Die gefangene Braut
ich damit gerechnet, dich in den Armen eines anderen Mannes vorzufinden.«
»Ich hasse dich!« schrie Christina, und ihre Augen nahmen ein dunkles, bewölktes Blau an.
»Mir ist durchaus bewußt, wie du zu mir stehst. Wenn du mich so sehr haßt, warum willst du dann meinen Sohn behalten? Jedesmal, wenn du ihn ansiehst, wirst du mich in ihm sehen.«
»Er ist schließlich auch mein Sohn! Neun Monate lang habe ich ihn ausgetragen. Ich habe die Schmerzen durchgemacht, die es bedeutet, ein Kind zu gebären. Ich gebe ihn nicht her! Er ist ein Teil von mir, und ich liebe ihn!«
»Noch etwas anderes verwundert mich. Wenn du mich so sehr haßt, weshalb bist du dann nach Victory gegangen, um meinen Sohn auf die Welt zu bringen?«
»Ich wußte nicht, daß es dein Haus ist, als ich dort hinging. Ich wollte nicht hierbleiben, und daher hat Johnsy, meine alte Amme, vorgeschlagen, daß ich zu ihrer Schwester gehe, die nun mal zufällig deine Köchin ist. So bin ich nach Victory gekommen. Woher hätte ich denn wissen sollen, daß es dein Gut ist?«
»Das muß eine gewaltige Überraschung für dich gewesen sein«, höhnte Philip. »Warum bist du nicht wieder abgereist, als du die Wahrheit herausgefunden hast?«
»Emma hat darauf bestanden, daß ich bleibe. Und jetzt habe ich dazu nichts mehr zu sagen«, erwiderte sie. »Du mußt jetzt gehen, Philip. Es ist Essenszeit für den Kleinen.«
»Dann stille ihn doch. Es ist reichlich spät für falsche Scham von deiner Seite, Christina. Der Körper, der unter deinem Kleid verborgen ist, ist mir sehr wohl vertraut.«
»Du bist unmöglich! Du hast dich kein bißchen verändert!«
»Nein, aber du. Du warst aufrichtiger.«
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst.« Sie ging auf ihre Schlafzimmertür zu. »Ich schlage vor, du läßt dir von jemandem dein Zimmer zeigen. Deinen Sohn kannst du später wiedersehen – wenn du es wünschst.«
Sie setzte sich in der hintersten Ecke ihres Zimmers auf einen Stuhl und legte Philip junior auf ihren Schoß, während sie ihr Mieder aufknöpfte. Doch sie konnte Philips Gegenwart weiterhin spüren, und als sie aufblickte, stand er im Türrahmen und starrte sie gebannt an.
»Bitte, Philip! Das Kinderzimmer steht dir offen, aber das hier ist mein Zimmer. Ich hätte gern eine gewisse Privatsphäre – wenn du nichts dagegen hast.«
»Bringe ich dich in Verlegenheit, Christina? Hast du bisher noch nie deine Brüste vor einem Mann entblößt?« spottete er. »Ich schlage vor, du hörst jetzt auf, dich empört zu geben, und stillst endlich meinen Sohn. Er hat Hunger, oder etwa nicht?«
»Oh!« Sie entschloß sich, ihn zu ignorieren, und sie hoffte, er würde gehen. Sie zog ihr Kleid auf einer Seite herunter und legte Philip junior an die Brust. Er trank gierig und stützte sich dabei mit einer seiner winzigen Fäuste ab. Ihr war bewußt, daß Philip ihr immer noch zusah.
»Christina, was tust du da?« kreischte Johnsy, die durch die andere Tür ins Zimmer gekommen war und Philip sah.
»Schon gut, Johnsy. Beruhige dich«, sagte Christina gereizt. »Das ist Philip Caxton.«
»Sie sind also der Vater von Philip junior«, fauchte Johnsy, die sich zu Philip umdrehte. »Sie haben vielleicht Nerven, hierherzukommen – nach allem, was Sie meiner Kleinen angetan haben.«
»Ach, Johnsy, sei still! Du hast jetzt schon mehr als genug gesagt!« schnitt ihr Christina das Wort ab. Philip fing an zu lachen, und sie zuckte zusammen, denn sie wußte ganz genau, was ihn so sehr belustigte. »Das ist ein gängi-
ger Name, verdammt noch mal! Ich brauche dir keine Erklärungen abzugeben!« Philip junior fing wieder an zu schreien.
»Scheren Sie sich hier raus, Mr. Caxton. Sie stören Crissy und Ihren Sohn«, schalt Johnsy. Sie schloß die Tür hinter Philip, aber Christina konnte sein Lachen immer noch hören. Eilig schloß Johnsy die andere Tür und sah dann kopfschüttelnd Christina an. »Er ist also doch gekommen – wußte ich es doch. Weiß Master John, daß er da ist?«
»Ja. John hat beschlossen, Philip als Besuch hier aufzunehmen. Und Tommy weiß es auch. Philip ist in dem Moment ins Zimmer gekommen, als ich Tommy meine Einwilligung zur Heirat gegeben habe. Oh, Johnsy, was soll ich bloß tun?« Christina fing an zu weinen. »Er ist wegen seines Sohnes gekommen – nicht meinetwegen! Philip ist so kalt zu mir, und wie soll ich es ertragen, ihn und Estelle zusammen zu sehen?«
»Es wird alles gut ausgehen, Miß Crissy – du wirst es ja sehen. Und jetzt hörst
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