Die Gebrüder Kip
Möge Gott dich hören, Pieter!
– Er wird mich hören, denn ich habe immer meine Hoffnung auf ihn gesetzt!«
Jetzt trat ein kurzes Stillschweigen ein.
»Doch sage mir, Karl, steht die Abfahrt des ›Skydnam‹ in kurzer Zeit bevor?
– Ich glaube, sie wird etwa am fünfundzwanzigsten dieses Monats erfolgen.
– Das wäre also in zwölf Tagen?
– Ganz recht, Pieter, denn soweit ich selbst davon Einsicht genommen habe, wird die Befrachtung zu dieser Zeit beendigt sein.
– Und wie lange wird die Fahrt wohl dauern?
– Wenn uns die Umstände einigermaßen begünstigen, wird der ›Skydnam‹ von Hobart-Town bis Hamburg nicht mehr als sechs Wochen brauchen.«
Dieser Zeitraum mußte voraussichtlich für einen schnellen Dampfer genügen, der den westlichen Fahrweg durch den Indischen Ozean, das Rote Meer, den Suezkanal und dann durch das Mittelländische Meer und den Atlantischen Ozean verfolgte. Er brauchte damit weder in Sicht des Kaps der Guten Hoffnung, noch, nach Durchschiffung des Großen Ozeans, in Sicht des Kaps Horn zu kommen.
Pieter Kip fragte seinen Bruder noch, ob er seine Stellung als Obersteuermann an Bord des »Skydnam« sofort antreten werde.
»Schon von morgen an, antwortete Karl Kip. Ich treffe da mit dem Kapitän Fork zusammen, der mich der Schiffsmannschaft vorstellen wird.
– Und gedenkst du dann auch gleich an Bord Wohnung zu nehmen?«
Diese Frage war für Vin Mod wegen seiner Pläne von ganz besonderem Interesse. Es wäre ihm ja fast unmöglich gewesen, sie durchzuführen, wenn die beiden Brüder den Gasthof zum Great Old Man so schnell verließen.
»Nein, erwiderte Karl Kip, einzelne Ausbesserungen am Schiffe werden etwa noch zehn Tage in Anspruch nehmen. Vor dem dreiundzwanzigsten gehe ich also nicht an Bord, und dann kannst du, Pieter, auch gleich deine Kabine beziehen. Ich habe für dich eine der besten, gleich neben der meinigen, schon belegt.
– Gern, bester Karl, sagte Pieter Kip, denn ich gestehe dir, mich verlangt danach, dieses Gasthaus zu verlassen.«
Lachend setzte er noch hinzu:
»Es ist auch eines Schiffsoffiziers, der als Obersteuermann auf dem ›Skydnam‹ befehligt, nicht ganz würdig.
– Ebensowenig, antwortete Karl Kip in gleichem Tone, wie des Chefs des Hauses der Gebrüder Kip in Groningen!«
Wie glücklich fühlten sie sich in dieser Stunde, die wackeren jungen Männer! Sie gewannen wieder Vertrauen auf die Zukunft, denn es war ja in der Tat ein Glück zu nennen, daß Karl Kip eine Stellung so schnell und mit so günstigen Aussichten erhalten hatte. Diese Nacht schliefen sie seit langer Zeit wirklich zum ersten Male unbelästigt von Sorgen wegen der Zukunft.
Eben hatte es zehn geschlagen, und sie erhoben sich, um ihr Lager aufzusuchen. Das Gespräch war zu Ende. Vin Mod schickte sich schon an, längs des Balkons nach seinem Zimmer zurückzukehren, als eine letzte Frage Pieter Kips ihn an das Fenster zurückrief.
»Du sagst also, Karl, daß der ›Skydnam‹ ungefähr am fünfundzwanzigsten abfahren werde?
– Ja, lieber Bruder, bis zu diesem Tage, vierundzwanzig Stunden früher oder später, wird er segelklar sein.
– Soll nicht aber Flig Balt einige Tage vorher abgeurteilt werden?
– Am einundzwanzigsten wird Len Cannon mit ihm vor Gericht zu erscheinen haben, und wir nebst Herrn Hawkins, Nat Gibson und der übrigen Mannschaft werden dazu als Zeugen vorgeladen werden.
– Natürlich, antwortete Pieter Kip. Übrigens macht sich das ja alles ganz trefflich, denn deine Anwesenheit bei der Verhandlung wäre doch auf jeden Fall nötig.
– Gewiß; und meine Aussage, denke ich, wird das Gericht bestimmen, sich unerbittlich gegen einen Bootsmann zu erweisen, der seine Leute zu einer Auflehnung gegen alle Ordnung zu treiben wagte.
– O, meinte Pieter Kip, in solchen Fällen sind die englischen Gesetze außerordentlich streng. Es kommt hier ja die Sicherstellung der Handelsschiffahrt in Frage, und es sollte mich sehr wundern, wenn Flig Balt ohne zehn Jahre Bagno in der Strafanstalt von Port-Arthur davonkäme!«
Vin Mod fletschte vor Wut die Zähne und sprach für sich:
»Zehn Jahre Bagno erwarten Sie freilich nicht, meine Herren, und bevor Flig Balt dahin geschickt wird – wenn es überhaupt so weit kommt – hat er Sie schon am höchsten Galgen von Hobart-Town baumeln sehen!«
Pieter Kip richtete noch eine weitere Frage an seinen Bruder.
»Weiß Herr Hawkins schon, daß du zum Obersteuermann auf dem ›Skydnam‹ ernannt worden bist?
– Ich
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