Die Gebrüder Kip
Wartet nur noch ein paar Tage, mischte Flig Balt sich jetzt ein, höchstens bis zur Abfahrt der Brigg. Wer weiß, was sich bis dahin ereignen kann.
– Und bedenkt auch, fügte Vin Mod hinzu, desertieren… nun ja, das ist ja ganz gut, doch was soll hier aus euch werden?«…
In diesem Augenblicke trat der Schiffsjunge Jim, dem solche Unterredungen des Bootsmannes mit den neuen Leuten immer etwas verdächtig vorkamen, näher an die Gruppe heran. Flig Balt konnte das nicht entgehen.
»Was hast du hier zu schaffen, Junge? rief er Jim zu.
– Ich… ich wollte ein wenig frühstücken…
– Das wirst du später tun.
– Und ich glaube bestimmt, daß die Kabine der beiden Kips noch nicht in Ordnung gebracht ist, setzte Vin Mod hinzu. Du wirst auch noch einmal am Galgen enden, unnützer Bengel.
– Hinunter in die Kajüte! befahl der Bootsmann. Besorge deine Arbeit!«
Vin Mod sah dem abgehenden Schiffsjungen nach und machte Flig Balt ein Zeichen, das dieser jedenfalls verstand. Darauf ging das Gespräch weiter.
Jim hatte sich ohne Widerrede nach dem Hinterdeck begeben und betrat, da ihm die Reinhaltung und Ordnung der Kabinen oblag, die der Gebrüder Kip.
Der erste Gegenstand, der ihm hier ins Auge fiel, war ein malaiischer Dolch, den er auf einer der Lagerstätten fand und bisher noch niemals gesehen hatte.
Es war das die Waffe, die Vin Mod vom Wrack der »Wilhelmina« gestohlen hatte und von der die Brüder nicht ahnten, daß sie sich in dessen Besitz befand.
War der Kriß nun mit Absicht hierher gelegt worden, daß der Schiffsjunge ihn gar nicht übersehen konnte?
Jim nahm den Dolch auf, untersuchte seine gezähnte Klinge und den mit Kupfernägeln verzierten Griff, dann legte er ihn auf das Tischchen der Kabine. Er dachte bei der ganzen Sache nur, daß einer der Brüder diesen Kriß neben anderen Gegenständen vom Wrack mitgenommen haben werde, und ohne auf seinen Fund besonderes Gewicht zu legen, verrichtete er ruhig seine Arbeit.
Flig Balt, Vin Mod und die anderen setzten inzwischen ihr Gespräch fort, doch so, daß weder Wickley noch Hobbes – die der Bootsmann in die Takelage hinaufgeschickt hatte – etwas davon hören konnten. Burnes hatte, wie wir wissen, Gibson nach der Villa Wilhelmstaf begleitet.
Len Cannon beharrte bei seinem Entschlusse, Vin Mod sachte ihn davon abzubringen. Wenigstens während des Aufenthaltes der Brigg würde es ihm und seinen Kameraden ja an nichts fehlen… dann wäre es doch immer noch Zeit, davonzulaufen. Vielleicht bot sich auch eine Gelegenheit bei der Überfahrt des »James-Cook« nach Kerawara, wo die weitere Fracht eingenommen werden sollte… Es war ja möglich, daß weder Hawkins noch Nat Gibson die kurze Reise mitmachten… bezüglich der Gebrüder Kip wäre das auch unsicher… nun… und dann…
Kurz, Len Cannon, Kyle, Sexton und Bryce stimmten endlich zu, bis zu dem Tage, wo die Brigg nach Hobart-Town absegeln sollte, noch auszuharren.
Flig Balt und Vin Mod standen nach diesem Erfolge ihres Zuredens allein beieinander.
»Das hat Mühe genug gekostet, sagte der eine.
– Ja… aber weiter sind wir damit immer noch nicht, meinte der andere.
– Nur Geduld, schloß Vin Mod das Zwiegespräch mit dem Tone eines Mannes, dessen Entschluß unverrückbar feststeht, nur Geduld, und wenn der Kapitän Balt sich später einen Bootsmann erwählt, hoffe ich bestimmt, daß er dabei seinen Freund Vin Mod nicht vergessen wird!«
Zwölftes Kapitel.
Drei Wochen im Bismarck-Archipel.
Die nächstfolgenden Tage wurden zur Entladung der Brigg benutzt. Len Cannon und seine Kameraden beteiligten sich ohne Widerspruch an der Arbeit, und Gibson ahnte natürlich nichts von ihren Plänen.
Einige Eingeborne – etwa ein halbes Dutzend – kräftige und gar nicht ungeschickte Männer, kamen der Besatzung noch zu Hilfe, und so ging das Löschen der Brigg unter den günstigsten Umständen vor sich.
Jim hatte von dem malaiischen Dolche gegen die Gebrüder Kip nichts erwähnt. Sie wußten also nicht, daß dieser in ihrer Kabine läge.
Vin Mod hatte sich nämlich beeilt, ihn vor ihrer Rückkehr an Bord wieder an sich zu nehmen, und jetzt lag der Kriß versteckt in seinem Reisesacke, wo ihn niemand entdecken konnte. Es genügte dem Matrosen jedenfalls, daß der Schiffsjunge den Dolch gesehen hätte. Was er damit bezweckte, das hätte nicht einmal Flig Balt sagen können.
Während der Kapitän die Entladung überwachte, verwendeten Hawkins, Nat Gibson, Karl und Pieter Kip ihre Muße,
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