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Die Gebeine von Zora

Die Gebeine von Zora

Titel: Die Gebeine von Zora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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er. »Ich kann dir versichern, mein Freund, das ist was! Es ist eine Wirbelsäule. Hier ist ein Wirbel, der sich gelöst hat.« Er hob etwas auf, das für Reith wie ein gewöhnlicher dunkelbrauner Stein aussah. »Sehen wir uns das mal genauer an.«
    Marot beugte sich über den Streifen und begann mit einem kleinen Staubfeger die Staubschicht von der bröseligen Oberfläche des Sandsteins zu entfernen.
    »Ha!« rief der Paläontologe triumphierend. »Das hier ist eine Rippe. Und hier haben wir noch eine.« Als weitere Streifen zum Vorschein kamen, stocherte Marot mit einem stumpfen alten Dolch den Sandstein rings um die Knochenteile locker und fegte die Brocken beiseite. Dann stocherte er weiter.
    »Wir haben wirklich bemerkenswertes Glück«, sagte er zu Reith. »Wir hätten gut und gern einen Monat hier herumgraben können, ohne auch nur den winzigsten Fund zu machen.«
    »Kann ich irgendwie behilflich sein?« fragte Reith, bemüht, seine Aufregung unter Kontrolle zu halten.
    »O ja. Such ein bisschen in der Gegend rum und bring mir alles, was irgendwie nach einem Fossil aussieht.«
    Marot reihte die Utensilien seines Metiers fein säuberlich nebeneinander auf der Erde auf: einen Geologenhammer mit einem spitzen und einem quadratisch abgestumpften Ende; einen Staubfeger; ein stumpfes Messer und einen kleinen Pickel, etwa halb so schwer wie ein gewöhnlicher Pickel, mit einem achtzig Zentimeter langen Stiel.
    »Was ist das denn für ein niedlicher Pickel?« fragte Reith.
    »Das ist ein so genannter Marsh-Pickel«, erklärte der Wissenschaftler.
    »Ist der nicht ein bisschen arg klein? Ich meine, um eine Marsch damit auszubaggern …«
    »Aber nein, der Name hat nichts mit der Marsch – le marais - zu tun! Dieser Pickel ist nach dem großen amerikanischen Paläontologen Othniel Charles Marsh benannt, der ihn vor dreihundert Jahren entwarf. Er war es, der im neunzehnten Jahrhundert den schlagenden Fossilienbeweis für die organische Evolution aller Organismen lieferte.
    Dieser Marsh war leider aber auch ein ziemlicher Halunke. Er wurde sogar beschuldigt, Fossilien seiner Berufsrivalen gestohlen oder zerstört zu haben, sie um die Verdienste ihrer Entdeckungen beraubt zu haben. Ich würde niemals einen Menschen töten, nicht einmal dann, wenn es darum ginge, ein Verbrechen gegen meine eigene Person abzuwehren, Mord vielleicht einmal ausgenommen; aber einen solchen Menschen, der Wissen vernichtet, würde ich umbringen, ohne mit der Wimper zu zucken!« Marot schüttelte erregt eine Faust.
    Reith machte sich auf die Suche. Den Oberkörper vornübergebeugt, den Blick auf die Erde geheftet, schritt er systematisch das von Marot umrissene Areal ab. Im Verlauf der darauf folgenden Stunde, während Marot weiter stocherte, kratzte und fegte, hob Reith mehrere Stücke auf, die ihm interessant erschienen. Einige davon wurden von Marot als bloße Steine klassifiziert; andere erwiesen sich als versteinerte Halme und Stängel von Pflanzen. Einer von Reiths Funden war eine fast vollständig erhaltene Wirbelsäule, drei andere entpuppten sich als Zähne.
    Nach weiterem Suchen kam Reith schließlich mit einem, merkwürdig geformten Stück zurück, das wie ein versteinerter Knochen aussah; von welchem Körperteil welchen Tieres dieser Knochen freilich stammen mochte, konnte Reith sich beim besten Willen nicht vorstellen.
    »Das ist ein Stück von einem Schädel!« rief Marot entzückt. »Mais, c’est magnifique! Schau! Hier kannst du ein Stück der Augenhöhle erkennen. Wo hast du das gefunden?«
    »Wart mal – ich glaube …« Reith ging zögernd zu einer ein paar Schritte entfernten Stelle. »Ich meine, es war irgendwo hier. Aber ich kann mich auch irren; für mich sieht jeder Fleck hier aus wie jeder andere.«
    »Das ist präzise genug. Schichte ein paar Steine aufeinander, um die Stelle zu kennzeichnen, und schau, ob du noch mehr Fragmente finden kannst. Das Schädelstück gehört möglicherweise zu unserem Exemplar hier.«
    Reith schichtete seinen kleinen Steinhaufen auf, wobei er sich fest vornahm, falls er je noch einmal ein solches Ding finden sollte, die Stelle sofort auf diese Weise zu kennzeichnen. Er hatte seine Suche kaum wieder angefangen, da fand er ein Bruchstück von einem Kieferknochen mitsamt den dazugehörigen Zähnen sowie ein weiteres Schädelfragment. Als Marot aufblickte, um diesen neuesten Fund zu identifizieren, fragte Reith:
    »Angenommen, diese Fragmente stammen alle von demselben Tier – was für eine Art

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