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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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befragen.»
    «Dem
Feen…
»
    Ich starrte ihn an. Ein dünner Sonnenstrahl quoll durch einen Riss in der Wolkendecke wie Eiter aus einer Wunde.
    «Sie hatte einen seltsamen Mann auf dem Marktplatz getroffen, der ihre Freundschaft suchte», erklärte Monger. «Und sie folgte ihm in seine … Behausung. Als man sie fand, war sie auf beiden Augen blind.»
    Ich schloss kurz die Lider. Ja, ich erinnerte mich an eine Legende, die ich in meiner Kindheit gehört hatte. Wenn Menschen Dinge sahen, die nicht von dieser Welt waren, wurde ihnen dafür das Augenlicht geraubt.
Streune nicht in der Gegend herum,
pflegte meine Mutter zu sagen,
oder willst du irgendwo hingeraten, wo du nicht erwünscht bist, und dann blind nach Hause kommen?
    Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich zuvor noch niemanden getroffen hatte, der tatsächlich auf diese Weise bestraft worden war.
    «Als sie vors Kirchengericht gestellt wurde, konnte sie auf einem Auge schon wieder etwas sehen.»
    «Was wurde ihr vorgeworfen?»
    «Die
genaue
Anklage kenne ich nicht. Umgang mit
Feen
? Kann man dafür angeklagt werden, oder fällt das ganz allgemein unter Hexerei? Wahrscheinlich hat sie jemand beim örtlichen Pastor angeschwärzt. Ich schätze, sie hat ganz schön Glück gehabt, dass nicht zumindest eine Gefängnisstrafe dabei herausgekommen ist. Und war sich dessen bewusst. Deswegen ist sie wohl hierher gezogen.»
    «Ich kann Euch nicht folgen. Warum denn gerade hierher?»
    «Ich gehe davon aus, dass sie Taunton verlassen hat, um an einem Ort zu leben, wo eigentümliche Begabungen nicht von Grund auf verdammt werden. Man sagt, wenn sie die Augenklappe abnimmt, kann sie mit dem blinden Auge Dinge sehen, die nicht von dieser … Ah … jetzt … schaut Euch mal die Frau da drüben an.»
    Eine Dame mit grauem Cape beugte sich hinunter, um zu einer Frau mit einem verblichenen roten Schal über Kopf und Schultern zu sprechen, die mit einem Korb voller rosafarbener Bänder im Schoß auf den Stufen eines Hauses saß. Ich sah, wie sie den Korb nahm, aufstand und, von der Dame gefolgt, in einer Seitengasse verschwand.
    «Unter den Bändern in ihrem Korb befindet sich eine vielgepriesene Kristallkugel», erklärte Monger.
    Ich schwieg. Zu Hause in Mortlake hatte ich fünf von der Sorte. Ich kaufte an einem Stand zwei winterwelke Äpfel und gab einen davon Monger. Wir gingen auf die Stadtmitte zu, wo er auf eine Frau deutete, die, wie er erklärte, die mystischen Karten aus Frankreich lege, in denen die Zukunft verborgen ist. Dann nickte er einem Mann mit zwei Terriern zu.
    Der Mann grinste.
    «Ich geh mal eben nach Haus, um den alten Prügel zu holen, Joe, nur für den Fall, dass mir ein Gehörnter mit bluttriefenden Klauen über den Weg läuft.»
    Er war klein, mit wirren Haaren und einem langen weißen Bart, der ihm bis zur Brust reichte. Seine Augen funkelten wie Quarz im Sonnenlicht. Monger bedachte ihn mit einem freudlosen Lächeln.
    «Grade heute wäre ein bisschen Zurückhaltung mehr als ratsam, Woolly. Sogar für dich.»
    «Ach ja? Soll ich etwa bei der großen Hatz mitmachen? Auf wen auch immer sie beschuldigen, diesen Burschen aus London aufgeschlitzt zu haben? Weißt du, was ich davon halte, Joe? Die können mich alle mal.»
    Er nickte zur Bekräftigung. Dann schlug er sich gegen das Bein, und die Hunde folgten ihm, als er in der Menge verschwand.
    «Wie die meisten von ihnen kommt auch er damit durch, weil er nützlich ist», klärte Monger mich auf. «Er wurde von Fyche beauftragt, die Quelle von Meadwell wiederzufinden, und entdeckte dabei gleich zwei.»
    «Wie denn das?»
    «Mit einer ausschlagenden Astgabel.»
    «Er ist ein Wünschelrutengänger?»
    «Wasserhexer nennen manche das auch.»
    Das stimmte. Einst waren solche Leute vom Gesetz geächtet, aber sie sind einfach unentbehrlich, und so dauerte der Bann nicht allzu lang. Auch ich selbst wünschte mir, diese Kunst zu beherrschen.
    Ich schüttelte den Kopf.
    «Das ist Wissenschaft, Meister Hufschmied. Wissenschaft, die wir nur noch nicht verstehen. Einst gab es einen Mann namens Agricola, von dem man sagt, dass er auf ganz ähnliche Weise Erze im Boden finden konnte. Ihr glaubt nicht, dass das möglich ist?»
    «Die meisten Dinge sind möglich», entgegnete Monger. «Und manch unmögliche Dinge sind es angeblich auch … so sagt man hier jedenfalls. Ganz besonders, wenn es dabei um Wasser geht. Denn wir sind immer noch eine Insel, vergesst das nicht. Avalon, im Geiste.»
    Er spazierte, ja

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