Die Gebrüder Kip
freche, gegen sie erhobene Anschuldigung niemals von sich abschütteln.
Jedenfalls hatte der so schwer wiegende Umstand – die Auffindung des Kriß – die von Vin Mod erwartete Folge, daß die Untersuchung gegen Flig Balt und Len Cannon eingestellt und das saubere Paar aus der Hast entlassen wurde. Was bedeutete denn der Versuch einer Auflehnung an Bord des »James-Cook« gegen den Sachverhalt, der durch die Haussuchung an den Tag gekommen war? Der Bootsmann konnte daraufhin ja nicht mehr als Angeklagter, sondern nur noch als Zeuge vor Gericht gezogen werden.
Es ist wohl unnötig, hier besonders auf das Ungestüm – ja, das ist das treffende Wort – hinzuweisen, womit Nat Gibson sich auf die jetzt offenliegende Fährte stürzte. Endlich waren sie entdeckt, würden sie bestraft werden, die herzlosen Mörder seines Vaters! – Ebenso darf es bei dem Gemütszustande, der Nat Gibson beherrschte, kaum wundernehmen, daß der junge Mann alles vergaß, was zur Entlastung der Gebrüder Kip hätte dienen können: ihre Haltung seit dem Tage, wo sie von der Insel Norfolk aufgenommen wurden, ihr mutiges Auftreten bei dem Überfalle der Papuas von Neuguinea, den ungeheuchelten Schmerz, den sie beim Tode des Kapitäns Gibson verrieten, ferner bei der Rückreise das wirksame Eingreifen Karl Kips, der im schlimmsten Sturme die Brigg vor dem Untergange bewahrte. und auch seine Entschlossenheit bei der durch den Bootsmann angezettelten Meuterei. – Nat Gibson vergaß gänzlich die warme Sympathie, die ihm die Schiffbrüchigen von der »Wilhelmina« bisher eingeflößt hatten. Alle diese Gefühle erloschen vor dem Abscheu gegen die Mörder, die ja alle Umstände anklagten, gegen das unwiderstehliche Verlangen, seinen Vater gerächt zu sehen.
Übrigens hatte sich auch in Hobart-Town allgemein ein Meinungsumschwung vollzogen. Soviel man sich früher für die Gebrüder Kip interessierte und sie unterstützt hatte – den einen durch die Vermittlung einer Anstellung als Obersteuermann, den anderen durch die Einleitung späterer Handelsverbindungen zwischen dem Groninger Hause und Tasmanien, ebensoviel wurden sie jetzt verurteilt und verwünscht. Dagegen stieg Flig Balt in den Augen der Leute zur Höhe eines Helden empor. Welche Charakterstärke hatte er bewiesen, jenes Geheimnis bis zum Tage der ihm drohenden Gerichtsverhandlung zu bewahren! Und verdiente er nicht wenigstens eine Entschuldigung, jener Versuch einer Empörung zu dem Zwecke, den »James-Cook« der Führung durch einen Mörder zu entziehen… ein Versuch, bei dem er doch das eigene Leben aufs Spiel setzte? Ja sogar die ehrbaren Matrosen Hobbes, Wickley und Burnes waren durch das allgemein herrschende, vernichtende Urteil so stark beeinflußt worden, daß sie völlig der Hochachtung, die sie für ihren neuen Kapitän empfunden, völlig der Ergebenheit vergaßen, die sie ihm unter allen Umständen bewiesen hatten.
Was aber in Hobart-Town niemand mehr bezweifelte, das konnte auch in Port-Praslin und in Kerawara keinen Zweifel mehr aufkommen lassen, und Herr Zieger wie Herr Hamburg konnte jede, jetzt überflüssig gewordene Nachforschung aufgeben.
Frau Gibson gab sich mehr dem Schmerz über den Verlust ihres Gatten hin, als dem Bedauern, seinen Tod ungesühnt zu wissen. Doch was hätte sie zu ihrem Sohne sagen können, das geeignet gewesen wäre, seine Überzeugung zu erschüttern? Übrigens erschienen ja auch ihr, wie so vielen, wie vielleicht allen anderen, nach der durch Beweise erhärteten Aussage des Bootsmannes die beiden Brüder als die einzigen, die wirklichen Mörder Harry Gibsons.
Allen anderen?… Nein, doch wohl nicht, wenigstens Hawkins war mit seinem Urteile über die Holländer noch nicht fertig. Fühlte er auch sein unbedingtes Vertrauen auf Karl und Pieter Kip ein wenig schwanken, so war er von deren Schuld doch nicht vollkommen überzeugt. Der häßliche Gedanke, daß die jungen Männer, die sich bisher seine größte Hochachtung erworben hatten, die Urheber einer solchen Freveltat wären… dieser Gedanke widerstrebte ihm gar zu sehr.
Beweggründe für den Mord ließen sich ja gar nicht angeben. Sollte man sie denn in dem Verlangen suchen, sich die paar tausend Piaster anzueignen, die Gibson bei sich getragen hatte, oder etwa in der von Karl Kip genährten Hoffnung, dessen Nachfolger in der Führung der Brigg zu werden? Das genügte dem klarsehenden Hawkins nicht, auch als Frau Hawkins seinen Einwendungen gelegentlich widersprach.
»Doch die
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