Die Gebrüder Kip
ist und daß ich ihn für den eigentlichen Anstifter der Schurkerei halte. Er hatte immer etwas so Hinterlistiges in seinem Benehmen. Wenn er sich auch klüglich zurückzuhalten wußte, hat er doch jedenfalls hinter Flig Balt gesteckt, und ohne die Unterdrückung der Meuterei wäre er jedenfalls der Obersteuermann des Kapitäns geworden.
– Wohl möglich, meinte Karl Kip. In der ganzen Sache ist auch das letzte Wort noch nicht gesprochen, und es kann recht gut sein, daß uns die Verhandlung noch manche Überraschungen bereitet. Da auch die Matrosen vom ›James-Cook‹ vor das Seegericht geladen werden, kann man gar nicht wissen, was ihre Aussagen noch an den Tag bringen. Man wird Vin Mod verhören, ihm mit Fragen zusetzen. Wenn er im Einverständnisse mit dem Bootsmanne war, könnte ja auch dieser zuletzt die Wahrheit aussagen. Ferner werden die ehrbaren Leute, wie Hobbes, Wickley und Burnes, Zeugnis ablegen, und wenn sie Vin Mod damit weiter belasten…
– Das wird sich ja finden, murmelte Vin Mod, dem von diesem Gespräche kein Wort entging, es wird aber eine ganz andere Wendung nehmen, als ihr es hofft, ihr verwünschten Holländer!«
Eben näherte sich Karl Kip dem Fenster, als wollte er die Jalousien zurückschlagen, und Vin Mod mußte schnell zur Seite weichen, um nicht überrascht zu werden. Die Jalousien öffneten sich jedoch nicht und er konnte seinen Platz also wieder einnehmen. Die Unterhaltung interessierte ihn doch so sehr, daß er sie bis zum Schlusse zu belauschen wünschte, um daraus den größten Nutzen ziehen zu können.
Die beiden Brüder hatten jetzt einander gegenüber am Tische Platz genommen, und während Pieter Kip die von ihm durchgesehenen Papiere sammelte, sagte sein Bruder:
»Sieh, Pieter, ich bin also als Obersteuermann auf dem ›Skydnam‹ angestellt, das ist ja schon ein Glücksumstand, dazu kommt aber noch ein anderer, der für uns nicht weniger wichtig ist…
– Sollte uns, lieber Bruder, nach allen Unfällen, die wir erlebt haben, endlich die Sonne des Glückes wieder scheinen? bemerkte Pieter Kip. Sollten uns endlich weitere Prüfungen und Schicksalsschläge erspart bleiben?
– Vielleicht, Bruderherz; so höre denn, was uns die Zukunft in Aussicht stellt. Ich weiß, daß der Kapitän Fork, der den ›Skydnam‹ befehligt, seine letzte Reise macht. Er ist ein schon bejahrter Mann in völlig gesicherter Vermögenslage, der sich nach der Heimkehr in Holland zur Ruhe zu setzen gedenkt.
Nach Einbruch der Dunkelheit schlich sich Vin Mod auf den Balkon. (S. 237.)
Gelingt es mir im Laufe der Fahrt, die Zufriedenheit der Firma Arnemniden zu erwerben, so ist es nicht ausgeschlossen, daß ich berufen werde, Herrn Fork in seiner Stellung als Kapitän zu ersetzen, sobald der ›Skydnam‹ wieder in See geht. Trifft das ein, so bleibt mir nichts mehr zu wünschen übrig…
– Und was für dich, lieber Bruder, ein Glück wäre, antwortete Pieter Kip, das wäre es doch auch nicht minder für unsere Handelsgeschäfte.
Farnlaube bei Hobart auf Tasmania.
– Ich glaub’ es wenigstens, bestätigte Karl Kip. Übrigens hab’ ich bezüglich dieser noch nicht alle Hoffnung verloren. Warum sollten sich unsere Angelegenheiten nicht besser ordnen, als wir vorher zu hoffen gewagt haben? Wir haben in Groningen gute Freunde, unser Vater hat dort ein geachtetes Ansehen hinterlassen!
– Und außerdem, fügte Pieter Kip hinzu, haben wir uns auch schon hier einige Verbindungen geschaffen; an Unterstützung durch Herrn Hawkins wird es uns nicht fehlen. Wer weiß, ob wir mit seiner Hilfe nicht gar eine beständige Geschäftsverbindung mit Hobart-Town anknüpfen können, ebenso wie mit Wellington durch Herrn Hamburg, und mit dem Bismarck-Archipel durch Herrn Zieger?
– Ah, liebster Bruder, rief Karl Kip, du schwärmst nur schon etwas weit in die Zukunft aus!
– Ja ja, Karl, ich rechne stark darauf, einen zu tiefen Verfall unserer Verhältnisse in der nächsten Zeit zu vermeiden… nein, ich glaube mich damit keiner Täuschung hinzugeben!… Jetzt bietet sich uns eine Reihe günstiger Aussichten, die wir auszunutzen geradezu verpflichtet sind. Das Beste bleibt für den Anfang doch, daß du Obersteuermann auf dem ›Skydnam‹ geworden bist. Bin ich erst in Holland zurück, so werde ich mit frohem Mute an die Arbeit gehen… unser Kredit wird wieder hergestellt werden, und ich hoffe, wir bringen die Firma Kip in Groningen noch zu einer bisher nicht erreichten Blüte!
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