Die Gefahr
stellte und einen gewissen Zeitgewinn brachte. Es war eine Maßnahme, die voller Risiken war und die sie gar nicht zu erwähnen wagte, solange es nicht unbedingt notwendig war.
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Wegen der großen Bedeutung von General Harleys Mission verfügte er über eine abhörsichere Einrichtung, um sich per Video-Telekonferenz mit seinen Vorgesetzten im Central Command, im Special Operations Command, im Joint Special Operations Command und, wenn es sein musste, auch im Pentagon abzusprechen. Nun wollte Rapp diese Einrichtung erstmals benutzen. Er wusste genau, wie die Dinge in Washington liefen, und befürchtete deshalb, dass dort manches falsch interpretiert werden würde, wenn er sich nicht an den Gesprächen beteiligte. Deshalb teilte er Irene Kennedy mit, dass er sich in fünf Minuten selbst an den National Security Council wenden wolle, um die Situation darzulegen. Irene wusste nicht recht, ob sie das begrüßen sollte, weil sie Rapps aufbrausendes Temperament kannte.
Rapp kam zwar gut mit dem Präsidenten aus und hatte auch zu General Flood, Verteidigungsminister Culbertson und Sicherheitsberater Haik einen guten Draht, doch er konnte vor allem die Stabschefin des Präsidenten absolut nicht ausstehen, was allerdings durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Außerdem hatte Rapp keinerlei Respekt vor dem Vizepräsidenten und war auch von Außenministerin Berg nicht gerade begeistert. Und was die Leute vom Heimatschutz und vom Justizministerium betraf, so tat er sein Möglichstes, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Wenn er dem Security Council jetzt Bericht erstattete, konnte das unmittelbar zu erheblichen Spannungen zwischen den Mächtigen in Washington führen. Andererseits hatte er angesichts der Brisanz seiner Informationen und des Zeitdrucks die Möglichkeit, den Präsidenten zu einem raschen und entschlossenen Vorgehen zu bewegen.
Letzteres gab für Irene Kennedy schließlich den Ausschlag. Der Präsident hatte Rapps Leistungen öffentlich gewürdigt, doch das war längst noch nicht alles. Rapp war der Mann, auf den sich der Präsident verließ, wenn eine schwierige Aufgabe gelöst werden musste. Er hatte seine Kompetenz und seine Effektivität immer wieder unter Beweis gestellt, und wenn es jemanden gab, der den Präsidenten zu einem entschlossenen Vorgehen überreden konnte, dann war es Rapp.
Der große Bildschirm in der Kommandozentrale war diesmal nicht in drei, sondern in sechs verschiedene Bilder unterteilt. Es war nicht nur Rapp aus Kandahar neu dabei, sondern auf seinen Wunsch auch Skip McMahon und Jake Turbes vom Joint Counterterrorism Center sowie Paul Reimer in der unterirdischen Anlage des Energieministeriums in Germantown.
Irene Kennedy teilte den anderen kurz mit, wer zusätzlich an der Sitzung teilnahm, und forderte dann Rapp auf, mit seinem Bericht zu beginnen.
Rapp unterschied sich schon rein äußerlich von den übrigen Sitzungsteilnehmern. Obwohl niemand sich die Zeit genommen hatte, einen Anzug anzuziehen, so trugen sie doch, mit Ausnahme von General Flood, alle Zivilkleidung, während Rapp einen Arbeitsanzug und eine Einsatzweste trug. Außerdem hatte er sich bestimmt mehr als zwei Tage nicht mehr rasiert, sodass sein Gesicht mit dichten schwarzen Bartstoppeln bedeckt war.
»Vor einigen Stunden«, begann Rapp, »hatten wir noch Grund zur Annahme, dass gestern eine Atomwaffe per Flugzeug irgendwo an der Ostküste ins Land gebracht wurde.« Rapp hielt eine Handvoll Dokumente hoch. »Danach tauchten jedoch andere Informationen auf, und der Terrorist, von dem der erste Hinweis kam, hat inzwischen gestanden, dass er gelogen hat.« Rapp hatte nicht vor, ins Detail zu gehen und den Anwesenden zu verraten, wie er dem Gefangenen diese Information entlockt hatte. Die Leute hier legten wohl auch gar keinen Wert darauf, das in allen grausigen Details zu erfahren.
»Wir verfügen jetzt über schlüssige Informationen, denen zufolge ein Containerschiff mit der Atomwaffe vor zweiundzwanzig Tagen aus Karatschi in Pakistan ausgelaufen ist.«
»Mitch«, sagte der Präsident, »bitte sagen Sie mir, dass das Schiff noch nicht hier angekommen ist.«
»General Flood hat bereits dafür gesorgt, dass sich die Küstenwache um das Problem kümmert. Nach dem Seefrachtbrief, den wir gefunden haben, soll das Schiff irgendwann heute in Charleston ankommen. Es gibt jedoch drei weitere Schiffe, die uns Sorgen bereiten«, fügte Rapp rasch hinzu, bevor jemand etwas einwenden konnte. »Sie sind alle vor ungefähr drei Wochen
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