Die Gedichte
seiner Leidung Ereignis
war noch genug. Maßvoll
schien ihm der Dinge nächtliches Dastehn,
und wie ein trauriger Raum griff er darüber um sich.
Aber die Erde, vertrocknet im Durst seiner Wunden,
aber die Erde riß auf, und es rufte im Abgrund.
Er, Kenner der Martern, hörte die Hölle
herheulend, begehrend Bewußtsein
seiner vollendeten Not: daß über dem Ende der seinen
(unendlichen) ihre, währende Pein erschrecke, ahne.
Und er stürzte, der Geist, mit der völligen Schwere
seiner Erschöpfung herein: schritt als ein Eilender
durch das befremdete Nachschaun weidender Schatten,
hob zu Adam den Aufblick, eilig,
eilte hinab, schwand, schien und verging in dem Stürzen
wilderer Tiefen. Plötzlich (höher höher) über der Mitte
aufschäumender Schreie, auf dem langen
Turm seines Duldens trat er hervor: ohne Atem,
stand, ohne Geländer, Eigentümer der Schmerzen. Schwieg.
SANKT CHRISTOFFERUS
Die große Kraft will für den Größten sein.
Nun hoffte er, ihm endlich hier zu dienen
an dieses Flusses Furt; er kam von zwein
berühmten Herren, die ihm klein erschienen,
und ließ sich dringend mit dem dritten ein:
den er nicht kannte; den er durch Gebet
und Fastenzeiten nicht auf sich genommen,
doch der im Ruf steht, jedem nachzukommen
der alles läßt und für ihn geht.
So trat er täglich durch den vollen Fluß –
Ahnherr der Brücken, welche steinern schreiten, –
und war erfahren auf den beiden Seiten
und fühlte jeden, der hinüber muß.
Und ruhte nachts in dem geringen Haus,
gefaßt zu handeln, jeder Stimme inne,
und atmete die Mühe mächtig aus,
genießend das Geräumige seiner Sinne.
Dann rief es einmal, dünn und hoch: ein Kind.
Er hob sich groß, daß er es überführe;
doch wissend, wie die Kinder ängstlich sind,
trat er ganz eingeschränkt aus seiner Türe
und bückte sich – : und draußen war Nachtwind.
Er murmelte: Was sollte auch ein Kind …?
nahm sich zurück mit einem großen Schritte
und lag in Frieden und entschlief geschwind.
Aber da war es wieder, voller Bitte.
Er spähte wieder – : draußen war Nachtwind.
Da ist doch keiner, oder bin ich blind?
warf er sich vor und ging noch einmal schlafen,
bis ihn dieselben Laute zwingend lind
noch einmal im verdeckten Innern trafen:
Er kam gewaltig:
draußen war ein Kind.
DIE TAUBEN
O weiche graue Dämmerung am Bug,
wie Sinne, die bei Ampelschein vergehen,
und diese Röte durch den Rauch gesehen,
der aus gedämpften Liebes-Opfern schlug.
Gestillte Form der angefüllten Spende,
flach aufgeschlagnen Händen angepaßt;
volles Gefäß bis an der Schultern Wende,
von da an Blick und Biegung und Kontrast.
Am Hals gezeichnet mit der Fingerspur
gewohnten Griffs, mit dem die Priester packen,
doch gleich daneben, im schutzlosen Nacken,
beruhigt, wie durch göttliche Natur.
Bestürz mich, Musik, mit rhythmischem Zürnen!
Hoher Vorwurf, dicht vor dem Herzen erhoben,
das nicht so wogend empfand, das sich schonte. Mein Herz: da:
sieh deine Herrlichkeit. Hast du fast immer Genüge,
minder zu schwingen? Aber die Wölbungen warten,
die obersten, daß du sie füllst mit orgelndem Andrang.
Was ersehnst du der fremden Geliebten verhaltenes Antlitz? –
Hat deine Sehnsucht nicht Atem, aus der Posaune des Engels,
der das Weltgericht anbricht, tönende Stürme zu stoßen:
oh, so ist sie auch nicht, nirgends, wird nicht geboren,
die du verdorrend entbehrst …
Ich bins, Nachtigall, ich, den du singst,
hier, mir im Herzen, wird diese Stimme Gewalt,
nicht länger vermeidlich
Staune, siehe, wie keines
Boden verlangt und verläßlichen Haltes.
Ins Freie wirft sich die Welt.
… … … … … … … … … … … .
Sieh, strahlender, sieh
schwenkt sich ein Wurf
Tauben zurück aus dem erprobteren Raum
Die ich als Lehrling verließ, die versuchten Saiten
greif ich als Meisternder nun.
Nun wachen wir mit den Erinnerungen
und halten das Gesicht an das, was war;
flüsternde Süße, die uns einst durchdrungen,
sitzt schweigend neben mit gelöstem Haar
Dich aufdenkend wird mein Wesen erglühter,
meine Adern röten die Nacht.
An meinem Herzen der gerüstete Hüter
klirrt vor Verdacht. Wacht
dein Gefühl durch die mündigen Sterne herüber?
Gehst du aus unaufhaltsamem Raum
Was, Geliebte, bist
du nicht eine〈r〉 unter den Sternen?
Daß ich dächte, du kämst
nach der Abende schwankendem Übergang
sicher herauf,
mir maßlos
Schauendem kenntlich an Ferne und Licht.
Daß du mir schöne, Dunkles spiegelnde Quelle
aus dem Gebirg entsprangst meiner
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