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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Schaum über mir, konnte ich die Ausrufer von der Straße hören.
    Das hatte uns noch gefehlt …
    Der Friedensrichter machte der Stadt Glastonbury bekannt, dass jedermann verpflichtet sei, sich an der Jagd auf diesen frevlerischsten aller blutrünstigen Mörder zu beteiligen, der in der Nacht zuvor,
im Auftrage des Satans höchstselbst
, einen frommen Diener der Königin verstümmelt und ermordet habe.
    Dann Stille. Von nun an würde Angst über der Stadt liegen – nicht so sehr, wie mir scheinen wollte, weil es einen Mörder in der Stadt gab, sondern vielmehr aus Furcht davor, was passieren würde, sollte er nicht gefasst werden.
    «Nicht gerade hilfreich», bemerkte der Hufschmied. «Niemand sollte dazu verpflichtet werden, solange der Täter noch unbekannt ist.»
    Das traf hier ebenso zu wie in London. Die Verpflichtung von Bürgern war ein plumpes Instrument, aber auch wenn es zu bestimmten Gelegenheiten durchaus wirksam war, löste es zumeist doch genau die Art von Massenpanik und Aufruhr aus, die es einem unerkannten Missetäter leichtmachte zu entkommen.
    «Ein schwarzer Tag für Euch. Mein Beileid», sagte der Hufschmied.
    Er war ein gertenschlanker Mann mit schulterlangem grauem Haar und traurigen Augen. Sein Arbeitskittel hatte die Farbe dunkler Erde und war ganz offensichtlich aus seiner alten Mönchskutte gefertigt, die er in Kniehöhe abgeschnitten hatte. Scheinbar mühelos, als würde er einen Apfel schälen, fuhr er fort, den Huf des Esels zu bearbeiten. Als hegte er keinerlei Neugier, wer ich sei und warum ich mit ihm sprechen wolle.
    «Meister Hufschmied», begann ich. «Wenn ich Euch fragen darf … unser Bediensteter, der ermordet wurde, hat er Euch gestern aufgesucht?»
    «Vielleicht. Wie sah er denn aus?»
    «Ein großer Mann. Blondes, dichtes Haar, oben ganz struppig. Sprach mit einem Akzent aus dem Norden.»
    Er dachte nach, besah sich den Huf und entfernte dann einen kleinen Kiesel.
    «Tut mir leid, Herr. Mir ist in letzter Zeit niemand über den Weg gelaufen, der all diese guten Eigenschaften besessen hätte. Außerdem war ich den ganzen Tag unterwegs und habe bei Somerton Ackergäule beschlagen. Vor Einbruch der Nacht war ich nicht wieder zurück.»
    Der Esel furzte leise, als Meister Monger den Huf wieder auf den Boden stellte. Der Hufschmied erhob sich und richtete seine Kniepolster.
    «Warum glaubt Ihr, ich hätte mit diesem armen Mann gesprochen?»
    Ich war müde, und mir kam so schnell keine Antwort in den Sinn. Monger verstaute sein Werkzeug in einer Ledertasche. Dann tätschelte er behutsam das Hinterteil des Esels, der daraufhin in den Stall trottete.
    «Ich frage nur deshalb, Dr. John, weil überall in den Straßen bewaffnete Männer herumlaufen. Und wenn Ihr Grund zu der Annahme habt, ich sei der Letzte, der das Opfer dieses grausigen Mordes gesehen hat, könnten die zu demselben Schluss kommen.»
    Sein Blick war gleichmütig und mild. Diese innere Ruhe hatte ich oft bei Priestern – Bonner natürlich ausgenommen – oder bei Menschen, die viel mit Tieren zu tun haben, bemerkt. Und selten bei Leuten wie mir, die auf der Suche nach Wissen die Welt durchstreifen, wie andere Männer den Frauen nachsteigen oder von einem Zechgelage zum nächsten jagen.
    «Ist in der Stadt bekannt, auf welch bestialische Art der Mord begangen wurde?», fragte ich.
    «Alle wissen es. Abgesehen von Simeon Flavius wahrscheinlich, von dem man sagt, er sei fünfundneunzig Jahre alt, taub und nicht mehr ganz bei Verstand.»
    Der Hufschmied schwieg und wartete darauf, dass ich etwas entgegnete. Verdammte Müdigkeit.
    «Wir wurden von der Königlichen Kommission für Altertümer hierher geschickt, wie Ihr zweifelsohne wisst. Um herauszufinden, welche Dinge aus der Abtei noch in der Stadt verblieben sind. Man hat uns erzählt, dass es noch Mönche in der Gegend gibt … so wie Euch. Daher bat ich Martin Lythgoe, mit Euch zu sprechen. Das ist alles.»
    Monger zog eine graue Augenbraue hoch.
    «Ihr habt Euren
Bediensteten
geschickt, um mit mir zu reden? Anstatt Euch selbst zu mir zu bemühen?»
    Ich verstand das eher als Feststellung und weniger als Frage, und so gab ich darauf keine Antwort. Monger öffnete seine Werkzeugtasche.
    «Ich war bis zum Schluss in der Abtei. Bis es dort nichts Heiliges mehr gab. Und Ihr habt Euch nun sicherlich gefragt, ob ich vielleicht Euren Bediensteten umgebracht habe, weil er bei mir nach Diebesgut aus der Abtei gesucht hat?» Seine Hand glitt in die Werkzeugtasche. «Ob

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