Die Gefährtin des Vaganten
vor ihren Ohren zu schmähen.
Sie war ein anstelliges Kind von schneller Auffassungsgabe und einem ausgeprägten Willen. Einem Weib nicht eben angemessen, aber ihn zu brechen, dagegen sträubte sich in Hagan alles. Die Zeit würde sie schon in ihre Grenzen weisen.
Wenn er nach Köln reiste, würde er sich nach einem passenden Konvent umsehen.
Nächste Woche wollte er aufbrechen, um in der Stadt einige Besuche zu machen, sich umzuhören und die Stimmung zu erforschen. Um sich nicht zu verraten, hatten Piet und er eine neue Maskerade entworfen. Dafür beschriftete Hagan Pergamentstückchen fein säuberlich mit erhebenden Bibelsprüchen, und Bertrand, der Löffelschnitzer, fertigte aus Holzstückchen kunstvolle kleine Rosenkränze, Kreuze und Marienfigürchen an. Damit würden sie als Devotionalienhändler auftreten. Piet hätte lieber mit irgendwelchen dubiosen Reliquien gehandelt, die derzeit geradezu reißenden Absatz fanden, aber Hagan hatte zu bedenken gegeben, dass nun ausgerechnet Köln ein Hort der heiligen Knöchelchen war, und selbst in Limburg hatten sie schon von den wundertätigen Stofffetzen gehört, die von Kölner Händlern verkauft wurden. Die Sage ging um, jemand habe im Heiligen Land das Leichentuch Christi entdeckt und unter höchst abenteuerlichen Bedingungen in die Stadt gebracht.
»Machen wir ihnen lieber nicht Konkurrenz, Piet. Irgendwer hat diese Geschichte ausgestreut, ich hab es euch ja schon damals in Speyer gesagt. Erinnerst du dich an den Prediger auf dem Markt?«
»Klar. Also keine alten Lappen, dann doch lieber den Kot des Esels.«
Aber Piet hatte dabei gegrinst und dann zugestimmt, den ›heiligen Krimskrams‹ herstellen zu lassen.
Doch diese Krämertätigkeit diente ihnen nur als Deckmäntelchen, denn Hagan war daran gelegen, herauszufinden, wo sich Erzbischof Dietrich aufhielt und welche Intrigen er gerade schmiedete. Immerhin war es der nun zur Abdankung gezwungene Papst Johannes gewesen, der Dietrich noch im Februar als Erzbischof bestätigt hatte. Für ihn derzeit sicher ein misslicher Zustand, zumal seine Wahl vor einem Jahr unter nicht eben einwandfreien Bedingungen gelaufen war. Intrigen – von verschiedenen Seiten gesponnen, hatten ihn nur knapp auf den Thron der Stadt gehoben. Verziehen hatten es ihm die Bergischen noch immer nicht. Weshalb sie sich gegenseitig unablässig beharkten.
Und dann galt es auch noch diesen Juden aufzusuchen, bei dem Hanna ihr Geld deponiert hatte, und es an sich zu nehmen. Hagan hoffte, dass er Verfügungsgewalt darüber bekam.
Es war ein noch warmer Herbsttag, als Piet und er bei Deutz mit der Fähre übersetzten. Der halbfertige Dom ragte wie ein bedrohliches Ungeheuer vor ihnen auf, doch als sie dem Ufer näher und näher kamen, erkannte Hagan das steinerne Filigran seiner Strebpfeiler und Säulen. So viel luftiger und leichter wirkte es als der trutzige Dom von Speyer.
»Wohin wendest du dich zuerst, Magister?«
»Ich werde mich mit Hannas Nachbarn unterhalten. Als Vormund ihrer Tochter. Ein entsprechendes Schreiben habe ich mir angefertigt und mit einem hübschen Siegel versehen.«
»Gut, dann höre ich mich mal in den Tavernen hier um. Mal sehen, was das Volk so von deinem Dietrich hält.«
»Söldner.«
»Die und die Pfaffen und die Dirnen.«
Sie hatten vereinbart, dass Piet die Informationen über den Erzbischof einholen würde. Hagan wollte in der Sache so wenig wie möglich auffallen. Sie verabredeten einen Treffpunkt, dann machte er sich auf die Suche nach dem Haus, in dem Pfarrer Daniel und Hanna gewohnt hatten. Der Pfarrbezirk von Lyskirchen gehörte nicht zu den ärmsten der Stadt, das Pfarrhaus war ein ansehnlicher Bau, jetzt von dem neuen Geistlichen bewohnt, der sich allerdings nicht an seinen Vorgänger erinnerte.
Die Nachbarinnen hingegen taten es schon. Sie waren schwatzhaft, und sein Angebot an kleinen Devotionalien stieß auf ihr Interesse.
»Tja, dem Herrn Pfarrer war die Hanna eine gute Haushälterin«, sagte eine schwarz gewandete Greisin, die mit gichtigen Fingern Binsenmatten vor ihrer Haustür knüpfte. Sie kicherte dabei meckernd. »Aber der arme Mann kriegte die Kränk, half alles Beten und Schröpfen nicht. Schad drum, war ein ordentlicher Priester. Besser als der Magister Lambertus, dem sie sich dann angeschlossen hat.«
»Wer ist das?«
»Weiß nicht, ein Pfarrer ist der schon, aber nicht für einen Sprengel. Das Mädchen hat sie weggebracht. Sagt, zu ihrer Schwester.«
»Das
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