Die gefangene Braut
drehte sich Christina um. Sie hatte Philips Anwesenheit im Zimmer unbewußt wahrgenommen, aber als sie ihn an der Tür stehen sah, sagte sie kein Wort. Sie wandte sich wieder Philip junior zu, hob ihn aus der Wiege und setzte sich in einer Ecke des Zimmers in einen Schaukelstuhl. Langsam knöpfte sie ihr Nachthemd auf.
Ihr Schweigen erzürnte Philip. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie ihn angeschrien hätte. Aber sie ignorierte ihn vollständig.
»Du hast nicht lange gebraucht, um deinen Anstand wieder zu verlieren«, bemerkte er boshaft.
»Du hast dich gestern deutlich ausgedrückt, Philip. Ich könnte dir nichts zeigen, was du nicht längst gesehen hast«, sagte Christina ruhig, und sie warf ihm dieses Halblächeln zu, das nicht bis zu ihren blauen Augen reichte.
Er lachte. Heute morgen konnte er sie nicht aus der Fassung bringen. Er sah zu, wie sein Sohn gierig an Christinas Brust trank, und dieser Anblick ergriff ihn. Das war sein Kind, und das war die Frau, die er nach wie vor haben wollte. Er weigerte sich, seine Niederlage zu akzeptieren. Er würde einen Weg finden, sie beide zu bekommen.
»Er hat großen Appetit. Brauchst du keine Amme?« fragte Philip.
»Ich habe genug Milch, um seinen Bedarf zu decken. Philip junior wird bestens versorgt«, sagte sie angespannt.
Philip seufzte inbrünstig. »Ich wollte nicht andeuten, du seist keine gute Mutter. Die Mutterschaft scheint dir zu bekommen, Christina. Du gehst ganz ausgezeichnet mit meinem Sohn um«, sagte Philip zart, und er spielte mit ei-
ner Strähne ihres Haares, die über die Stuhllehne gefallen war.
»Danke«, flüsterte sie.
»Wo hast du ihn taufen lassen?« fragte Philip, um etwas zu sagen. Er wollte nicht gehen, und er glaubte, etwas sagen zu müssen, um Christina nicht nervös zu machen, indem er einfach wortlos hinter ihr stehenblieb.
»Er ist noch nicht getauft«, sagte Christina.
»Gütiger Himmel, Christina! Er hätte einen Monat nach seiner Geburt getauft werden müssen. Worauf hast du noch gewartet?« fragte er aufbrausend, und er kam um den Stuhl herum, um ihr Gesicht zu sehen.
»Verdammt noch mal – hör auf, mich anzuschreien! Ich habe einfach nicht daran gedacht, das ist alles. Ich bin es nicht gewohnt, Kinder zu kriegen«, erwiderte sie genauso zornig, wie er es war, und ihre Augen nahmen ein dunkles Saphirblau an.
»Der Junge wird noch heute morgen getauft – mach dich sofort fertig und den Jungen auch!« brüllte Philip. Christina wollte widersprechen, aber sie wußte, daß es zwecklos war. Philip stürmte aus dem Zimmer.
Philip arrangierte alles für die Taufe, und Christina blieb vor Schreck der Atem aus, als der Junge eine Stunde später auf den Namen Philip Caxton, junior, getauft wurde.
»Du hattest kein Recht, das zu tun«, fauchte sie Philip auf dem Rückweg in der Kutsche an.
»Ich hatte durchaus das Recht – ich bin sein Vater«, erwiderte Philip grinsend.
»Du bist rechtlich gesehen nicht sein Vater – zwischen uns sind keine Gelübde gesprochen worden. Verdammt noch mal! Der Junge heißt Philip Junior Wakefield, und so steht es auch auf seiner Geburtsurkunde.«
»Das läßt sich leicht ändern, Christina.«
»Vorher müßtest du das Original des Dokumentes finden. Er ist mein Sohn, und er wird meinen Namen tragen, nicht deinen!«
»Und wenn du heiratest, hast du dann etwa die Absicht, ihm den Namen deines Mannes zu geben?«
»Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber wenn Tommy ihn adoptieren will, ja, dann wird er seinen Namen tragen.«
»Ich lasse nicht zu, daß dieser junge Trottel meinen Sohn aufzieht«, fuhr Philip sie mit finsterem Blick an.
»In dieser Angelegenheit hast du nichts mehr zu sagen, Philip. Tommy wird ihm ein guter Vater sein.« Sie glaubte ihren eigenen Worten nicht so recht.
»Das werden wir ja sehen«, murmelte Philip.
Als sie nach Hause kamen, war John außer sich vor Sorge. Beide wußten, weshalb er sich Sorgen machte.
Christina legte Philip junior ins Bett. Dann ging sie in ihr Zimmer, und durch die offene Tür hörte sie, daß Philip sein Zimmer betrat. Seine Stimme war deutlich zu vernehmen, und die Worte, die er sagte, bewirkten, daß sie regungslos stehenblieb.
»Was tust du denn hier? Deine Schwester würde dir etwas erzählen, wenn sie wüßte, daß du dich im Zimmer eines Mannes herumtreibst.«
»Sieh mich nicht so entsetzt an, Philip. Du mußt es schließlich gewöhnt sein, Damen in deinem Schlafzimmer zu empfangen«, sagte Estelle mit
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