Die Gefahr
ausgelaufen sind?«, fragte Rapp angespannt.
»Ja«, antwortete der Mann, »fast der ganze Stapel hier.«
Rapps Gesichtszüge wurden hart. Er fragte sich einmal mehr, ob Abdullah ihm die Wahrheit gesagt hatte. »Wie viele Frachtbriefe gibt es, und wie viele sind von Schiffen, die vor ungefähr drei Wochen aus Karatschi ausgelaufen sind?«
Der Analytiker sah auf seinen Aufzeichnungen nach. »Es gibt siebzehn verschiedene Frachtbriefe, die meisten davon für Schiffe, die in Karatschi ausgelaufen sind. Vier davon sind vor rund drei Wochen ausgelaufen, und alle vier sind in die Vereinigten Staaten unterwegs.«
»Wann sollen sie ankommen?«, fragte Rapp weiter.
Der Analytiker wedelte mit dem Dokument, das er in der Hand hielt. »Dieses Schiff kommt heute in Charleston an.« Er legte das Papier auf den Tisch zurück und begann die Dokumente durchzusehen, bis er schließlich ein anderes hervorholte. »Das hier soll ebenfalls heute in New York ankommen, und das hier in Miami – und zwar auch heute noch.« Er blätterte einige Seiten weiter und sagte schließlich: »Und da haben wir noch eines, das heute ankommen soll … in Baltimore.«
Rapp begann zu überlegen, welchen Finger er Abdullah zuerst abschneiden sollte. »Haben Sie auch Luftfrachtbriefe?«
»Nein«, antwortete der Analytiker kopfschüttelnd und zeigte auf den ganzen Tisch, an dem Urdas Leute die Dokumente bearbeiteten, die in Urdu und Paschtu verfasst waren.
»Also gut, Sie machen jetzt Folgendes: Sie faxen alle diese Dokumente an das CTC.«
»Habe ich schon getan. Vor ungefähr einer halben Stunde.«
Rapp war überrascht. »Haben Sie mit ihnen darüber gesprochen?«
»Ja, aber sie haben gerade niemanden im Dienst, der Urdu übersetzen kann.«
»Was?«, fragte Rapp ungläubig.
»Sie haben uns gesagt, wir sollen diese Dokumente über die vermissten pakistanischen Wissenschaftler übersetzen.«
Der Mann wollte noch mehr sagen, doch Rapp ließ ihn nicht ausreden. »Hören Sie … ich will, dass Sie sich im Moment ganz auf diese vier Frachtbriefe konzentrieren. Übersetzen Sie sie jetzt sofort und schicken Sie sie ans CTC. Wenn Sie mehr Leute brauchen, nehmen Sie sie sich. Gute Arbeit, und jetzt los!«
35
MARYLAND
Die abhörsichere Videoverbindung war schon wieder eingerichtet. Die Sitzung des National Security Council würde erst in einer Viertelstunde beginnen, aber die meisten Teilnehmer, darunter auch der Präsident, saßen bereits auf ihren Plätzen. Auf dem großen Bildschirm an einem Ende des Konferenzzimmers sah man an den anderen Konferenzorten die Adjutanten und Berater ein- und ausgehen, um ihren Chefs Informationen zu bringen oder ihnen Ratschläge ins Ohr zu flüstern. Aber auch in Site R herrschte ein aufgeregtes Kommen und Gehen.
Valerie Jones, die Stabschefin des Präsidenten, die direkt gegenüber von Irene Kennedy saß, telefonierte auf einem abhörsicheren Telefon und aß dabei einen Doughnut. Kennedy wartete darauf, dass sie das Gespräch beendete, weil sie mit ihr und dem Präsidenten etwas zu besprechen hatte. Nach dem Gespräch zu schließen, das die Stabschefin führte, war der Pressesprecher des Weißen Hauses am anderen Ende der Leitung. Zum Glück schienen die Medien von der Krise noch nichts mitbekommen zu haben. Man war sich jedoch allgemein darüber im Klaren, dass das nicht so bleiben würde. Irene Kennedy bezweifelte stark, dass sie es bis neun Uhr schaffen würden, ohne dass etwas nach außen drang.
Wie in allen Machtzentralen kamen auch in Washington die Leute zu allen möglichen Gelegenheiten zusammen, um – offiziell oder inoffiziell – über dies und jenes zu sprechen. Es würde nicht unbemerkt bleiben, dass einige wichtige Personen heute Morgen nicht zu ihren routinemäßigen Sitzungen erschienen.
Valerie Jones legte den Hörer auf und atmete erleichtert aus. »So weit, so gut«, sagte sie zum Präsidenten. »Das war Tim.« Sie sprach von Tim Webber, dem Pressesprecher des Weißen Hauses, der um seine Aufgabe, im Weißen Haus die Stellung zu halten, nicht gerade zu beneiden war. Valerie Jones hatte es so entschieden. Die meisten Fernsehberichterstatter trafen schon gegen sechs Uhr ein, während die Zeitungsleute etwa gegen neun Uhr erschienen. Webber würde eventuelle Fragen und Gerüchte bedeutend leichter aus der Welt schaffen können, wenn er persönlich anwesend war und dies nicht telefonisch erledigen musste.
»Noch kein Anruf von den Medien bis jetzt«, fügte die Stabschefin hinzu.
Der Präsident
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