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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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jenem Ruf zu formen,
auf den er stürzte. Machtlos, alternd, arm
und doch ihn atmend wie unfaßlich weit
verteilten Duft, der erst das Unsichtbare
vollzählig macht. Auflächelnd, daß man dem
so winken durfte, in so großen Umgang
so leicht gewöhnt. Aufweinend vielleicht auch,
wenn man bedenkt, wie’s einen liebte und
fortwollte, beides, immer ganz in Einem.
(Ließ ich es schon? Nun schreckt mich dieser Mann,
der wieder Herzog wird. Wie er sich sanft
den Draht ins Haupt zieht und sich zu den andern
Figuren hängt und künftighin das Spiel
um Milde bittet … . Welcher Epilog
vollbrachter Herrschaft. Abtun, bloßes Dastehn
mit nichts als eigner Kraft: »und das ist wenig. «)

    Die weißen Häuser hin ein Überfließen,
ein Reichlichsein vorrätiger Natur,
und Bettler, in fortwährendem Entschließen,
sind der entsprungnen Güte auf der Spur.

    Da rauscht der Bach und dich, (der du ihn hörst)
dich weiß er nicht. Und drängst du deine Klage
den Lüften auf: er ringt durch reine Tage,
die du nicht hast, die du nicht störst

    Wird mir nicht Nächstes? Soll ich nur noch verweilen?
(Öfter mein Weinen zerstörts und mein Lächeln verzerrts),
aber manchmal erkenn ich im Scheine der heilen
Flamme vertraulich mein inneres Herz.
Jenes, das einst so innigen Frühling geleistet,
ob sie es gleich in die Keller des Lebens verbracht.
O wie war es sofort zu dem größesten Gange erdreistet,
stieg und verstand wie ein Stern die gewordene Nacht.

    So angestrengt wider die starke Nacht
werfen sie ihre Stimmen ins Gelächter,
das schlecht verbrennt. O aufgelehnte Welt
voll Weigerung. Und atmet doch den Raum,
in dem die Sterne gehen. Siehe, dies
bedürfte nicht und könnte, der Entfernung
fremd hingegeben, in dem Übermaß
von Fernen sich ergehen, fort von uns.
Und nun geruhts und reicht uns ans Gesicht
wie der Geliebten Aufblick; schlägt sich auf
uns gegenüber und zerstreut vielleicht
an uns sein Dasein. Und wir sinds nicht wert.
Vielleicht entziehts den Engeln etwas Kraft,
daß nach uns her der Sternenhimmel nachgiebt
und uns hereinhängt ins getrübte Schicksal.
Umsonst. Denn wer gewahrts? Und wo es einer
gewärtig wird: wer darf noch an den Nacht-Raum
die Stirne lehnen wie ans eigne Fenster?
Wer hat dies nicht verleugnet? Wer hat nicht
in dieses eingeborne Element
gefälschte, schlechte, nachgemachte Nächte
hereingeschleppt und sich daran begnügt?
Wir lassen Götter stehn um gohren Abfall,
denn Götter locken nicht. Sie haben Dasein
und nichts als Dasein, Überfluß von Dasein,
doch nicht Geruch, nicht Wink. Nichts ist so stumm
wie eines Gottes Mund. Schön wie ein Schwan
auf seiner Ewigkeit grundlosen Fläche:
so zieht der Gott und taucht und schont sein Weiß.

    Alles verführt. Der kleine Vogel selbst
tut Zwang an uns aus seinem reinen Laubwerk,
die Blume hat nicht Raum und drängt herüber;
was will der Wind nicht alles? Nur der Gott,
wie eine Säule, läßt vorbei, verteilend
hoch oben, wo er trägt, nach beiden Seiten
die leichte Wölbung seines Gleichmuts.

    Wir wissen nicht, was wir verbringen: siehe,
Benanntes ist vorbei und jedes Sein
erfindet sich im letzten Augenblick
und will nichts hören / Wink von Zeichen, kaum
ein Blatt verkehrts: wir aber sind schon anders,
verleugnen, lächeln, kennen schon nicht mehr,
was gestern Glück war. Und die Göttin selbst
schwankt über uns.

    Lange mußt du leiden, kennend nicht was,
bis plötzlich aus gehässig erbissener Frucht
deines Leidens Geschmack eintritt in dir.
Und da liebst du schon fast das Gekostete. Keiner
redet dirs wieder aus

    Wehe ein Sterblicher, weh, in Sehnsucht und Hast
stürmt er sein Werk im bewältigten Schoße;
aber, die er nicht füllt, die große
Umarmung war auf den Gott gefaßt.

    Weißt du nicht, wird der Rotdorn bald
unser Gefühl bemühn?
Leise steigt das Grün.
Plötzlich hebt sich die Blühgestalt.
Ach, da klagen in dir
die du immer ins Zimmer gestellt
viele Blumen.

    Wer verzichtet, jenen Gram zu kennen,
welcher schluchzend wie aus Quellen quillt,
weiß auch nicht das Selige zu nennen:
es berührt ihn und entgeht ihm mild.

    Wir nur, die wir ganz am Herzen lagen
der Verlorenen, die Gott gefällt,
werden wissen alles aus-zusagen,
wenn die Freude nicht mehr an sich hält.

    Jedes Leere, jeder Zwischenraum
dunkler Stunden wird zum hohlen Kruge,
wird zur Muschel, dran die Fuge
dröhnen wird. Wir ahnen kaum,

    wie wir uns nach unermessnem Rate
um zur Orgel bauen, horchend, leis,
für den Sturm der kommenden Kantate
und den Engel, der sie

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