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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sechs… ich wünsche ihnen aber acht haltbare Strickenden an den Hals!«
    Flig Balt hörte mehr zu, als daß er sprach. Die Aussicht, den Befehl über das Schiff zu bekommen, war ja geeignet, ihn noch weiter in Versuchung zu führen. Einen Unfall herbeizuführen, wobei Gibson von der Bildfläche verschwand, das erschien ihm ratsamer als ein offener Kampf gegen die Passagiere des »James-Cook« und gegen die Hälfte seiner Mannschaft.
    Len Cannon warf dagegen jedoch ein, daß sechs entschlossene Männer doch mit achten fertig werden müßten, die sich keines Angriffes versähen, wenn man nur so rasch über sie herfiele, daß sie sich über den Vorgang gar nicht erst klar werden könnten. Zunächst würde es ja genügen, sich zweier von ihnen, gleichviel welcher, zu entledigen, dann stünde die Partie gleich u. s. w.
    »Das muß nun aber, schloß er seine Worte, in der kommenden Nacht geschehen. Stimmt Meister Balt dem zu, so werde ich die anderen vorbereiten, und morgen… morgen fährt die Brigg hinaus in die Weite…
    – Nun, Balt, was meint Ihr dazu?« fragte Vin Mod.
    Der Bootsmann verhielt sich auch dieser Aufforderung gegenüber noch schweigend.
    »Heraus mit der Sprache!… Also einverstanden?«… bedrängte ihn Len Cannon.
    In diesem Augenblicke rief Gibson, der sich auf dem Hinterdeck befand, Flig Balt zu sich, und dieser folgte der Aufforderung anscheinend recht gern.
    »Er will also nicht mitmachen? wendete sich Len Cannon an Vin Mod.
    – O doch, antwortete der Matrose, und wenn nicht in der nächsten Nacht, so doch, wenn sich die passende Gelegenheit bietet.
    – Und wenn sich eine solche nicht bietet?…
    – Dann werden wir sie herbeizuführen wissen, Cannon!
    – Jedenfalls, erklärte der Matrose, muß das vor dem Eintreffen in Neuirland sein. Meine Kameraden und ich, wir haben auf der Brigg nicht Heuer genommen, um unter dem Befehl des Kapitäns Gibson zu fahren, und das versichere ich dir, Mod: wenn die Sache nicht von hier bis dahin ausgeführt ist, laufen wir euch in Port Praslin davon.
    – Einverstanden, Len…
    – Also abgemacht, Mod! Wir bringen den ›James-Cook‹ auf keinen Fall nach Hobart-Town zurück, denn dort müßten wir auch nur sofort die Beine unter die Arme nehmen!«
    Vin Mod fühlte sich im Grunde doch etwas beunruhigt wegen der Zögerung Flig Balts. Er kannte dessen vorsichtige Natur, die ihn mehr schlau als kühn handeln ließ. Er hatte sich auch schon längst vorgenommen, ihn gelegentlich so fest zu engagieren, daß er nicht mehr zurückweichen könnte. Dabei begriff er recht wohl, daß ein glücklicher Erfolg des schwarzen Planes nur dann in Aussicht stand, wenn die Führung des Schiffs in die Hand des Bootsmannes überging. Übrigens versprach er sich, Len Cannon im Zaume zu halten, da dessen Ungeduld die ganze Sache zu gefährden drohte.
    Die Fahrt verlief in günstigster Weise weiter. Am Tage blieb es windig bis zur frischen Brise, und gegen Abend wurde es stiller, die Nächte waren so schön und so erquickend nach der Hitze des Tages, die in gleichem Verhältnisse zunahm, wie die Brigg sich dem Wendekreise des Steinbocks näherte. Hawkins, Gibson mit seinem Sohne, und Karl und Pieter Kip blieben deshalb auch plaudernd und rauchend immer sehr lange, zuweilen bis zum ersten Morgengrauen, auf dem Deck bei einander sitzen. Auch die meisten Matrosen gaben, selbst wenn sie keine Wache hatten, der freien Luft den Vorzug vor der erstickenden Atmosphäre des Volkslogis. Unter diesen Verhältnissen wäre es unmöglich gewesen, Hobbes, Burnes und Wickley zu überrumpeln, denn alle drei wären im Augenblicke zur Abwehr fertig gewesen.
    Der Wendekreis wurde am Nachmittage des 7. Novembers erreicht. Fast gleichzeitig damit kamen die Pinieninsel und die Höhen von Neukaledonien in Sicht.
    Die große Insel Bolade oder Baladea – kanakische Namen für Neukaledonien – hat von Südosten nach Nordwesten nicht weniger als zweihundert Seemeilen Länge und fünfundzwanzig bis dreißig Seemeilen Breite. Zu ihr gehören der Lage nach die Pinieninseln, Beaupré, Botanique und Hohohana, an der Ostseite die Gruppe der Loyalitätsinseln, deren südlichste die Insel Britannia ist.
    Der neukaledonische Archipel gehört bekanntlich zu dem Kolonialbesitze Frankreichs. Er bildet einen Deportationsort, wo sehr viele Verbrecher gegen das gemeine Recht ihre Strafe verbüßen. Obwohl einzelne Entweichungen von hier vorgekommen sind, ist es doch sehr schwierig, aus diesem Gefängnis bei den Antipoden zu

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