Die gefangene Braut
im Sand verweht waren. Philip folgte der Fährte mit einer Geschwindigkeit, die Victory bisher noch nie erreicht hatte. Immer wieder sah er Christinas verängstigtes Gesicht vor sich, und er betete darum, sie rechtzeitig zu finden, ehe die Männer sie vergewaltigten und sie anschließend verkauften.
Er hätte niemals zulassen sollen, daß sie in die Wüste ritt. Wenn er ihre Bewegungsfreiheit auf das Lager beschränkt hätte, wäre sie jetzt da, und er müßte nicht um ihr Leben bangen. O Gott, laß mich sie rechtzeitig finden!
Philip wurde ganz krank ums Herz, als er versuchte, sich vorzustellen, wie sein Leben ohne Christina aussehen würde. Er sah das Bett, das er mit ihr geteilt hatte, leer vor sich, das leere Zelt, das er in letzter Zeit so gern betreten hatte, ihren schönen, zarten Körper, der ihn so sehr in Versuchung führen konnte. Wie sollte je eine andere Frau Christinas Platz einnehmen? Der Gedanke, sie nie wiederzusehen, war ihm schier unerträglich.
Er mußte sie lieben, wenn er so empfand!
Philip hatte nie geglaubt, daß er sich je verlieben würde. Was für ein Narr war er gewesen! Aber was war, wenn er Christina nicht fand? Oder noch schlimmer – wenn sie nicht gefunden werden wollte? Er würde sie finden oder bei dem Versuch, sie zu finden, sterben, und er würde sie zwingen, mit ihm zurückzukehren. Lieber wollte er mit ihrem Haß leben als ohne sie. Vielleicht würde sie ihn eines Tages doch noch lieben lernen.
Philip dankte dem Himmel für den Vollmond, der ihm genug Licht gab, um den Spuren zu folgen. Die Stunden vergingen langsam und waren von peinigenden Gedanken angefüllt, und die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Philip das Lager eines Wüstenstammes in der Ferne vor sich sah. Die Spuren, denen er folgte, führten direkt zu dem Lager. Jetzt dauert es nicht mehr lange, Christina, dachte er. Ich werde dich finden und nach Hause bringen.
Philip ritt langsam in das Lager hinein. Etliche Männer kamen auf ihn zu, als er Victory mitten im Lager zum Stehen brachte.
»Ich suche vier Männer und eine Frau«, sagte Philip auf Arabisch. »Sie sind hier vorbeigekommen, oder?«
»Du befindest dich am richtigen Ort, Abu Alhamar. Du wirst jetzt absteigen und mit mir kommen.«
Philip drehte sich zu dem Mann um, der gesprochen hatte. Eine Flinte war auf seinen Rücken gerichtet und ließ ihm kaum eine Wahl. »Woher weißt du, wer ich bin?«
»Du wirst erwartet. Komm mit.«
Philip stieg ab, und der Mann stieß ihn mit der Flinte zu einem Zelteingang. Weitere bewaffnete Männer liefen hinter ihm her und waren bereit, auf die kleinste Bewegung von seiner Seite aus zu reagieren. Woher zum Teufel wissen sie, wer ich bin? fragte sich Philip.
Ein alter Mann, der am hintersten Ende des Zeltes saß, stand auf und musterte Philip. »Du hast nicht lange gebraucht, um hierherzukommen, Scheich Abu. Auf diesen Moment habe ich lange gewartet.«
»Was zum Teufel soll das alles heißen?« fragte Philip. »Woher weißt du, wer ich bin? Ich habe dich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.«
»Du hast mich gesehen, aber daran erinnerst du dich sicher nicht. Vielleicht hast du von mir gehört? Ich bin Ali Hejaz, der Scheich dieses Stammes und der Onkel von Rashid, deinem Halbbruder. Weißt du jetzt, wer ich bin?«
»Ich habe deinen Namen gehört, aber das ist auch schon alles. Warum hast du mich erwartet?«
»Oh, ich sehe, daß dein Vater dir die Wahrheit verschwiegen hat. Dann muß ich dir eben die ganze Geschichte erzählen, damit du verstehst, warum ich dich töten werde, um den Tod meiner Schwester zu rächen.«
»Du mußt verrückt sein«, sagte Philip lachend. »Ich habe dir nichts getan. Warum willst du meinen Tod?«
»Ich bin nicht verrückt, Abu Alhamar.« Ali Hejaz sprach mit ruhiger Stimme und kostete den Moment seines Triumphes aus. »Du wirst bald erfahren, warum du sterben mußt. Ich wußte, daß du mir in die Falle gehen würdest, denn ich habe deine Frau in meiner Gewalt.«
»Wo ist sie?« fragte Philip aufbrausend. »Wenn du ihr etwas angetan hast … «
»Alles zu seiner Zeit, Abu«, fiel ihm Ali Hejaz ins Wort. »Du kannst sie später sehen, wenn auch zum letztenmal. Bange nicht um sie, denn ihr wird in meinem Lager nichts zustoßen. Ich bin Christina Wakefield dankbar, weil sie dich meiner Rache ausgeliefert hat. Später werde ich sie dann zu ihrem Bruder zurückbringen und die Belohnung kassieren.«
»Woher weißt du von ihr?« fragte Philip.
»Du stellst so viele Fragen!
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