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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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phlegmatischen Charakters, lieben sie die Ruhe über alles. Hier im Dorfe lagen die meisten männlichen Einwohner träge vor ihren Hütten ausgestreckt auf der Erde. So überließen sie sich einem vollständigen Nichtstun, hatten die Beine gekreuzt, die Arme auf die Brust gelegt, sahen nach nichts, sprachen kein Wort, sondern kauten nur ununterbrochen Betel, wie die Morgenländer ihr Opium und die Abendländer ihren Tabak rauchen.
    Der Betel ist eine Mischung aus Kalk, der durch Kateinieren von Madreporen gewonnen wird, und einer Frucht mit rotem Oberhäutchen mit dem (melanesischen) Namen »Kamban«. Es ist ein den Speichelfluß stark anregendes Mittel, dessen scharfe Bestandteile eine schwach berauschende Wirkung und einen nicht unangenehmen Geschmack haben. Ein Nachteil des Betels liegt darin, daß er die Zähne schwärzt und angreift und leicht Blutungen der Mundschleimhaut erzeugt. Streng beobachteter Sitte gemäß dürfen sich die jungen Leute dem so sehr gesuchten Genuß nicht hingeben. und nur Eingebornen von einem gewissen Alter ist es gestattet, Betel zu kauen.
    Was die Industrie der Neuirländer angeht, so beschränkt sie sich auf das Weben von Matten aus Pandanusblättern und auf die Herstellung weniger anderer Dinge, vor allem grober Topfwaren. Und auch das ist den Frauen überlassen, die weniger träge als die Männer sind, ebenso wie ihnen die Feldarbeit und die tägliche Zubereitung der Speisen obliegt.
    Die Ernährung erfordert übrigens nur wenige Kenntnisse in der Kochkunst. Zu bestimmter Stunde essen die Eingebornen nicht, vielmehr eigentlich zu jeder Stunde.
    »Welches Tier – äußert sich hierüber ein Reisender – es auch sein mag, das den Wilden in die Hand fällt, es wird sofort auf glühende Kohlen geworfen, geröstet und verzehrt, ohne daß man sich, wenn es ein Vierfüßler war, die Mühe nimmt, es zu häuten, oder wenn es Geflügel war, es zu rupfen.«
    Die Leute mästen sich mit Fischen, Seeschildkröten, Achtfüßern, Muscheltieren aller Art, mit Heuschreckenkrebsen, sehr großen, Kukiavars genannten Krabben, mit Reptilien, Eidechsen und sehr wenig schmackhaften Insekten, die sie schmunzelnd verschlingen. Von Früchten genießen sie Mapes und Lakas, eine sehr viel vorkommende Art von Kastanien des Inokarpus, Kokosnüsse, deren holzige Umhüllung als »Larime« und deren Milchsaft als »Kauro« bekannt ist, ferner Unis oder Bananen, Nios oder Ignamen, Tos oder Zuckerrohr und Berkos, die Früchte des wilden Brotbaumes. Von Vierfüßlern züchten die Eingebornen nur Schweine, und jagen Kuskus, Tiere, die einer Unterart der Beutelratten angehören.
    Die Neuirländer erweisen sich nebenbei aber nicht unempfänglich für die Segnungen der Zivilisation. Die Missionare bemühen sich, sie zum Christentume zu bekehren. Leider ist bei ihnen das Heidentum sehr tief eingewurzelt und mit muselmanischen Glaubenssätzen vermischt, die sie infolge ihrer Beziehungen zu den Malaien angenommen haben. Man geht wohl auch nicht fehl, diese Wilden für Polygamen zu halten. In jedem Dorfe findet man ein Tambu, eine öffentliche Hütte, das Haus der Götzenbilder, dessen Instandhaltung und Bewachung den ältesten Männern obliegt.
    Hawkins und seine Begleiter stießen auf keine Schwierigkeiten, den Tambu zu besuchen, dessen Türen, die weniger fest als die der Hütten geschlossen waren, sich vor Herrn Zieger ohne Widerspruch öffneten. Sie fanden im Innern der sehr geräumigen Hütte mehrere roh ausgeführte tönerne Figuren, die weiß, schwarz und rot angepinselt waren und deren aus Perlmutterschalen hergestellte Augen wie ein Herdfeuer glänzten. Diese Götzengestalten werden Bakui genannt. Unter anderen hier vorhandenen Dingen befanden sich auch zwei Tamtams, auf die ein Eingeborner unter Aufsicht eines Greises mit langem, mit Ocker überstreutem Barte aus Leibeskräften losschlug. Die Götzenbilder waren ferner mit einem besonderen Schmuckstücke, einem ziemlich sein aus Holz geschnitzten »Prapraghan« ausgestattet, der gewöhnlich am Vorderteil der Piroguen zu sehen ist.
    Nat Gibson hatte seinen photographischen Apparat mitgenommen gehabt. Er erhielt vom Innern und Äußern des Tambu recht gelungene Bilder, die die Sammlung des Reeders bereichern sollten.
    Während dieses Besuches in dem tombarischen Dorfe war der Nachmittag verstrichen. Schon begann es zu dämmern, als Zieger und seine Gäste den Rückweg durch den Wald einschlugen. Funkelten über den Wipfeln der mächtigen Bäume die Abertausende

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