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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Wünsche winken
mir aus dem lodernden Palast.

    Ich will durch lange Hallen schleichen
und in die tiefen Gärten schaun,
die über alle Marken reichen.
Und Frauen lächeln an den Teichen,
und in den Wiesen prahlen Pfaun …

    Einmal möcht ich dich wiederschauen,
Park, mit den alten Lindenalleen,
und mit der leisesten aller Frauen
zu dem heiligen Weiher gehn.

    Schimmernde Schwäne in prahlenden Posen
gleiten leise auf glänzendem Glatt,
aus der Tiefe tauchen die Rosen
wie Sagen einer versunkenen Stadt.

    Und wir sind ganz allein im Garten,
drin die Blumen wie Kinder stehn,
und wir lächeln und lauschen und warten,
und wir fragen uns nicht, auf wen …

    Es kommt in prunkenden Gebreiten
der Abend wie ein leiser Gott.
Den Rappen vor! Jetzt will ich reiten
durch purpurbunte Einsamkeiten
in bügelleichtem Träumertrott.

    Ich atme tief. Ich werde Kaiser.
Mein heller Helm ist losgeschnallt,
und meine Stirne streifen Reiser
und rauschen so. Und leiser, leiser
hallt Huf und Ruf im roten Wald.

    Horch, verhallt nicht ein scheuer
Schrei von den Hängen her?
Aus dem morschen Klostergemäuer
kann der Abend nicht mehr.
Er sucht sich wund an der Wand.
Und mit hilfloser Hand
in das Säulengedränge,
in ewige Gänge,
wirft er den Brand.

    Feuer. –

    In schlichtem Gewand
flieht er, der Heimkehr singender Heuer
leise gesellt, ins verlöschende Land.

    Der König Abend weiß sich schwach
und satt, und ihm geschieht:
Er schenkt sein Gold dem jungen Bach,
der einem Hirtensingen nach
in Menschenlande zieht.

    Jetzt ist der Bach ein Königskind.
Er jubelt laut Alarm
und gibt den wunden Krumen blind
sein Gold. – Und wo die Hütten sind,
dort ist er wieder arm.

    Der Tag entschlummert leise, –
ich walle menschenfern …
Wach sind im weiten Kreise
ich – und ein bleicher Stern.

    Sein Auge lichtdurchwoben
ruht flimmernd hell auf mir,
er scheint am Himmel droben
so einsam, wie ich hier …

Fahrten

    VENEDIG

    I
    Fremdes Rufen. Und wir wählen
eine Gondel, schwarz und schlank:
Leises Gleiten an den Pfählen
einer Marmorstadt entlang.

    Still. Die Schiffer nur erzählen
sich. Die Ruder rauschen sacht,
und aus Kirchen und Kanälen
winkt uns eine fremde Nacht.

    Und der schwarze Pfad wird leiser,
fernes Ave weht die Luft, –
traun: Ich bin ein toter Kaiser,
und sie lenken mich zur Gruft.

    II
    Immer ist mir, daß die leisen
Gondeln durch Kanäle reisen
irgend jemand zum Empfang.
Doch das Warten dauert lang,
und das Volk ist arm und krank,
und die Kinder sind wie Waisen.

    Lange harren die Paläste
auf die Herren, auf die Gäste,
und das Volk will Kronen sehn.
Auf dem Markusplatze stehn
möcht ich oft und irgendwen
fragen nach dem fernen Feste.

    III
    Mein Ruder sang:

    Poppé, fahr zu!
Ein Volk von Sklaven
drängt sich im Hafen
um nüchterne Feste.
Und die Paläste
können nicht schlafen.
Poppé, fahr zu!

    Eisige Ruh
in Marmorgliedern
mit matten Lidern
erschauern die Plätze.
Im Gassennetze
betteln die Niedern.
Poppé, fahr zu!

    Sag mir, weißt du
noch von den Toten,
die hier geboten
in köstlichen Kronen?
Wo sie jetzt wohnen,
die Purpurroten?
– – – – – – –
Poppé, fahr zu!

    IV
    Ave weht von den Türmen her.
Immer noch hörst du die Kirchen erzählen;
doch die Paläste an stillen Kanälen
verraten nichts mehr.

    Und vorbei an der Traumesruh
ihrer schlafenden Stirnen schwanken
leise Gondeln wie schwarze Gedanken
dem Abend zu.

    ENGLAR IM EPPAN

    Später Weg. Die Hütten kauern,
und das dumpfe Dorf schläft ein.
Ernste Türme seh ich dauern,
weit aus weißen Blütenschauern
wächst ihr Weltverlorensein.

    Abendbrand in brachen Zinnen,
und der Wind fährt durch den Saal.
Und für wen im Burghof drinnen
immer noch die Brunnen rinnen –
keiner weiß es dort im Tal.

    TENNO

    Der Kirchhof hoch im Sommerschnee
gehört zum Bergdorf hin;
wie über einen Hochlandsee
wacht Frieden über ihn.
Da weiß kein Blühn vom Frühlingsstrahl.
Der Rasen schüchtert frühfrostfahl,
die Kreuze arm, die Hügel kahl,
und sacht und selten wächst die Zahl:
einmal.

    Der Weg ist schlecht, der Weg ist schmal.
Im kleinen Dorf ist kleine Wahl
und kleines Glück und kleine Qual, –
drum läuten sie so fern im Tal:
einmal, – einmal, – einmal –

    CASABIANCA

    Am Berge weiß ich trutzen
ein Kirchlein mit rostigem Knauf,
wie Mönche in grauen Kapuzen
steigen Zypressen hinauf.

    Vergessene Heilige wohnen
dort einsam im Altarschrein;
der Abend reicht ihnen Kronen
durch hohle Fenster hinein.

    ARCO

    Die Hochschneezinne, schartig scharf,
loht auf

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