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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ihm mit einem kaum bemerkbaren Zeichen antwortete. Der Blick Vin Mods wollte aber sagen:
    »Nun rede bald… es ist Zeit dazu!«
    Die Aussagen Sextons und Bryces waren von keinerlei Bedeutung. Noch unter der Nachwirkung des Trinkgelages am Vorabende und unter dem Einflusse einer halben Trunkenheit verstanden sie kaum die an sie gerichteten Fragen.
    Nach ihnen rief der Vorsitzende Flig Balt noch einmal auf. Die Gerichtsverhandlung neigte sich dem Ende zu, und bevor die Richter sich zur Beratschlagung zurückzogen, kam dem Bootsmanne das Recht zu, noch einmal das Wort zu ergreifen.
    »Sie wissen, wessen Sie angeklagt sind, Flig Balt, sagte er zu dem Bootsmanne, haben die Beschuldigungen gehört, die von den Zeugen vorgebracht wurden. Haben Sie darauf etwas zu entgegnen?
    – Ja!« erklärte der Angeklagte, jetzt aber mit sehr verschiedenem Tone gegen den, womit er vorher »Nein« geantwortet hatte.
    Nach dem Richtertische zu gewendet, doch mit noch niedergeschlagenen Augen und leicht geschlossenem Munde, wartete er, daß der Vorsitzende ihm eine bestimmtere Frage vorlegen sollte.
    Das ließ denn auch nicht auf sich warten.
    »Flig Balt, fuhr der Richter fort, wie wollen Sie sich gegen die Tatsachen, die hier vorgebracht worden sind, verteidigen?
    – Indem ich jetzt selbst Anklage erhebe,« antwortete der Bootsmann.
    Keineswegs beunruhigt, sondern nur erstaunt, sahen Hawkins, Nat Gibson und die Gebrüder Kip einander an. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, worauf Flig Balt hinauswollte, oder gegen wen er eine Anklage zu erheben wagte.
    »Ich war der Kapitän des ›James-Cook‹, begann dieser, und hatte meine Berufung als solcher von Herrn Hawkins in bindender Weise empfangen. Ich sollte die Brigg nach Hobart-Town zurückführen, und was der eine oder der andere auch denken mochte, ich würde sie nach Hobart-Town zurückgebracht haben… Da wurde ein neuer Kapitän an meine Stelle gesetzt… Und wer?… Ein Fremder, ein Holländer. Engländer an Bord eines englischen Schiffes können es sich aber nicht gefallen lassen, unter dem Befehle eines Fremden zu fahren. Das war es, was uns gegen Karl Kip zur Auflehnung trieb…
    – Gegen Ihren Kapitän, fiel der Vorsitzende ein, und das gegen Recht und Gesetz, denn er stand rechtmäßig an seiner Stelle, und Sie hatten ihm einfach zu gehorchen!
    – Zugegeben, meinte Flig Balt mit entschiedenem Tone. Ich leugne nicht, daß wir uns in dieser Hinsicht vergangen haben. Ich habe dagegen folgendes zu sagen: Wenn Karl Kip mich der Meuterei gegen ihn anklagt und, übrigens ohne Beweise, beschuldigt, den ›James-Cook‹ aus seinem Kurse gebracht zu haben, um mich des Schiffes zu bemächtigen, so klage ich ihn eines Verbrechens an, von dem er sich nicht wird rein waschen können.«
    Auf die so schwere Beschuldigung schnellten Karl und Pieter Kip, obwohl sie noch gar nicht wußten, worauf diese sich gründete, von ihrem Platze in die Höhe, als wollten sie sich auf die Anklagebank stürzen, von der aus Flig Balt sie mit frechem Hohne ansah.
    Hawkins und Gibson hielten beide noch in dem Augenblicke zurück, wo die Brüder ihrem Zorne schon die Zügel schießen lassen wollten.
    Pieter Kip gewann zuerst seine Fassung wieder. Er ergriff die Hand seines Bruders und hielt diesen entschlossen zurück.
    »Wessen beschuldigt uns dieser Mensch? fragte er mit vor Abscheu bebender Stimme.
    – Des Verbrechens des Mordes, antwortete Flig Balt.
    – Des Mordes! rief Karl Kip… Uns!…
    – Ja, Sie… die Mörder des Kapitäns Gibson!«
    Es wäre unmöglich, die jetzt in der Zuhörerschaft auflodernde Erregung zu schildern. Eine Empfindung von Entsetzen erfüllte den ganzen Saal… doch von Entsetzen, von Abscheu gegen den Bootsmann, der sich erfrecht hatte, gegen die Brüder Kip eine solche Anschuldigung zu erheben. Wie von einem unwiderstehlichen Instinkt bezwungen, war Nat Gibson – bei dieser Wendung der Dinge ja kein Wunder – erbleichend zurückgewichen, und Hawkins hatte vergeblich versucht, ihn zu beruhigen.
    Pieter und Karl Kip, die einen Augenblick von der abscheulichen Beschuldigung wie erstarrt dasaßen, wollten in ihrer natürlichen Entrüstung schon das Wort ergreifen, als ihnen der Vorsitzende darin zuvorkam.
    »Flig Balt, sagte er… Ihre Frechheit übersteigt alle Grenzen… wie können Sie eine solche Ungeheuerlichkeit wagen!
    – Ich spreche die Wahrheit!
    – Und wenn das die Wahrheit wäre, warum sind Sie nicht eher damit hervorgetreten?
    – Weil ich sie erst im Laufe

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