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Die Geburt Europas im Mittelalter

Die Geburt Europas im Mittelalter

Titel: Die Geburt Europas im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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zwei Jahre, in denen kein Feldzug stattfand, 790 und 807. Das stärkste Element des Heeres war die gepanzerte Kavallerie. Die freien Männer mussten ihr Rüstzeug selbst aufbringen, sei es aus eigenem Besitz oder mit Hilfe ihres Herrn: ein Pferd, einen Schild, eine Waffe – eine leichte Lanze oder ein einschneidiges Kurzschwert, wenn sie als Fußknechte dienten, für den Kampf zu Pferde vor allem das zweischneidige Langschwert. Verlief der Feldzug siegreich, was unter Karl dem Großen häufig der Fall war, endete er mit einer mehr oder weniger reichen Beute. Wie alle Großreiche von Alexander bis Mohammed lebte das Karolingerreich zu einem großen Teil von Eroberungen und der Beute.
    Insgesamt standen dem Herrscher wohl an die 50.000 Krieger zur Verfügung, darunter 2000 oder 3000 zu Pferde, aber nur selten wurden sie alle gleichzeitig versammelt. Das Mittelalter ist, was die Gesellschaft und Kultur betrifft, nicht die Zeit der hohen Zahlen, besonders nicht in einem Bereich, in dem es sich am meisten hervortat, dem Krieg. Die Anführer des Heeres waren Männer, deren Reichtum im Wesentlichen aus den Einkünften großer Ländereien stammte. Der Grund und Boden war die zweite Basis für den Wohlstand und die Macht der künftigen Europäer. Seine Bedeutung war so groß, dass manche die Geburt des Mittelalters mit der Umwandlung der an die Regierung gezahlten Steuern in Abgaben an die Großgrundbesitzer, die künftigen Grundherren, verbinden. Auf den Gütern dieser Mächtigen lebten und arbeiteten ungefähr 90 Prozent der weltlichen Bevölkerung.
… und der Bauern
    Obwohl Europa durch die Vorherrschaft einer Minderheit kämpferischer Grundbesitzer eine Welt der Krieger war, war es mehrheitlich gesehen eine bäuerliche Welt. Der soziale Status der Bauern konnte sehr unterschiedlich sein. Es gab noch Sklaven, das Christentum hatte ihr Los kaum verbessert. Andererseits gab es neue Abhängigkeiten zwischen dem Grundherrn, den Bauern und den Ländereien. Eine wachsende Zahl von Menschen und Böden wurde direkt dem Grundherrn unterstellt.An Stelle der Sklaven tauchten Unfreie und unfreie Böden auf, über die der Bauer nicht verfügen durfte, um sie zu tauschen oder zu verkaufen. Das Abendland war immer noch ein Land der Wälder, trotz einer ersten Welle der Urbarmachungen im 6. und 7. Jahrhundert. Die großen Domänen waren im Allgemeinen zweigeteilt. Ein Teil war der vom Grundherrn direkt bewirtschaftete
Hof
mit
Salland
, auf dem er seine Bauern mehrmals in der Woche Frondienste verrichten ließ; der andere Teil bestand in abhängigen Bauernstellen, auf denen die Bauern für den Eigenbedarf arbeiteten und versuchten, außer der Nahrung für ihre Familie einen kleinen, zum Verkauf bestimmten Überschuss zu produzieren, um sich notwendige Dinge außerhalb der Domäne zu verschaffen. Es gab aber auch, mehr als oft behauptet worden ist, freie Bauern im Besitz eigener Böden, die Allodien genannt wurden.
    Seit der Zeit Karls des Großen zeichnete sich eine Entwicklung ab, die zu den großen Ereignissen des Mittelalters zählt und Europa bleibende Züge verlieh. Die Bauern entrissen den Grundherren ihre Rechte und erzwangen Freilassungen, die die Landbewohner zu einer Kategorie freier, auch der Frondienste lediger Menschen machten und die Herren vor die Alternative stellten, eine Verkleinerung ihrer Domäne in Kauf zu nehmen oder mit erhöhtem Druck eine neue Politik der Knechtschaft durchzusetzen. Die zweite Lösung wurde vor allem im Osten Europas praktiziert – auch dies ein Grund für den Unterschied und die Entfernung zwischen West- und Osteuropa. Karl der Große hat der Bedeutung der ländlichen Gesellschaft, die bis heute ein europäisches Charakteristikum geblieben ist, besondere Aufmerksamkeit und Pflege geschenkt. Sein
Capitulare de villis
(um 800) regelt umfassend das landwirtschaftliche Leben, sogar über die Krondomänen hinaus, und gibt den Zustand auf dem Land zur Zeit der Geburt des Mittelalters und Europas wieder, wodurch viele seiner Züge überdauern.
Die karolingische Zivilisation, eine europäische Schicht
    Das am besten gelungene Europa der Karolingerzeit ist zweifellos das der Zivilisation. Karl der Große, dessen persönliche Bildung nicht überschätzt werden darf – er hatte Schwierigkeiten, die Buchstaben des Alphabets zu erkennen, schrieb nicht und konnte nur wenig Latein –, verfolgte bei seiner Regierung ein sehr festes Prinzip. Er glaubte, Wissen und Gelehrsamkeit seien ein Ausdruck und

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