Die gefangene Braut
Schlägen gestorben.
Scheich Ali Hejaz würde es nicht gut aufnehmen, daß diese Frau geschlagen worden war. Christina Wakefield war Scheich Ali in mehr als einer Hinsicht wichtig, und er hatte strikte Anweisung gegeben, daß ihr nichts zustoßen dürfe.
Cassim würde seine Strafe bekommen, wenn sie ins Lager zurückkehrten – und das wußte er genau. Aber jetzt mußten sie sich beeilen. Ein offener Kampf auf Scheich Abus Boden widersprach den Plänen, und Amair wollte einem Zusammenstoß mit diesem großgewachsenen Mann aus dem Wege gehen. Es hätte den sicheren Tod bedeutet.
Einige Momente waren vergangen, seit der junge Mann Christina umgedreht hatte. Er hatte ihr ins Gesicht gesehen, und sie konnte das Mitleid in seinen braunen Augen erkennen. Was würde jetzt geschehen? Vielleicht würden sie sie nicht mehr schlagen – jedenfalls im Moment nicht. Christina zuckte instinktiv vor dem Mann zurück, als er sich herunterbeugte, um sie aufzuheben. Er trug sie zu den Pferden, setzte sie auf seinen kleinen Araber und stieg hinter ihr auf. Die drei anderen Männer saßen bereits auf ihren Pferden und warteten, und alle ritten im Galopp los.
Christina schloß die Augen, als sie an Ahmads Leiche vorbeikamen. Der arme Ahmad. Er war kaum älter als sie, und jetzt war sein Leben zu Ende. Die vier Männer ließen Raven und Ahmads Pferd zurück. Wenn es Diebe waren, warum nahmen sie dann nicht auch ihre Pferde mit?
Wer waren sie überhaupt? Sie hätten sie unmöglich als Frau erkennen können, nicht in ihrer Reitkleidung. Warum also hatten sie nicht auf sie geschossen? Die Männer konnten nicht zu ihrer Rettung gekommen sein, denn niemand wußte, daß sie hier war. Und wenn sie vorhatten, sie zu ihrem Bruder zurückzubringen, dann hätten sie sie nicht geschlagen. Sie konnte sich die Zusammenhänge einfach nicht zusammenreimen.
Diese Männer mußten dem benachbarten Stamm angehören, vor dem Philip sie gewarnt hatte. Würden sie sie alle benutzen und sie dann in die Sklaverei verkaufen? Philip würde sie niemals finden.
Philip, wo bist du? Du mußt mich finden! Wie konnte sie bloß so etwas denken! Wollte sie Philip denn nicht längst verlassen?
Zumindest wird mein neuer Herr niemals die Macht über mich haben, mich mit seinen Berührungen schwach zu machen, so, wie es Philip gelungen ist. Keinem anderen Mann wird es gelingen, derart mein Verlangen wachzurufen, wie es Philip gelungen ist. Plötzlich wurde ihr klar, was sie gerade in Gedanken gesagt hatte.
Ich liebe ihn! Ich habe ihn die ganze Zeit über geliebt und es nie auch nur gewußt! Christina, du bist ein Dummkopf, eine dumme kleine Närrin! In all diesen Monaten hast du dich gegen Philip gewehrt und darum gebetet, daß er dich nach Hause schickt, und während all dem hast du ihn die ganze Zeit geliebt. Vielleicht siehst du ihn nie wieder, und Philip glaubt immer noch, daß du ihn haßt.
Aber was ist, wenn er mich nicht sucht? Was, wenn er froh ist, daß ich fort bin, daß er mich los ist? Kann ich ihm das vorwerfen – so, wie ich mich ihm gegenüber benommen habe? O nein, er muß mich holen, er muß mich retten, damit ich ihm sagen kann, wie sehr ich ihn liebe. Und er muß mich bald finden, ehe es zu spät ist!
Als Yasir gestorben ist und ich Philip trösten wollte, hätte mir klar sein müssen, daß ich Philip liebe. Ein solcher Alptraum war nötig, damit ich die Wahrheit erkenne, und jetzt ist es vielleicht zu spät. O Gott, gib mir noch eine Chance!
Es wurde jetzt dunkel, und sie ritten immer noch, als sei ihnen der Teufel auf den Fersen. Auch das ergab keinen Sinn. Wenn diese vier Männer dem benachbarten Stamm angehörten, von dem Philip gesprochen hatte, hätten sie in die Berge reiten müssen, und sie hätten längst das Lager erreicht.
Sie mußte sich irren. Sie waren am Fuß des Gebirges entlanggeritten, aber als jetzt der Mond herauskam und ihnen den Weg beleuchtete, kehrten sie in die Wüste um. Wohin brachten sie sie? Und was würde aus ihr werden, wenn sie dort ankamen?
Christina erinnerte sich daran, wie sie sich vor langer Zeit die selben Fragen gestellt hatte, aber damals war Philip ihr Entführer gewesen. In den ersten Wochen, nachdem er sie in sein Lager gebracht hatte, hatte sie ihn wirklich gehaßt. Er hatte ihr alles genommen, was sie liebte. Er hatte alles so manipuliert, daß sie in dieses Land gekommen war. Aber jede junge Frau läßt bei ihrer Heirat alles zurück, was sie bis dahin gekannt hat. Es dauert eine Weile, ehe man
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