Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
einfach zu erklären», sagte Monger.
    In meiner Erinnerung hörte ich wieder Fyches Stimme, wie er von den Feuern in der Nacht sprach, an denen das menschliche Ungeziefer saß und den Mond anheulte.
    Warum erzählte mir Monger das alles? Das befremdete mich zutiefst. Mir, einem Diener der Königin aus London, der ganz sicher Mitglied der reformierten Kirche war? Das bereitete mir langsam ein wenig Sorge. Aber mein Interesse war geweckt, und die Vorsicht war längst von meinem Forschergeist verdrängt worden.
    Genau wie die Frau mit der Augenklappe hatte auch ich scheinbar Zutritt zu einem unbekannten Reich erhalten.
    «Wie habt Ihr diese Leute kennengelernt, Meister Hufschmied?»
    «Durch mein Handwerk.» Ohne mich anzusehen, glitt Monger weiter durch die Menge. «Ich habe es in der Abtei erlernt, weil ich mich um die Pferde der Besucher und Pilger kümmerte – es ist schon erstaunlich, wie wenig sich die Frommen um ihre Tiere scheren. Man richtete mir schließlich auf dem Gelände der Abtei eine Schmiede ein. Heute betreibe ich meine Esse auf der anderen Seite der Abteimauer. Allerdings halte ich mich dabei noch immer an die Gebetszeiten eines Mönchs – und übe meinen Glauben auch sonst noch immer so aus wie früher.»
    «Ohne dabei behelligt zu werden?»
    «Ein Hufschmied ist stets ein wichtiger Teil jeder Gemeinde. Und ein
guter
Hufschmied ist sogar nahezu unangreifbar. Außerdem ist dies noch immer eine katholische Stadt, ganz egal, in welche Kirche ihre Bewohner gehen. Von der Abtei … ging ein spirituelles Licht aus … ein heilendes Licht. Es gab Menschen, die sich auf Krücken zu ihr schleppten und sie dann nach dem Besuch von sich warfen.»
    «Aber das ist doch nun vorbei …»
    «Keineswegs … Ihr versteht wirklich nicht, was hier vor sich geht, oder?»
    Wir erreichten das Ende des Marktes. Hier standen nur noch wenige Häuser, die sich in den umliegenden Feldern und dem Heideland verloren. Als sich mir der Hufschmied wieder zuwandte, war sein Blick von durchdringender Klarheit.
    «Es ist nicht
vorbei
, Dr. John. Es war da, bevor es die Abtei gab, und es ist
immer noch
hier. Versteht Ihr? Es war immer
hier

    Ich blieb stehen. Mir kam es vor, als würden in meinem Inneren Sterne tanzen. Ich hatte es mir immer so vorgestellt, dass die Standorte der wichtigsten Kirchen und Abteien weniger wegen ihrer Ausrichtung nach Jerusalem ausgewählt wurden, sondern vielmehr mit der Atmosphäre eines Ortes, den Besonderheiten ihrer Umgebung zu tun hatten. Die Formationen der Hügel und Täler spielte dabei eine Rolle. Und natürlich Wasser. Ich wurde von größtem Eifer ergriffen, ließ mir aber nichts anmerken.
    «Jetzt, da die Abtei nicht mehr als eine leere Hülle ist, wird es notwendig, diese … Energien in Bahnen zu lenken und zu kanalisieren», führte Monger weiter aus. «Andernfalls werden sie zu stark und können vielleicht sogar Schaden anrichten.»
    Hatte Eleanor Borrow nicht etwas Ähnliches gemeint, als sie davon sprach, dass die Mönche die Dinge hier im Gleichgewicht gehalten hatten? Trotz all meiner Studien fühlte ich mich wiederum wie ein Kind, dem das Wissen der Erwachsenen wie ein weitentfernter Gebirgszug im Nebel erschien.
    «Damals verstanden das nur sehr wenige von uns», sagte Monger. «Dabei muss man nur begreifen, dass es die
wahre
Aufgabe der Abtei war, diese Energie in eine Kraft Gottes zu verwandeln und dann damit das Land zu stärken und zu befruchten …»
    «Verstehe.»
    Ich konnte es sogar hören: sanfte Wellen gregorianischer Gesänge, die in all ihrer großartigen mathematischen Symmetrie über das Land schwebten.
    Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken.
    «Woher stammte das Wissen der Mönche von diesen Dingen?»
    «Überlieferung», antwortete Monger.
    «Nicht aus Niederschriften?»
    «Manche Überlieferungen werden
niemals
niedergeschrieben.» Er lächelte.
    «Aber wie …?»
    Doch er hatte sich bereits abgewandt, blickte zurück auf die Stadt und hob seine langen Hände, als würde er die Besucher des Marktes segnen, die sich um die unzähligen Stände drängten.
    «Trotzdem kommen sie noch immer hierher. Menschen, die auf der Suche sind. Menschen, die glauben, dass ihre bloße Anwesenheit auf diesem heiligen Boden ihr Leben verändert.»
    «Heilig?»
    «Ein großes, böses Wort», sagte Monger. «Aber alles hat auch eine dunkle Seite. Manche versuchen … diesen Prozess zu beschleunigen.»
    «Durch Zauberei?»
    Ich musste daran denken, was Fyche

Weitere Kostenlose Bücher