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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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gestohlen worden seien, da dieser sie, als er seinen elenden Tod fand, bestimmt bei sich getragen hatte.
    Zwischen der in dem Reisesacke aufbewahrten Leibwäsche hatten die Gerichtsdiener obendrein einen Dolch gefunden.
    Nun entstand freilich zunächst die Frage, ob diese Waffe dieselbe sei, mit der der Kapitän Gibson getötet worden war.
    Das ließ sich aber verhältnismäßig leicht erweisen. Die von einer gezahnten Schneide gerissene Wunde konnte nur von einem Kriß malaiischen Ursprungs herrühren. Die Photographie, die Hawkins besaß, bestätigte das ohne weiteres.
    In Melanesien sind solche Krisse freilich allgemein in Gebrauch. Die Eingebornen auf Kerawara und der Insel York, so wie die von Neuseeland und Neubritannien, bedienen sich ihrer in allen Kämpfen ganz allgemein neben Speeren und kleineren Wurfspießen… War nun als bestimmt anzunehmen, daß der Karl Kip gehörige Kriß die bei dem Verbrechen benutzte Mordwaffe war?
    Dafür sollte sehr bald ein weiterer Beweis geliefert werden.
    Am Morgen des 25. ging in Hobart-Town ein englischer Dreimaster, der »Gordon« aus Sydney, vor Anker.
    Drei Wochen vorher hatte der »Gordon« nach wiederholtem Aufenthalte in Kerawara und Port-Praslin den Bismarck-Archipel verlassen.
    Der Postbeutel des »Gordon« enthielt einen an Herrn Hawkins gerichteten Brief und ein dazu gehöriges Kästchen.
    Der Brief kam von Port-Praslin. Herr Zieger hatte ihn erst später geschrieben, als die aus Wellington herrührenden Nachrichten dem Reeder durch seinen Korrespondenten Balfour schon übermittelt worden waren. – Nachrichten, die übrigens für die Untersuchung nichts Neues oder Wichtiges enthielten.
    Jener Brief aber lautete folgendermaßen:
     
    »Port-Praslin, am 22. Januar.
     
    Lieber Freund!
     
    Ich benutze die Abfahrt des ›Gordon‹, Sie zunächst zu bitten, mich Ihrer geehrten Gattin zu empfehlen, und der Frau Gibson nebst deren Sohne zu versichern, daß wir, meine Frau und ich, an ihrem Schmerze den innigsten Anteil nehmen.
    Herr Hamburg in Kerawara hat sich ebenso bemüht, die traurige Angelegenheit doch aufzuklären, wie ich das in Neumecklenburg versucht habe… leider haben wir beide damit keinen Erfolg gehabt. Nachforschungen unter den Stämmen der Eingebornen der Insel York haben auch weder zur Auffindung der dem Kapitän Gibson gehörigen Papiere, noch zu der des Geldes geführt, das er bei sich getragen hatte. Das Verbrechen dürfte wohl kaum von Eingebornen der Insel York verübt worden sein, denn jedenfalls hätte man in ihrem Besitze jene für sie bedeutende Summe gefunden, da deren Verwendung im Archipel unbedingt stark aufgefallen wäre.
    Dagegen habe ich etwas anderes zu berichten. Gestern hat einer der Gehülfen der Faktorei im Walde von Kerawara, rechts von dem Fußwege, der zur Wohnung des Herrn Hamburg führt, und genau an der Stelle, wo der Mord geschehen ist, zufällig eine kupferne Zwinge gefunden, die sich von dem Dolche losgelöst haben muß, als der Mörder sich dessen bediente, unseren unglücklichen Freund niederzustechen.
    Wenn ich Ihnen diese Zwinge übersende, glaube ich zwar nicht, daß sie zu einem Beweisstücke werden könnte, da man ja die Mordwaffe selbst nirgends gefunden hat. Ich meinte aber doch, es tun zu sollen, und wünsche nur, daß die ungeheuerliche Missetat nicht ungesühnt bleiben möge.
    An Sie, werter Freund, sowie an Ihre liebe Gattin, ferner an Frau Gibson und Nat die besten Grüße. Sollte ich etwas Neues erfahren, so teile ich es Ihnen sofort mit, auch bitte ich Sie, uns hier auf dem Laufenden zu erhalten.
     
    Ihr freundschaftlich ergebener
     
    R. Zieger.«
     
    Herr Zieger wußte eben noch nicht, daß die Behörde in Hobart-Town schon die Waffe eingezogen hatte, womit der Mord am Kapitän Gibson jedenfalls ausgeführt worden war. Bei der Untersuchung war auch aufgefallen, daß an dem Kriß der beiden Brüder die den Handgriff abschließende Zwinge fehlte.
    Als man nun die jetzt erhaltene probierte, zeigte es sich, daß sie vollkommen an den Griff des Kipschen Dolches paßte.
    Nach diesem neuen Beweise hatte sich Nat Gibson gleich zu dem Reeder begeben.
    »Werden Sie, Herr Hawkins, fragte er, jetzt noch immer an der Blutschuld jener Elenden zweifeln?«
    Als Antwort ließ Hawkins nur den Kopf niedersinken.
Sechstes Kapitel.
Das Urteil.
    Die Untersuchung neigte sich dem Ende zu. Die Gebrüder Kip waren verhört und mit dem Bootsmann, ihrem hauptsächlichsten, oder richtiger: bisher einzigen Ankläger konfrontiert

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