Die Gedichte
lag ein unverstandnes Trauern
auf deinem blassen Kindheitstraum.
Und deine Tage waren bleiern,
die Mutter krank, der Vater roh;
und manchmal kam ein Krüppel leiern, –
dann lauschtest du und weintest so.
Was kann dir nun der Sommer taugen?
Müd, wie mit scheuem Schwingenschlag,
durchirren deine Heimwehaugen
den uferlosen Sonnentag.
Sie war:
Ein unerwünschtes Kind, verstoßen
auch aus der Mutter Nachtgebet,
und ewig fern von jenem Großen,
das gebend durch die Zeiten geht.
Sie wünschte wenig – und nur selten
kam wie ein Weinen über sie
nach einem Land mit Purpurzelten,
nach einer fremden Melodie,
nach weißen Wegen, die nicht stauben –
dann bog sie Rosen sich ins Haar,
und konnte doch nie Liebe glauben,
auch wenn es tief im Frühling war.
Wenn ich dir ernst ins Auge schaute,
klang oft dein Wort so kummerkrank
wie eine leise Liebeslaute,
die einsam einst ein Meister baute,
als seine Seele Sehnsucht sang.
Sie lernte seither leichte Lieder
und tönte gern zu Tag und Tanz, –
da greift ein Träumer ihre Glieder:
und wie erwachend weint sie wieder
das Heimweh ihres Heimatlands.
Ja, früher, wenn ich an dich dachte,
wie Wunder wars: ein Mai erwachte
um dich im Aureolenglanz,
und meine Sehnsucht träumte sachte
um deine Stirne einen Kranz.
Jetzt seh ich dich: du senkst dein Weinen
ins Herz den herbstverhangnen Hainen,
und dir zuseiten, wegentlang,
schleicht an den bleichen Meilensteinen
ein wunder Sonnenuntergang.
Ich ging durch ein Land, durch ein trauriges Land.
Wie auf leerer Wiege ein Wiegenband
lag der blasse Fluß auf dem flachen Sand,
darüber aus nassem Nebelgewand
reckte die Weide die Totenhand.
Mir war so traurig. Ich starrte und stand.
Ich sah dich kauern am Wegesrand.
Einst hab ich dich und das Glück gekannt.
Du weintest wühlend und unverwandt,
und ich fragte dich: Ist das dein Heimatland?
Du nicktest, du nicktest wie traumgebannt …
Da hab ich dich wieder wie einst genannt;
doch dein Bild zerrann mir, dein Bild entschwand.
Die Pappeln kohlten im Abendbrand,
und der Tod ging rot durch dein Heimatland.
Weißt du, daß ich dir müde Rosen flechte
ins Haar, das leis ein weher Wind bewegt –
Siehst du den Mond, wie eine silberechte
Merkmünze, und ein Bild ist eingeprägt:
ein Weib, das lächelnd dunkle Dornen trägt –
Das ist das Zeichen toter Liebesnächte.
Fühlst du die Rosen auf der Stirne sterben?
Und jede läßt die Schwester schauernd los
und muß allein verdarben und verderben,
und alle fallen fahl in deinen Schooß.
Dort sind sie tot. Ihr Leid war leis und groß.
Komm in die Nacht. Und wir sind Rosenerben.
Kannst du die alten Lieder noch spielen?
Spiele, Liebling. Sie wehn durch mein Weh
wie die Schiffe mit silbernen Kielen,
die nach heimlichen Inselzielen
treiben im leisen Abendsee.
Und sie landen am Blütengestade,
und der Frühling ist dort so jung.
Und da findet an einsamem Pfade
vergessene Götter in wartender Gnade
meine müde Erinnerung.
Wo sind die Lilien aus dem hohen Glas,
die deine Hand zu pflegen nie vergaß?
Schon tot?
Wo ist die Freude deiner Wangen hin,
die wie ein ganzer Lenz zu prangen schien –
Verloht?
Und wo ist unser Glück, so groß und rein,
das hell dein Haar wie ein Madonnenschein
umspann?
Auch das ist tot. Heut weinen wir ihm nach,
und morgen kommt der Frost uns ins Gemach –
Und dann?
Mütter
Ich sehne oft nach einer Mutter mich,
nach einer stillen Frau mit weißen Scheiteln.
In ihrer Liebe blühte erst mein Ich;
sie könnte jenen wilden Haß vereiteln,
der eisig sich in meine Seele schlich.
Dann säßen wir wohl beieinander dicht,
ein Feuer surrte leise im Kamine.
Ich lauschte, was die liebe Lippe spricht,
und Frieden schwebte ob der Teeterrine
so wie ein Falter um das Lampenlicht.
Mir ist oft, daß ich fragen müßt:
Du, Mutter, was hast du gesungen,
eh deinem blassen, blonden Jungen
der Schlaf die Wangen warm geküßt?
Hattest du damals sehr viel Gram?
Und weißt du, wie du aufgesprungen,
wenn deinem blassen, blonden Jungen
im tiefen Traum ein Weinen kam?
Ich gehe unter roten Zweigen
und suche einen späten Strauß.
Weiß nicht vor Glück wo ein und aus,
mir ist so neu, mir ist so eigen;
mein Lieb ist müd und ist zu Haus.
Jetzt ist mein Mädel erst recht eitel,
seit sich sein Mieder weiter zieht,
und seit ein Wunder ihm geschieht:
Bald hat es breite braune Scheitel
und sitzt und singt ein Wiegenlied.
Leise weht ein erstes Blühn
von den Lindenbäumen,
und, in meinen Träumen kühn,
seh ich dich am
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