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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Botmäßigkeit eines Verbrechers, des Mörders seines Kapitäns zu stehen… das konnte er nicht über sich gewinnen. Er wollte ihm das Kommando wieder entreißen, dessen er, Flig Balt, ungerechterweise beraubt worden war, und nur deshalb stachelte er die Matrosen zu der Meuterei an.
    Sein Versuch mißglückte. Er wurde entwaffnet und auf Anordnung des Elenden, der das Vertrauen des Herrn Hawkins so schmählich getäuscht hatte, in dem Frachtraum eingesperrt. Infolge dessen beschloß er, bis zum Eintreffen des Schiffes in Hobart-Town zu verschweigen, was er wußte, und auch hier erst die ihm bevorstehende Anklage abzuwarten. Öffentlich, vor dem versammelten Seegerichte, wollte er erst die Urheber des Verbrechens von Kerawara an den Pranger stellen.
    Nach dieser ausdrücklichen Erklärung, der eine längere Erregung im Zuhörerraume folgte, glaubte der Vorsitzendem, die Verhandlung zunächst abbrechen zu müssen. Die Sitzung wurde also aufgehoben; einige Gerichtsdiener führten Flig Balt und Len Cannon in das Hafengefängnis zurück. Die weitere Untersuchung der Sache würde ja ergeben, was von der Aussage des Bootsmannes zu halten wäre. Karl und Pieter Kip wurden aber vorläufig verhaftet und im Stadtgefängnis untergebracht.
    Vor dem Verlassen des Sitzungssaales hatte Karl Kip sich nicht überwinden können, seiner Entrüstung über den Buben, der sie anklagte, kräftig Ausdruck zu geben. Pieter bemühte sich, ihn zu besänftigen.
    »Laß es gut sein, mein armer Bruder… überlaff’ es den Gerichten, unsere Unschuld an den Tag zu bringen!«
    Dann waren sie fortgegangen, doch keine Hand – nicht einmal die des Herrn Hawkins – hatte sich ihnen entgegengestreckt.
    Natürlich mußten Karl und Pieter Kip fest daran glauben. daß bei der weiteren Untersuchung nie etwas herauskommen könnte, was sie belastete… sie hatten das abscheuliche Verbrechen ja nicht begangen. Die Schiffspapiere, die Flig Balt in ihrem Reisesacke gesehen haben wollte, könnte man bei einer Haussuchung in ihrem Gasthofszimmer ja unmöglich finden, und sie meinten, mit ruhigem Gewissen die weiteren Schritte abwarten zu können, die in der Sache getan würden. Die einfache Behauptung des Bootsmannes genügte sicherlich nicht, sie des Diebstahls und des Mordes zu überführen.
    Wer beschreibt aber ihr Erstaunen und wer die Empfindung des Entsetzens, das sich in der Stadt verbreitete, als noch am nämlichen Tage das Gerücht aufkam, die Nachsuchungen hätten Flig Balts Aussage bestätigt!
    Einige Gerichtspersonen hatten sich sofort nach dem Gasthofe zum Great Old Man begeben. Der vom Bootsmanne erwähnte Reisesack war geöffnet und durchsucht worden. Unter darin verpackter Leibwäsche hatte man eine Summe von sechzig Pfund in Piastern und auch die dem Kapitän Gibson abgenommenen Papiere des »James-Cook« vorgefunden.
    Ja noch mehr… einen noch erdrückenderen Beweis! – In dem Reisesacke befand sich eine Waffe, ein malaiischer Dolch… ein Kriß mit gezahnter Klinge. Die in Kerawara vorgenommene Besichtigung und die photographischen Aufnahmen des Herrn Hawkins bewiesen ganz unzweifelhaft, daß die Todeswunde des Kapitäns von einer solchen Handwaffe herrührte.
    Es waren also keine einfachen Vermutungen mehr, die zu Ungunsten der Gebrüder Kip sprachen, sondern wirkliche, greifbare Beweise, wie sie Flig Balt in der Gerichtssitzung schon angekündigt hatte. Und was jeden Zweifel an der Wahrhaftigkeit des Bootsmannes noch weiter ausschloß, war der Umstand, daß er von dem malaiischen Kriß kein Wort gesprochen hatte und also jedenfalls nicht wußte, daß dieser sich im Besitz der beiden Brüder befand, denn in der Verhandlung hatte er ja nur der Papiere und der Piaster Harry Gibsons Erwähnung getan.
    Der Leser erinnert sich aber wohl, daß Jim diesen, von Vin Mod auf ein Tischchen in der Kabine gelegten Dolch gesehen hatte, als er zum Aufräumen des Raumes von Flig Balt hinuntergeschickt worden war. Den Dolch hatte der Bootsmann jedoch gleich darauf wieder an sich genommen. Möglicherweise wurde nun sogar der Schiffsjunge zu einer Aussage über diesen Punkt herangezogen, und sein Zeugnis mußte dann die Angaben des Bootsmannes noch weiter bestätigen.
    Alles das beweist, daß das von dem schurkischen Vin Mod gesponnene Netz recht fest und widerstandsfähig war. Was er zur Kompromittierung, zum Verderben der beiden Brüder ersonnen hatte, schlug bis jetzt nicht fehl; voraussichtlich konnten sie die dunkle Angelegenheit niemals aufhellen, die

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