Die Gebrüder Kip
in aller Ruhe in Hobart-Town bleiben, und das von dem Kapitän geraubte Geld überhob ihn vorläufig jeder Sorge für seinen Lebensunterhalt.
Übrigens hatte dieser Schurke in Übereinstimmung mit Flig Balt jedenfalls schon vorher einen Plan entworfen, den er gewiß zur Ausführung zu bringen versuchte, da er sich ja völliger Freiheit erfreute. Bei der Unmöglichkeit aber, mit dem Bootsmanne in Verbindung zu treten, sagte er sich, während er seine Idee überdachte und sich seine Absicht vor Augen führte, um jede Störung auszuschließen:
»Wird er mich auch richtig verstanden haben?… Die Sache ist ja so einfach… das würde die Meuterei erklären, würde sie entschuldigen!… O, wenn ich an seiner Stelle wäre!… Freilich wär’ ich dann nicht an der meinigen, und da muß ich doch sein. Leider ist er kein Mann von leichtem Begriffsvermögen… man muß ihm alles förmlich eintrichtern!… Doch sollte es denn kein Mittel geben, zu ihm zu gelangen… für mich oder einen anderen, ob Kyle oder Sexton… um ihm zu sagen: Es ist ausgeführt… Es ist freilich notwendig, daß das geschehen ist, spätestens am Tage der Gerichtsverhandlung. Die Brüder würden es dann erst zu spät bemerken. Na… ich werde darüber weiter nachdenken. Vor allem kommt es darauf an, ihn aus der Schlinge zu ziehen… damit rächen wir uns an dem verfluchten Gelegenheits-Kapitän!… Ha, wenn ich den nicht samt seinem Bruder sollte ein
Pas de deux
am Ende eines Strickes tanzen sehen!«
Und während Vin Mod so für sich grübelte, erbleichte sein Gesicht, seine Augen füllten sich mit Blut und seine Züge verrieten einen unbezähmbaren Haß.
Unzweifelhaft beabsichtigte Vin Mod also einen Schurkenstreich gegen die Gebrüder Kip. Bei dem Zusammentreffen gewisser Umstände erschien es leicht, das in Kerawara begangene Verbrechen so darzustellen, daß auf sie ein schwerer Verdacht fiel. Seit Ankunft der Brigg und seit ihrer Abtakelung hatte Vin Mod deshalb aufmerksam beobachtet, was Karl und Pieter Kip taten. Was es diesen erwünscht sein ließ, so bald wie möglich Hobart-Town zu verlassen und nach Europa zurückzukehren, das war ihm ja bekannt genug. Die Gelegenheit aber, ein Schiff zu finden, das fertig war, in See zu gehen, bot sich, von einem besonderen Zufall abgesehen, sicherlich nicht alle Tage.
Vin Mod wußte überdies, daß Karl Kip eine Anstellung als Obersteuermann suchte und daß Hawkins ihn unterstützte, eine solche zu finden. Das war ein weiterer Anlaß zu Verzögerungen, und jedenfalls würden die beiden Brüder nicht eher abgereist sein, als bis die Seebehörde die Meuterer vom »James-Cook« abgeurteilt hätte… anderenfalls wären Vin Mods Pläne vereitelt gewesen.
Karl Kip mußte bei der bevorstehenden Verhandlung übrigens doch wohl persönlich anwesend sein. Sein Bruder hätte ja vielleicht fehlen können, da zunächst Hawkins, Nat Gibson und die Matrosen der Brigg vor Gericht ihre Aussagen machen mußten. Die Erklärung des Kapitäns blieb aber doch das wichtigste, und er als Hauptzeuge konnte sich also nicht davon befreien, vor den Richtern zu erscheinen.
Vin Mod verstand es überdies, die beiden Brüder während ihres Aufenthaltes in Hobart-Town nicht aus den Augen zu verlieren. Sobald er sich überzeugt hatte, daß sie in den Gasthof zum Great Old Man gezogen waren, sicherte er sich, durch einen falschen Bart verstellt, dort ebenfalls ein Zimmer, bezahlte es für vierzehn Tage im voraus und schrieb sich unter dem falschen Namen Ned Pat ins Fremdenbuch ein. Seinen wahren Namen Vin Mod gab er dagegen in dem Gasthause zu den Fresh-Fishs an, wo sich Sexton, Kyle und Bryce, in einem anderen Stadtteile am Hafen, eingemietet hatten. Als Ned Pat ging er stets sehr frühzeitig aus, kam erst spät zurück und nahm hier auch keine Mahlzeit ein… alles in der Absicht, Karl und Pieter Kip sein Tun und Treiben möglichst zu verheimlichen. Vor allem hütete er sich, den Brüdern in den Weg zu kommen, obgleich ihn diese jetzt wohl kaum erkannt hätten.
Vin Mod hatte sich im Great Old Man ein Zimmer neben dem ihrigen zu verschaffen gewußt, und durch nach einem gemeinschaftlichen Balkon zu gelegenen Fenster mußte es ihm leicht werden, in das der Brüder einzudringen, was er zur Ausführung seines Planes unbedingt wagen mußte.
Vin Mod konnte sogar jedes Gespräch zwischen Karl und Pieter Kip verstehen, wenn er sich nach Einbruch der Dunkelheit auf den Balkon schlich. Die Holländer, die nicht ahnten, belauscht zu werden,
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