Die Gefährtin des Vaganten
geweckt, und als er das Reisigbündel über der Tür des Badehauses sah, das ihm anzeigte, dass der Kessel angeheizt war, beschloss er, die Dienste des Barbiers in Anspruch zu nehmen und vorsichtige Erkundigungen einzuziehen. Badehäuser waren Brutstätten der Gerüchte, und dieses hier machte zudem einen reinlichen, recht vorteilhaften Eindruck.
Er wurde nicht enttäuscht. Der Bader war beflissen, ihm zu Diensten zu sein, stutzte fachmännisch seinen Bart und seine Haare, das Wasser in den Zubern war sauber und heiß, der Imbiss, der geboten wurde, schmackhaft, der Wein süffig. Allerlei Klatsch und Tratsch kam ihm auch zu Ohren, aber an den Gesprächen beteiligte er sich zunächst nicht.
Eine der Badermaiden – je nun, eine Maid war sie nicht mehr – erregte seine Aufmerksamkeit. Sie war flink und aufmerksam, wirkte adrett und erfahren. Als sie ihm Wein aus dem Krug nachschenkte, flüsterte er ihr ein Angebot ins Ohr.
»Ja, Herr, wenn Ihr das wünscht. Wir können die Kammer oben besuchen. Ich sage dem Bader Bescheid.«
Ein paar Münzen wechselten den Besitzer, und Hagan begab sich in den Raum über der Stiege, der für jene Lustbarkeiten ausgestattet war, die ebenfalls eine Einnahmequelle des Badehauses waren. Das Weib zierte sich nicht sonderlich und bot ihre Dienste recht geschäftsmäßig an. Es gab kein Gekicher und Getändel, doch ihr Leib war weich und ihre Hände sanft und kundig. Hagan hatte schon lange kein Beilager mehr gepflegt. Er behandelte sie freundlich, und sie dankte es ihm damit, dass sie anschließend eine Weile neben ihm liegen blieb und eine träge Ruhe mit ihm teilte.
»Hast du noch etwas Zeit?«, fragte Hagan schließlich in diese Ruhe hinein.
»Ein wenig. Der Bader versteht’s. Und es ist besser, als schwere Wasserkannen zu schleppen.«
»Das glaube ich dir. Du bist ein vernünftiges Weib, will mir scheinen.«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich tu, was ich kann. Hab drei Kinder zu füttern.«
»Du arbeitest nur für den Bader?«
»Wollt Ihr mir ein besseres Angebot machen, Herr?«
»Nein, aber wie ich hörte, könntest du mit deinen Diensten weit mehr einnehmen. Bei den richtigen Leuten.«
»Könnte ich das?«
»Die Pfaffen zahlen gut, sagt man.«
»Pah, die doch nicht! Das heuchlerische Pack will seine Sünden um Gottes Lohn begehen.«
Hagan schmunzelte ob dieser Formulierung, und sie zwinkerte ebenfalls. Dann aber warf er einen Stein in den Tümpel, um zu sehen, ob er Wellen verursachte.
»Die Töchter der Nacht scheinen das anders zu sehen.«
Die Wellen wogten auf!
Das Weib fuhr hoch. »Was wisst Ihr von denen?«
»Zu wenig.«
»Haltet Euch fern, Herr, wenn Ihr meinen Rat wollt. Sie mögen zu ausgefallenen Spielen bereit sein, aber ihre Zuhälter sind ein grausames Pack.«
»Grausam gegen wen? Die Kundschaft? Das verdirbt aber das Geschäft.«
»Manch einer liebt die Gefahr, die damit verbunden ist.«
»Was meinst du damit?«
Die Baderin erhob sich von dem Lager und ordnete ihre Kleider.
»Ich höre nur Gemunkel, Herr. So wie Ihr vermutlich auch. Aber man flüstert, dass jene, die die Töchter besuchten, anschließend ihre Dienste mit dem Leben bezahlten. Ihr seid nur zu Gast in der Stadt, richtig, Herr?«
»Ja, für ein paar Tage, dann reise ich weiter.«
»Kommt wieder, wenn Ihr möchtet, aber haltet Euch von den Verlockungen der Töchter fern.«
»Ich werde deinen Rat beherzigen.« Hagan legte eine Silbermünze auf das Polster und lächelte das Weib an. »Hab Dank.«
Sie nickte still, und er verließ den Raum.
Sehr viel weiter war er nicht gekommen, aber immerhin hatte er eine zusätzliche Bestätigung, dass es jene Töchter der Nacht gab und dass sie ein bemerkenswertes Spiel spielten. Dass die Söldner des Erzbischofs ihre Zuhälter waren, mochte kein Zufall sein.
Nutzte Dietrich die Huren zu seinen Zwecken?
Er war gespannt darauf, was Piet herausgefunden hatte.
Sie trafen sich in einem gut besuchten Brauhaus am Kleinen Kriegsmarkt, und bei einem Krug Bier tauschten sie ihre Erkenntnisse aus.
»Ich habe das eine oder andere aufgeschnappt, aber ob du etwas damit anfangen kannst, weiß ich nicht.«
»Lass hören. Manches gewinnt erst an Bedeutung, wenn man mehrere Seiten betrachtet.«
»Also gut. Man erzählt, dass es bis Anfang August eine Waffenruhe gegeben hat, und der Rat der Stadt hat Friedensverhandlungen mit den Bergischen geführt. Aber dann haben die Truppen des Bischofs von Paderborn das Kriegsschiff der Erzbischöflichen
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