Die Gebrüder Kip
nachher nicht die Papiere und das Geld des Kapitäns im Besitz?… Wie unklug! Freilich hab’ ich dazu ein paar hundert Piaster opfern müssen, doch darüber ist nicht zu jammern…
– Wieviel ist uns denn noch geblieben? fragte Flig Balt.
– Fast zweitausend Piaster, und wir werden also nicht verhindert sein, davonzugehen, sobald es uns paßt.
– Das heißt nach dem Prozesse.
– Natürlich! Nur nicht zu vergessen, daß Flig Balt, der Exkapitän des ›James-Cook‹, der Hauptzeuge ist, und ich hoffe, daß der sich dann in keine Widersprüche verwickeln wird.
– Darum sei ohne Sorge, Mod.
– Übrigens war es ein Glück, daß du in der Verhandlung bei Gelegenheit deiner Anklage nur von den Schiffspapieren und den Piastern gesprochen hast, denn als man später auch noch den Kriß fand, machte das um so mehr Wirkung. Damit war jeder Zweifel niedergeschlagen, und du wirst’s ja sehen, die beiden Kip mögen noch so sicher behaupten, der Dolch könne nur auf dem Wrack gefunden worden sein, glauben wird es ihnen doch niemand, schon da sie ja zugeben müssen, daß er ihnen gehört. Vergessen wir nicht, daß sie ehrliche Leute sind, die nicht lügen können. Na, ich werde ja noch sehen, welche Grimassen solche ehrbare Leute schneiden, wenn sie am Galgen baumeln!«
Der elende Bursche lachte noch über seine Witzeleien, doch ohne daß es ihm gelang, den Bootsmann aufzuheitern. Dieser fühlte sich immer etwas bedrückt und konnte sich von einer inneren Unruhe nie ganz befreien. Gewiß war die Geschichte bisher sehr gut durchgeführt, wer konnte aber wissen, ob sie nicht durch unerwartete Zwischenfälle doch noch eine bedrohliche Wendung nähme.
»Ja, Vin Mod, daß alles zu Ende und zu unseren Gunsten zu Ende ist, das glaube ich erst nach der rechtskräftig gewordenen Verurteilung und nachdem wir Hobart-Town verlassen haben werden, um unser Glück weit von hier, am Ende der Welt, meinetwegen beim Teufel zu erjagen…
– Das ist so deine Art, Balt; dir ist’s unmöglich, die Dinge ruhig anzusehen. Nun ja, das liegt eben in deiner Natur…
– Das bestreite ich nicht, Mod.
Flig Balt und Vin Mod schlenderten auf dem Kai umher. (S. 279.)
– Weil du die Dinge nicht ansiehst, wie sie wirklich liegen, Freund Balt! Ich wiederhole dir: was uns betrifft, ist nichts zu befürchten. Selbst wenn wir jetzt eingestehen wollten. einen schlechten Streich gespielt zu haben, bin ich überzeugt, daß man uns nicht glauben würde!
– Sage mir, Mod, fuhr der Bootsmann ablenkend fort, im Gasthofe zum Great Old Man hat dich doch niemand bemerkt?
– Niemand… weder gekannt, noch wiedererkannt. Vin Mod hat ja dort überhaupt nicht gewohnt, sondern ein Ned Pat, der mir nicht im geringsten ähnelte.
– Gewagt war es doch, was du getan hast.
– Nein, nein; du glaubst gar nicht, wie es mich entstellt, wenn ich einen Vollbart trage… einen starken, rötlichen Bart, der bald bis an die Augen hinausreicht. Außerdem bin ich nur spät abends, zur Zeit des Zubettgehens, in den Gasthof gekommen und allemal sehr frühzeitig wieder fortgegangen.
– Und du bist jetzt von da auch noch nicht ausgezogen? fragte Flig Balt.
– Noch nicht; ich halte es für richtiger, noch ein paar Tage länger dort zu bleiben. Wäre ich gleich nach der Verhaftung der Gebrüder Kip davongegangen, so hätte das auffallen können. Vielleicht hätte man beides in Verbindung gebracht… kurz, aus Vorsicht verlasse ich den Gasthof nicht vor der Fällung des Urteils…
– Es ist aber auch wichtig, Mod, daß du später nicht als identisch mit jenem Ned Pat erkannt wirst.
– Keine Sorge, Balt… sieh, drei-oder viermal, wenn ich mich nach dem Gasthofe begab, bin ich auf der Straße Sexton, Kyle und Bryce begegnet; die haben aber niemals geahnt, daß ihr Kamerad eben vorübergegangen wäre Du selbst, Balt, hättest mir bestimmt kein ›Halt’ einmal, Vin Mod!‹ zugerufen.«
Man erkennt also, daß hier keine Vorsichtsmaßregeln versäumt waren und nichts zu der Entdeckung führen konnte, daß Vin Mod unter dem Namen Ned Pat im Great Old Man das Zimmer neben dem der Gebrüder Kip bewohnt hatte.
Die weitere Behandlung der Angelegenheit ging durch den Untersuchungsrichter ununterbrochen vor sich. Niemand zweifelte übrigens mehr an der Schuld der beiden, so klar und bündig angeklagten Holländer, in deren Besitz sich die Papiere und das Geld des Kapitäns gefunden hatten. Alles sprach ja dafür, daß diese Gegenstände von den Mördern Harry Gibsons
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