war zur selben Zeit Staatssekretär gewesen, als man gegen Maria Tudor intrigiert hatte und die arme Jane Grey sie vom Thron verdrängen sollte, und er hatte es dennoch geschafft, nicht in die Sache hineingezogen zu werden. Dadurch hatte er den Vorfall überlebt und Maria gedient, war ins Parlament berufen und geadelt worden. Erst Protestant, dann Katholik und jetzt wieder Protestant – wer konnte
das
schon von sich sagen?
    Er nahm das Weinglas, schien aber nur die Lippen zu benetzen, bevor er es wieder wegstellte, sich zurücklehnte und die Hände hinter dem Kopf verschränkte.
    «Seid Ihr sehr beschäftigt, John?»
    «Tag und Nacht», sagte ich. «Wenn es mir gestattet wird.»
    «Ein Mann, getrieben vom ewigen Sog der Erkenntnis.» Cecil starrte auf sein Pult, auf dem mehrere Briefe ausgebreitet waren, dann schaute er auf. «Glastonbury.»
    «Vergebung?»
    «Ein Städtchen im Westen. Einst auf der Insel Avalon gelegen. Und ehemals berühmt für seine Abtei. Kennt Ihr es?»
    «Ich weiß von Glastonbury, war aber nie dort.»
    Ich kam zu

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