Die Gebrüder Kip
Reise zwischen Holland und den Inseln hatte er durch schweres Wetter stark gelitten und war nur noch gut genug, abgetakelt zu werden. Sein Kapitän samt den Offizieren und Matrosen sollte dann auch auf Kosten der Firma Hoppers in Rotterdam, der Eigentümerin des »Maximus«, nach Europa zurückbefördert werden.
Das war aber mit einem langen Aufenthalte in Amboina verknüpft, wenn die Mannschaft auf ein Schiff warten sollte, das nach Europa segelte, und die beiden Brüder hatten es doch so eilig, in Groningen einzutreffen.
Karl und Pieter Kip beschlossen also, das erste Schiff zu benutzen, das entweder von Amboina, von Ceram, von Ternate oder einer anderen Insel der Molukken auslief.
Da traf die dreimastige Goëlette »Wilhelmina« von Rotterdam ein, die sich hier nur ganz kurze Zeit aufhalten sollte. Es war das ein Fahrzeug von fünfhundert Tonnen und sollte, nur unter Anlaufen des Hafens von Wellington, unter Führung des Kapitäns Roebok nach Umschiffung des Kap Horn nach seinem Heimathafen zurückkehren.
Wäre die Stelle des Oberbootsmannes unbesetzt gewesen, so hätte sie Karl Kip ohne Zweifel erhalten. Die Mannschaft war aber vollzählig, so daß auch kein Matrose vom »Maximus« angemustert werden konnte. Karl Kip, der diese Reisegelegenheit nicht unbenutzt lassen wollte, belegte also auf der »Wilhelmina« eine Kabine als Passagier.
Der Dreimaster ging am 23. September in See. Seine Besatzung bestand aus dem Kapitän Roebok, dem Oberbootsmann Stourn, zwei Schiffern und zehn Matrosen, alle holländischer Abkunft.
Zuerst verlief die Fahrt sehr günstig über das Meer der Arafura, das zwischen der Nordküste Australiens, der Südküste Neuguineas und der Gruppe der Sundainseln im Westen so gut eingeschlossen liegt, daß der Wogenschwall des Indischen Ozeans davon abgesperrt bleibt. Nach Osten zu hat es keinen anderen Ausgang als die Torresstraße, die mit dem Kap York endigt.
Am Eingang zu dieser Straße traf das Schiff auf widrige Winde, die es einige Tage aufhielten. Erst am 6. Oktober kam es aus den zahlreichen Klippen heraus und konnte nun auf das freie Korallenmeer hinaussteuern.
Vor der »Wilhelmina« lag jetzt der endlose Große Ozean bis zum Kap Horn, in dessen Nähe diese nach kurzem Aufenthalte in Wellington auf Neuseeland vorüberkommen sollte. Das war ein weiter Weg, die Gebrüder Kip hatten aber keine andere Wahl gehabt.
Bis zur Nacht vom 19. zum 20. Oktober ging alles nach Wunsch, da aber ereignete sich, obwohl die Wachen sich auf dem Vorderdeck befanden, ein entsetzlicher Unfall, den auch die schärfste Achtsamkeit nicht hätte verhüten können.
Die Nacht war sehr dunkel. Schwere Nebelmassen lagerten auf dem Meere, das – wie gewöhnlich bei solchen Wetterverhältnissen – übrigens ganz ruhig war.
Die »Wilhelmina« führte ihre vorschriftsmäßigen Lichter, ein grünes an Steuer-und ein rotes an Backbord. Leider waren diese bei dem dichten Nebel selbst in der Entfernung einer halben Kabellänge nicht mehr zu erkennen.
Plötzlich wurde der Dreimaster, ohne daß der Ton einer Sirene hörbar oder eine Positionslaterne zu sehen gewesen wäre, luvwärts an Backbord, in der Nähe des Volkslogis angerannt. Durch den furchtbaren Stoß brachen der Großmast und der Besanmast augenblicklich zusammen.
Als Karl und Pieter erschrocken auf Deck kamen, konnten sie nichts erblicken als eine ungeheuere, Rauch und Dampf speiende Masse, die gleich einer Bombe vorüberflog, nachdem sie die »Wilhelmina« tatsächlich entzweigeschnitten hatte.
Eine halbe Sekunde lang war ein weißes Licht am großen Stag dieses Fahrzeuges zu sehen gewesen. Es handelte sich also um die Kollision mit einem Dampfer, doch das war auch alles, was man von ihm wußte.
Die »Wilhelmina« – das Vorderteil auf der einen, das Hinterteil auf der anderen Seite – sank fast augenblicklich. Die beiden Passagiere fanden nicht einmal Zeit, sich der Mannschaft anzuschließen. Kaum bemerkten sie noch einen der Matrosen, die sich irgendwo ans Takelwerk klammerten. An die Benützung der Boote war gar nicht zu denken, denn diese hatten sich schon mit Wasser gefüllt. Der Kapitän und der Obersteuermann hatten ihre Kabinen wohl überhaupt nicht mehr verlassen können.
Notdürftig bekleidet, standen die beiden Brüder schon bis zum halben Leibe im Wasser. Sie bemerkten, daß die Überreste von der »Wilhelmina« sofort verschlungen werden müßten und daß sie in den Wirbel, der sich dann um das Fahrzeug bildete, mit hineingezogen
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