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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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worden, dem einzigen, der in ihrer Kabine auf dem »James-Cook« das sie so zweifellos belastende Beweisstück entdeckt hatte, dem sie nur einen bestimmten Widerspruch entgegenstellen konnten. Da ihnen aber ein Alibinachweis unmöglich war, der zu ihren Gunsten gesprochen hätte, wie konnten sie sich gegen so schwere Beschuldigungen rechtfertigen, wo greifbare, gar nicht abzuleugnende Beweise bezüglich des Verbrechens vorlagen?
    Außerdem hatten sie gar keine Gelegenheit, sich über ihre Verteidigung zu besprechen, so wenig wie den Trost, einander aufrecht zu erhalten, Mut zuzusprechen oder in den langen Stunden der Gefängnishaft überhaupt miteinander zu verkehren.
    Einer von dem anderen getrennt, standen sie nur durch den ihnen zugewiesenen Verteidiger miteinander in Verbindung. Auch als der Untersuchungsrichter sie verhörte, kamen sie selbst in dessen Beisein nicht zusammen und sollten sich erst wiedersehen, wenn ihre Angelegenheit vor dem Kriminalgerichte zur Entscheidung kam.
    Der Brief Ziegers und die ihn begleitende Sendung waren jetzt allgemein bekannt. Die Tageszeitungen von Hobart-Town hatten darüber berichtet. Es bestand nun kein Zweifel mehr, daß der in dem Reisesacke gefundene Dolch die Waffe wäre, deren sich die Mörder bedient hatten, und damit erhielt die gegen die Gebrüder Kip erhobene Anklage ihre sichere Begründung. Der Wahrspruch der Jury konnte also nur auf ein Schuldig, und in Berücksichtigung der erschwerenden Umstände, unter denen das Verbrechen ausgeführt worden war, auf ein Todesurteil hinauslaufen.
    Je näher aber der Tag der Entscheidung heranrückte, desto beunruhigter fühlte sich der Reeder Hawkins. Er erinnerte sich so vieler Vorkommnisse aus der letzten Zeit. Wie?… Die beiden Männer, die ihm soviel Sympathie eingeflößt hatten, sollten diese abscheuliche Freveltat begangen haben?… Nein! Sein Gewissen verbot ihm, das zu glauben… sein ganzes Innere empörte sich gegen einen solchen Gedanken!… Er sah in der Angelegenheit noch dunkle, unaufgeklärte und vielleicht unaufklärbare Punkte. Er… er zweifelte, freilich nur gestützt auf rein moralische Gründe, während sich die bei der Untersuchung hervorgetretenen Tatsachen vor ihm wie eine Mauer auftürmten, die er nicht übersteigen konnte.
    Hawkins vermied es übrigens, mit Nat Gibson von der Sache zu sprechen, denn dessen Überzeugung hätte doch nichts zu erschüttern vermocht. Nur ein-oder zweimal, bei einem Besuche bei Frau Gibson, hatte er sich nicht enthalten können, einige Andeutungen bezüglich der Schuldlosigkeit der Gebrüder Kip fallen zu lassen und die Hoffnung auszusprechen, daß es ihnen noch gelingen werde, ihre Unschuld zu beweisen. Frau Gibson hüllte sich ohne jede Antwort in tiefes Schweigen, offenbar teilte sie die Anschauungen ihres Sohnes. Sie hatte ja auch nicht. wie Hawkins, Gelegenheit gehabt, die beiden Holländer schätzen zu lernen, etwas von der Vergangenheit der Schiffbrüchigen von der »Wilhelmina« zu erfahren und sich für deren Zukunft zu interessieren. Die arme Witwe konnte in ihnen nur Verbrecher erblicken, die beschuldigt waren, den Kapitän des »James-Cook« ermordet zu haben.
    Frau Hawkins dagegen hegte natürlich großes Vertrauen zu dem rechtschaffenen Sinne und zu dem sicheren Urteil ihres Gatten. Da er nicht überzeugt war, konnte sie es auch nicht sein, und so teilte sie vollkommen seine Zweifel… denn nur von Zweifeln konnte hier die Rede sein. Wahrscheinlich standen sie damit in Hobart-Town jedoch allein.
    In ihrem Gefängnis konnten die Angeklagten gar nicht ahnen, wie sehr die öffentliche Meinung zu ihren Ungunsten umgeschlagen war, und die Zeitungen unterließen es auch nicht, die Bewohnerschaft durch überaus heftige Artikel noch mehr aufzuhetzen.
    Am 17. Februar sollte die Hauptverhandlung stattfinden. Da seit dem Zusammentreten des Seegerichtes, vor dem Flig Balt die Anklage gegen Karl und Pieter Kip erhob, schon fünfundzwanzig Tage verflossen waren, hielt es Vin Mod nicht mehr für nötig, seinen Aufenthalt im Gasthofe zum Great Old Man noch weiter zu verlängern. Er räumte also das von ihm unter dem Namen Ned Pat bisher bewohnte Zimmer und beglich die Rechnung des Wirtes. Da er nun auch keiner Verkleidung mehr bedurfte, teilte er von jetzt ab in der Schenke zu den Fresh-Fishs die Wohnung des Bootsmannes. Von hier aus wollten die Schurken den Verlauf ihres so geschickt eingefädelten Streiches verfolgen, dessen voraussichtliche Folgen ihnen volle

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