Die Gebrüder Kip
dabei schweigend zuhörte, nur wiederholt durch eine zustimmende Handbewegung bekräftigte.
Jetzt war es also klar, warum die in Wellington erwartete »Wilhelmina« daselbst nicht mehr eintreffen sollte, warum der französische Dampfer »Assomption« kein Wrackstück auf seiner Fahrt angetroffen hatte. Der Dreimaster ruhte tief im Schoße des Meeres, höchstens konnte die Strömung einzelne Trümmer davon weiter nach Norden getragen haben.
Der Eindruck, den die Erzählung der Schiffbrüchigen hervorbrachte, stimmte alle zu ihren Gunsten. Natürlich fiel es niemand ein, an deren Wahrhaftigkeit zu zweifeln. Sie bedienten sich der englischen Sprache mit einer Geläufigkeit, die auf gute Erziehung und gründlichen Unterricht schließen ließ.
Neukaledonier.
Ihr ganzes Auftreten war nicht das vieler der Abenteurer, die auf dem Großen Ozean ihr Unwesen treiben, und man bemerkte an ihnen, vorzüglich an Pieter Kip, ein unerschütterliches Gottvertrauen.
Hawkins verheimlichte auch gar nicht den guten Eindruck, den er von beiden empfangen hatte.
»Sie befinden sich, liebe Freunde, sagte er, nun an Bord des »James-Cook«, und werden hier bleiben…
– O, Dank… Dank Ihnen, werter Herr, antwortete Pieter Kip.
– Nach Europa wird er Sie freilich nicht zurückbringen, setzte der Reeder hinzu.
– Gleichviel, meinte Karl Kip. Wir sind doch endlich von der Insel Norfolk gerettet, wo es uns so gut wie an allem fehlte… mehr verlangen wir vorläufig nicht.
– Wir werden ja auch überall, wo Sie einmal landen, setzte Pieter Kip hinzu, Gelegenheit zur Rückkehr nach unserem Vaterlande finden.
– Und ich werde Ihnen dabei behilflich sein, versicherte Gibson.
– Wohin, nahm Karl Kip wieder das Wort, ist der ›James-Cook‹ denn jetzt bestimmt?
– Nach Port Praslin in Neuirland, antwortete der Kapitän.
– Und wie lange wird er da liegen bleiben?
– Etwa drei Wochen.
– Segelt er darauf nach Neuseeland zurück?
– Nein, nach Tasmanien, nach seinem Heimathafen Hobart-Town.
– O, Herr Kapitän, erklärte Karl Kip, in Hobart-werden wir uns ja ebensogut einschiffen können, wie in Dunedin, in Auckland oder in Wellington.
– Gewiß, versicherte Hawkins, und wenn Sie da einen Dampfer anträfen, der durch den Suezkanal nach Europa führe, kämen Sie sogar noch schneller nach Hause.
– Das wäre uns recht erwünscht, antwortete Karl Kip.
– Da Sie, Herr Hawkins, und Sie, Herr Kapitän, sagte Pieter Kip, zunächst so freundlich sein wollen, uns als Passagiere aufzunehmen…
– Nicht als Passagiere, sondern als unsere Gäste, fiel Hawkins ein; wir fühlen uns glücklich, Ihnen auf dem ›James-Cook‹ Gastfreundschaft anbieten zu können!«
Noch einmal drückten die Männer einander die Hände, dann zogen sich die beiden Brüder in ihre Kabine zurück, um ein wenig der Ruhe zu pflegen, denn sie hatten ja die ganze Nacht bei dem Signalfeuer an der Landspitze gewacht.
Die leichte Brise, die den Nebel zerstreut hatte, frischte ein wenig auf. Mit den Windstillen schien es hier zu Ende zu sein und grünlich schimmerte weiter draußen das Meer im Südosten der Insel.
Diesen Umschlag galt es zu benutzen, und Gibson gab denn auch sofort Befehl zur Abfahrt. Die Segel wurden wieder aufgegeit, der Anker mittels des Spills eingeholt, und mit gutem Rückenwinde steuerte die Brigg nach Nordnordwest hinaus.
Zwei Stunden später war auch der höchste Gipfel der Insel Norfolk verschwunden, und der »James-Cook« wendete nun nach Nordost auf Neukaledonien an der Grenze des Korallenmeeres zu.
Achtes Kapitel.
Das Korallenmeer.
Etwa vierzehnhundert Seemeilen trennen die Insel Norfolk von Neuirland. Nach Zurücklegung der ersten fünfhundert Meilen mußte der »James-Cook« als erstes Land die französische Besitzung Neukaledonien in Sicht bekommen, an das sich die kleine Gruppe der Loyalitätsinseln anschließt.
Begünstigten Wind und Wasser die weitere Fahrt der Brigg, so mußten für den ersten Teil der Reise fünf und für den zweiten zehn Tage völlig ausreichen.
Das Leben an Bord ging seinen gewohnten Gang. Regelmäßig vollzog sich die Ablösung der Wachen in der Eintönigkeit günstig verlaufender Seefahrten, die deshalb aber ihres Reizes nicht entbehren. Seeleute und Passagiere pflegen sich ja für den geringsten Zwischenfall zu interessieren… für jedes vorüberkommende Schiff, für eine Vogelschar, die gelegentlich die Takelage umflattert, oder für eine Gruppe von Cetaceen, die sich im Kielwasser
Weitere Kostenlose Bücher