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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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dass Cecil während eines Besuchs bei seinem alten Freund Edward Seymour, dem Duke von Somerset, in Glastonbury gewesen war. Allerdings erwähnte er nichts dergleichen.
    «Offensichtlich ein wichtiger Wallfahrtsort, seinerzeit», sagte ich. «Und angesichts der Legende über ihre Gründung …»
    Wie die Königin mir wieder in Erinnerung gerufen hatte, hieß es, der wohlhabende Kaufmann, der die Gruft für unseren Heiland bereitgestellt hatte, sei bei seinen Handlungsreisen auch auf unsere Insel gekommen und habe im äußersten Westen Englands angelegt. Ferner hieß es, dass Jesus, der in manchen Quellen als sein Neffe beschrieben wird, ihn als Junge hierher begleitet haben soll – und damals sowohl durch Cornwall als auch durch Somersetshire gewandelt sei.
    In der Tat wurde des Weiteren behauptet, unser Herr sei als erwachsener Mann hierher zurückgekehrt, um sich in spirituellen Dingen von den Druiden unterweisen zu lassen. Eine faszinierende Legende, aber es schien äußerst unwahrscheinlich, dass man sie jemals würde beweisen können. Noch weiter verbreitet war allerdings der Glaube daran, dass Joseph nach der Kreuzigung ebenfalls zurückgekehrt sei und den Kelch vom letzten Abendmahl mitgebracht hatte, mit dem angeblich Tropfen vom Blut Jesu aufgefangen worden waren, und dass dieser Kelch, der Heilige Gral, noch irgendwo verborgen ruhte.
    Das sagenumwobene, kostbarste und mächtigste Gefäß der Christenheit. Diejenigen von Artus’ Rittern, welche das reinste Herz besaßen, hatten sich angeblich auf die Suche nach dem Gral begeben, und so vereinigten sich die beiden großen Legenden von Glastonbury. Ein wahrlich heiliges Vermächtnis, und daraus erwuchs ein riesiges und wohlhabendes Kloster, von dem man sagt, Joseph von Arimathäa selbst habe es gegründet.
    Und dann hatte König Heinrich, der Brodelnde Vulkan, seine Schleifung befohlen.
    «Nie selbst dort gewesen?», erkundigte sich Cecil.
    «Nein.»
    «Seltsam. Ich meine … angesichts Eurer allseits bekannten Faszination für die großen Mysterien.»
    Ich wurde misstrauisch.
    «Mir fehlte bisher lediglich die Zeit, Sir William.»
    «Die Zeit.» Er lächelte. «Zeit findet man, wenn man will. Und Ihr könntet schon … in einer Woche in Glastonbury sein, wie man mir versichert.»
    Seelenruhig schaute er mich an. Es war wie immer unmöglich, seine Miene zu deuten.
    «Warum das?», erkundigte ich mich.
    «Natürlich zum Wohle des Königreichs.» Cecil löste die Finger aus ihrer Verschränkung, setzte sich auf und streckte sich. «Wozu sonst würde meine Existenz dienen?»
    Ich hatte mich gefragt, wieso er mich
hierher
hatte rufen lassen, in sein
Privat
haus, sein
Cottage.
Wohl aus Gründen der Geheimhaltung.
    Es ging um etwas Prekäres, Inoffizielles.
    Etwas, das mit einiger Gefahr verbunden war.
    Beim Blick aus dem Fenster kamen mir die Turmspitzen nun wie ein mit Nägeln gespicktes Bett vor. Angesichts religiöser Fallstricke und der wachsenden Bedrohung durch unser Nachbarland – die schottische Königin war gerade erst mit dem jugendlichen König von Frankreich vermählt worden – hätte man annehmen sollen, dass Cecil genug mit ernsteren Fragen zu tun hatte, um sich nicht auch noch mit spirituellen Geheimnissen zu befassen.
    «Seid Ihr Euch ganz sicher, dass ich der richtige Mann dafür bin?», wollte ich wissen.

V Knochen
    D raußen hatte der Regen aufgehört, und die Wintersonne schien durch das Hauptfenster wie eine schwere, neue Münze am Himmel. Ihr Licht fiel auf die Rücken der Bücher, die in den wenigen bereits fertiggestellten Regalen bei Cecil standen. Bücher über Politik, Recht und Eigentum, aber, wie ich vermutete, kein einziges über die großen Mysterien.
    Ich erzählte Cecil von dem Händler mit den Pamphleten, aber nichts von meinem unbedachten Versuch, ihn zur Räson zu bringen, oder davon, wie ich nur knapp einer kräftigen Tracht Prügel, ja, möglicherweise gar Schlimmerem entronnen war.
    Währenddessen überlegte ich, ob er darüber nicht ohnehin Bescheid wusste. Der Mann hatte überall in der Stadt seine Spione, und vielleicht nicht einmal nur hier.
    Er zog eine Augenbraue hoch, griff nach seinem Weinglas, schob es dann aber plötzlich von sich. «Da draußen gibt es Gewürm, das in ganz London verbreitet, ich hätte vier Mätressen und würde jede Nacht mehrere Krüge Wein leeren, bevor ich meine Kinder auspeitsche. Gewöhnt Euch daran, dass Ihr nun bekannt seid. Oder zumindest doch Euer
Name
es ist.»
    «Aber für

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