Die Gebrüder Kip
persönliche Freiheit gewährleisten mußte.
Die übrigen Matrosen vom »James-Cook« hatten bei Schlafbasen der Nachbarschaft Unterkommen gefunden und bemühten sich, wieder Heuer zu finden.
Die Verhandlung der Angelegenheit begann also am Morgen des 17. Februar vor dem Kriminalgericht von Hobart-Town. Der Gerichtshof bestand aus einem Vorsitzenden, zwei Richtern und einem Attorney-General (Kronanwalte). Zur Jury gehörten zwölf Geschworene, die nicht eher auseinandergehen durften, als bis sie über ihren Ausspruch – »schuldig« oder »nicht schuldig« – einig waren.
Im Sitzungssaale drängte sich die Volksmenge ebenso wie in den Straßen der Umgebung. Drohende Rufe empfingen die Angeklagten, als diese das Gefängnis verließen. Auch jetzt hatten sie sich kaum die Hand drücken können, denn die Gerichtsdiener hielten sie möglichst getrennt und mußten sie sogar bis zum Betreten des Gerichtsgebäudes beschützen. Sie empfanden es recht wohl, daß sie von der öffentlichen Meinung nichts zu erwarten hatten.
Die verschiedenen Zeugen, die schon vor dem Seegericht erschienen waren, befanden sich jetzt auch hier: Herr Hawkins, Nat Gibson und die Matrosen vom »James-Cook«. Die Anklage baute sich nur auf die Aussagen Flig Balts auf, und das Interesse aller Anwesenden richtete sich nur darauf, was die Gebrüder Kip diesen wohl entgegenhalten würden.
Karl und Pieter Kip hatten einen offiziellen Verteidiger, dem hier freilich eine schwere Aufgabe zufiel, denn den auf greifbaren Beweisen ruhenden Behauptungen des Bootsmannes konnte er nur einen schwachen Widerspruch entgegenstellen.
Den englischen Gesetzen entsprechend, begnügte sich der Vorsitzende zunächst, die Angeklagten zu fragen, ob sie sich schuldig bekennten oder nicht
(Guilty or not guilty).
»Nicht schuldig!« antworteten sie, einander die Hand drückend.
Trohende Rufe empfingen die Angeklagten, als diese das Gefängnis verließen. (S. 288.)
Im weiteren Verlauf konnten sie nur die bei der ersten Verhandlung abgegebenen Aussagen wiederholen. die sich in der Hauptsache auf ihr Verhalten bezogen und alles seit ihrer Errettung von der Insel Norfolk bis zur Ausschiffung in Hobart-Town umfaßten.
Sie versicherten, daß der an Bord der Brigg gebrachte Reisesack nur etwas Leibwäsche und einige Kleidungsstücke enthalten habe. Den malaiischen Dolch hätten sie auf dem Wrack nicht gefunden und wüßten auch nicht, wie er wieder in ihren Besitz gekommen sei. Der Behauptung Flig Balts, daß in dem erwähnten Reisesacke die Schiffspapiere und das Geld des Kapitäns Gibson verborgen gewesen wäre, setzten sie den entschiedensten Widerspruch entgegen. Der Bootsmann täusche sich entweder, oder er entstelle die Wahrheit geflissentlich.
»Und warum das? fragte der Vorsitzende.
– Um uns ins Verderben zu stürzen, antwortete Karl Kip, und um sich zu rächen!«
Diese Erklärung rief unter den Zuhörern ein mißfälliges Murmeln hervor.
Jetzt kam die Reihe an den Attorney-General, einen einfachen Rechtsanwalt, der die Obliegenheiten eines freiwilligen Advokaten der Königin vertrat, die Zeugen abzuhören, ihre Aussagen zu prüfen, und nach ihm fiel es dem Verteidiger zu eine Gegenprüfung vorzunehmen.
Flig Balt, der zuerst aufgerufen wurde, gab folgendes zu Protokoll: Er sei bei der Rückreise einmal in die gemeinschaftliche Kajüte gekommen, da warf eine heftigere Schiffsbewegung den Reisesack durch die eben offenstehende Tür der Kabine der Herren Kip… sofort rollte eine Anzahl Goldstücke über den Fußboden hin, und gleichzeitig glitten die Schiffspapiere aus dem Reisesacke, dieselben Schriftstücke, die seit der Ermordung des Kapitäns verschwunden waren.
Hatte Flig Balt nicht auch von dem Dolche gesprochen, so erklärte das sich damit, daß er ihn nicht gesehen hätte. Ja er wußte nicht einmal, daß diese Waffe den Angeklagten gehörte. Jetzt wundere er sich nicht mehr darüber, daß die Polizei ihn in dem betreffenden Fremdenzimmer des Great Old Man gefunden habe, da ja Harry Gibson damit umgebracht worden sei. Wie die Gebrüder Kip übrigens gar nicht anständen, zuzugeben, daß sie ihn auf den Molukken, in Amboine, gekauft hätten, so erklärten sie auch, daß er bei dem Schiffbruche der »Wilhelmina« abhanden gekommen wäre. Ebenso behaupteten sie, daß ihn weder der eine noch der andere nach dem »James-Cook« wieder mitgenommen hätte, und sie könnten sich auf keine Weise erklären, wie er in ihren Reisesack gekommen sei.
»Auf
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