Die Gefährtin Des Lichts erbin2
»Guten Morgen«, murmelte ich.
»Guten Morgen«, erwiderte vergnügt eine Frauenstimme. Beinahe wäre ich hingefallen. Ich fing mich am Küchentresen ab, wirbelte herum und griff nach dem Block mit Küchenmessern.
Andere Hände packten meine. Ich schrie auf und wehrte mich. Aber die Hände waren warm, groß und vertraut.
Sonnenschein, den Göttern sei Dank. Ich versuchte nicht länger, nach einer Waffe zu greifen. Dennoch raste mein Herz immer noch. Sonnenschein und eine Frau. Wer war sie?
Dann rief ich mir ihren Gruß ins Gedächtnis. Diese krächzende, übertrieben süße Stimme. Lil war in meinem Zuhause und machte mir Frühstück. Und das, nachdem sie einige Ordensbewahrer verspeist hatte, die Sonnenschein ermordet hatte.
»Was zum Mahlstrom machst du hier?«, verlangte ich zu wissen. »Und zeig dich, verdammt nochmal. Versteck dich nicht vor mir in meinem Haus.«
Sie klang belustigt. »Ich dachte, mein Aussehen gefällt dir nicht.«
»Tut es auch nicht, aber ich wüsste gerne, dass du nicht dort stehst und meinetwegen sabberst.«
»Dessen kannst du nie sicher sein, auch nicht, wenn du mich siehst.« Dennoch wurde sie sichtbar. Sie stand mir in ihrer trügerisch-normalen Gestalt gegenüber. Vielleicht war auch der andere Mund für sie normal, und sie sah nur aus Höflichkeit mir gegenüber jetzt so aus. Wie auch immer, ich war ihr dankbar. »Was deine Frage angeht, warum ich hier bin — ich habe ihn nach Hause gebracht.« Sie nickte Sonnenschein zu, den ich hinter mir atmen hörte.
»Oh.« Ich beruhigte mich langsam wieder. »Äh. Dann vielen Dank. Aber, ähm, Lady Lil ...«
»Einfach Lil.« Sie lächelte strahlend und wandte sich wieder dem Herd zu. »Schinken.«
»Was?«
»Schinken.« Sie drehte sich um und schaute an mir vorbei zu Sonnenschein. »Ich hätte gerne Schinken.«
»Wir haben keinen Schinken im Haus«, sagte er.
»Oh«, sagte sie. Es klang zutiefst enttäuscht. Sie machte auch ein langes Gesicht, was beinahe tragikomisch wirkte. Ich bemerkte es kaum, weil Sonnenscheins Antwort mich wieder einmal verblüfft hatte.
Er ging zu dem Schrank hinter mir und nahm etwas heraus, das er auf den Tresen stellte. »Geräucherter Velly.«
Lils Miene hellte sofort auf. »Ah! Besser als Schinken. Jetzt können wir vernünftig frühstücken.« Sie widmete sich wieder ihren Vorbereitungen und summte dabei vor sich hin.
Mir wurde schwindlig. Ich ging zum Tisch, setzte mich und wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Sonnenschein saß mir gegenüber und beobachtete mich mit seinem schwermütigen Blick.
»Ich muss mich entschuldigen«, sagte er leise.
Ich schrak zusammen. »Du sprichst noch mehr?«
Da die Antwort offensichtlich war, machte er sich nicht die Mühe, sie auszusprechen. Er hatte am Tatort von Rolies Ermordung gesprochen. Aber zum ersten Mal hörte ich ihn mehrere Sätze hintereinander sprechen. Und ...
Meine Güte, seine Stimme war wunderbar. Tenor. Volltönend. Jedes präzise betonte Wort hallte in meinem Körper bis in die Zehenspitzen nach. Einer solchen Stimme hätte ich den ganzen Tag lauschen können.
Oder die ganze Nacht ... Mit Nachdruck schob ich diesen Gedanken beiseite. Es gab genug Götter in meinem Liebesleben.
Dann merkte ich, dass ich ihn ausdruckslos angestarrt hatte. »Oh, äh, ist nicht so schlimm«, sagte ich schließlich. »Obwohl es mir lieber gewesen wäre, wenn du vorher gefragt hättest.«
»Sie hat darauf bestanden.«
Das brachte mich aus dem Konzept. »Wieso?«
»Ich soll eine Warnung weitergeben«, mischte Lil sich ein. Sie kam zum Tisch und stellte erst einen Teller vor mich und dann einen vor Sonnenschein. Meine Küche hatte nur zwei Stühle,
also hievte sie sich auf den Tresen. Dann nahm sie einen Teller, den sie offensichtlich für sich beiseite gestellt hatte. Ihre Augen strahlten, als sie ihr Essen ansah Ich schaute schnell weg, weil ich Angst hatte, dass sie ihren Mund wieder weit öffnete.
»Eine Warnung?« Trotz allem roch das Essen gut. Ich stocherte ein wenig darin herum und bemerkte, dass sie den Velly zusammen mit Paprikaschoten und Kräutern unter die Eier gerührt hatte. Mir war gar nicht bewusst, dass ich diese Kräuter besaß. Ich probierte das Essen. Es war köstlich.
»Jemand sucht dich«, sagte Lil.
Es dauerte einen Moment, bis ich merkte, dass sie mit mir sprach und nicht mit Sonnenschein. Dann dämmerte mir, wer mich suchte. Das ernüchterte mich. »Jeder hat gesehen, dass Pre- vit Rimarn gestern mit mir gesprochen hat. Jetzt,
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