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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Dingen …
Und daß sie jede Wand in meinem Haus
umschlügen. Neue Seite. Nur der Wind,
den solches Blatt im Wenden würfe, reichte hin,
die Luft, wie eine Scholle, umzuschaufeln:
ein neues Atemfeld. Oh Götter, Götter!
Ihr Oftgekommnen, Schläfer in den Dingen,
die heiter aufstehn, die sich an den Brunnen,
die wir vermuten, Hals und Antlitz waschen
und die ihr Ausgeruhtsein leicht hinzutun
zu dem, was voll scheint, unserm vollen Leben.
Noch einmal sei es euer Morgen, Götter.
Wir wiederholen. Ihr allein seid Ursprung.
Die Welt steht auf mit euch, und Anfang glänzt
an allen Bruchstelln unseres Mißlingens …

    Rose, oh reiner Widerspruch, Lust,
Niemandes Schlaf zu sein unter soviel
Lidern.

    Die Unlust, dieser Gegenwart Geschenk
hier hinzunehmen, ohne daß zugleich
sich Zukunft zusagt. Nächstes. Sei’s auch nur
als Raum, um das Empfangne zu erinnern.

    Mehr nicht, als das Warmsein eines Rings,
den du eben dir vom Finger zögest,
und als Druck: als ob du dies erwögest
ach: das Schwersein eines Schmetterlings …

    mehr nicht werd ich von dir wissen, Heide ,
an dich glaubend, ohne (fast) Beweis,
wie das Licht im Ballsaal von der Seide,
wie die Seide von der Blume weiß.

    IDOL

    Gott oder Göttin des Katzenschlafs,
kostende Gottheit, die in dem dunkeln
Mund reife Augen-Beeren zerdrückt,
süßgewordnen Schauns Traubensaft,
ewiges Licht in der Krypta des Gaumens.
Schlaf-Lied nicht, – Gong! Gong!
Was die anderen Götter beschwört,
entläßt diesen verlisteten Gott
an seine einwärts fallende Macht.

    GONG

    Nicht mehr für Ohren … : Klang,
der, wie ein tieferes Ohr,
uns, scheinbar Hörende, hört.
Umkehr der Räume. Entwurf
innerer Welten im Frein … ,
Tempel vor ihrer Geburt,
Lösung, gesättigt mit schwer
löslichen Göttern … : Gong!

    Summe des Schweigenden, das
sich zu sich selber bekennt,
brausende Einkehr in sich
dessen, das an sich verstummt,
Dauer, aus Ablauf gepreßt,
um-gegossener Stern … : Gong!

    Du, die man niemals vergißt,
die sich gebar im Verlust,
nichtmehr begriffenes Fest,
Wein an unsichtbarem Mund,
Sturm in der Säule, die trägt,
Wanderers Sturz in den Weg,
unser, an Alles, Verrat … : Gong!

    Gehn auf Treppen nicht und nicht der Brücken
Überholen (: ältester Gewinnst)
darf vergessen sein und mag beglücken
wenn du dich ins Innerste besinnst.

    Zwar du wandeltest zurück zur Fähre
der gefügten Brücken Gang und Schwung;
zögernder zerfallen die Altäre
im Verschweigen deiner Opferung.

    Flammen schlagen einwärts, Wege rollen
sich in dein Nach-Innen-gehen ein,
Blumen stürzen in die Wurzelknollen,
und der trinken will, vergießt den Wein,

    weil sein Mund aus Erde stammt. Oh Bogen,
den die Sehne, unsichtbar gezogen
in die andere Parabel riß:
Spiegelbilder deiner Pfeile flogen
in die glatte Spiegelfinsternis.

    Vögel sind jetzt Architekten, ihrer
Flüge Risse zeichnen einen Platz;
statt der Geber giebt es nur Verlierer
an den namenlosen Schatz.

    Kinderspielzeug in der Bodenkammer
klopft noch manchmal, innen überschwemmt,
mit dem Puls des Kinds, oh Totenhammer!
Doch wie ungern läßt die Wäscheklammer
in den Wiederbrauch des Windes Hemd.

    Aber versuchtest du dies: Hand in der Hand mir zu sein
wie im Weinglas der Wein Wein ist.
Versuchtest du dies.

    FÜR FRAU JOHANNA VON KUNESCH

    Die Jahre gehn … Und doch ist’s wie im Zug:
Wir gehn vor allem und die Jahre bleiben
wie Landschaft hinter dieser Reise Scheiben,
die Sonne klärte oder Frost beschlug.

    Wie sich Geschehenes im Raum verfügt:
Eines ward Wiese, eins ward Baum, eins ging
den Himmel bilden helfen … Schmetterling
und Blume sind vorhanden, keines lügt;

    Verwandlung ist nicht Lüge … .

    MUSIK
Für Herrn Lorenz Lehr

    Die, welche schläft … . Um bei dem reinen Wecken
so wach zu sein, daß wir zu Schläfern werden
von ihrem Wachsein überholt … . Oh Schrecken!
Schlag an die Erde: sie klingt stumpf und erden,
gedämpft und eingehüllt von unsern Zwecken.
Schlag an den Stern: er wird sich dir entdecken!

    Schlag an den Stern: die unsichtbaren Zahlen
erfüllen sich; Vermögen der Atome
vermehren sich im Raume. Töne strahlen.
Und was hier Ohr ist ihrem vollen Strome,
ist irgendwo auch Auge: diese Dome
wölben sich irgendwo im Idealen.

    Irgendwo steht Musik, wie irgendwo
dies Licht in Ohren fällt als fernes Klingen … .
Für unsre Sinne einzig scheint das so
getrennt … Und zwischen dem und jenem Schwingen
schwingt namenlos der Überfluß … . Was floh
in Früchte? Giebt im Kreis des Schmeckens
uns seinen

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