Die Gefangene des Elfen 2: Insel des Vergessens (Elven Warrior Series) (German Edition)
vorzuziehen?"
Elathan antwortete nicht. Igraine spürte eine Woge des Schmerzes durch ihre Seele fahren und wusste, es war nicht ihr eigener, sondern der seine. Der Prinz nickte schwach in ihre Richtung. "Sieh, Einhorn. Ich habe dir eine Überraschung mitgebracht. Das ist Lady Igraine. Ihr werdet euch mögen. Sie braucht deinen alten Zauber zu ihrem Schutz." Dann hob er den Kopf und starrte Aon direkt in die Augen. "Doch sei vorsichtig, Drachensohn. Sollte ihr irgendein Leid wiederfahren, wird dein Horn schon bald die Wand meines Schlafgemachs schmücken."
Das Lachen des Einhorns klang wie eine goldene Glocke, hallte von den hohen Höhlenwänden wider. "Als könntet Ihr mich überraschen! Ich spürte bereits, dass Euch diese Menschenfrau am Herzen liegt, Sire. Nach all dieser Zeit! Eine menschliche Liebessklavin, im Blute verbunden mit einem Elfenprinzen - vereint mit Körper und Seele. Nie dachte ich, so etwas je wieder zu sehen."
Igraine fröstelte, als Aon sie mit seinen Schlangenaugen musterte. Still betete sie, dass er schon zu Abend gegessen hatte.
Als er langsam den Kopf senkte, kam ihr das Horn bedrohlich nahe. Igraine spürte, wie sich Elathans Körper neben ihr anspannte. Seine Hand griff nach dem Heft seines Schwertes – bereit, es im Handumdrehen zu ziehen. Sehr sanft aber berührte Aon sie mit der scharfen Spitze an ihrer Brust, geradewegs über ihrem Herzen. Igraine fühlte, wie der Geist des Geschöpfs in sie eindrang und nach dem tiefsten Inneren ihrer Selbst griff. Schließlich schien das Einhorn gefunden zu haben, wonach es gesucht hatte.
"Du hast ein reines Herz, Menschenfrau", flüsterte seine tiefe Stimme in ihren Kopf. "Wusstest du, dass dies der einzige Köder ist, den man braucht, um ein Einhorn einzufangen? Auf dieselbe Art hast du schließlich den Prinzen gebändigt." Sie hörte ihn kichern, bevor er hinzufügte: "Doch ich spüre, dass du ihn nicht nur begehrst, sterbliche Menschenfrau. Du liebst ihn."
Es schien sinnlos, ein Einhorn mit hellseherischen Fähigkeiten anzulügen, besonders, da es beschlossen hatte, einen Spaziergang durch ihren Geist zu unternehmen.
"Ja", flüsterten ihre Gedanken. "Ich werde ihn für immer aus ganzem Herzen lieben. Selbst wenn er mich wegschickt, um eine andere Gefährtin zu wählen, jemanden, der ihm würdiger ist. Selbst wenn er mich tötet." Ihr Herz fühlte sich an, als würde es brechen, weinte stumme Tränen in den dunkelsten Winkeln ihrer Seele.
"Also würdest du für ihn sterben, Menschenfrau?" fragte die Stimme des Einhorns.
Sie zögerte nicht, bevor sie antwortete. "Ja", sagte sie, sprach es dieses Mal laut aus. Sie hatte nicht bemerkt, dass Elathan einen Arm um ihre Hüfte gelegt hatte, um sie aufrecht zu halten, während das Einhorn mit ihr sprach. Er konnte nicht hören, was Aon zu Igraine sagte, doch er spürte ihren Schmerz und warf seinem Freund einen vorwurfsvollen Blick zu, um ihn wissen zu lassen, dass diese Sterbliche seinem Schutz unterstand.
"Dann werde ich dir die Zukunft zeigen, Igraine", fuhr Aon in ihrem Geiste fort. "Doch bist du bereit, dieses Wissen zu ertragen? Es mag dir nicht gefallen, was du siehst. Und du wirst den Lauf seines Schicksals nicht ändern."
"Zeige es mir", entgegnete Igraine. "Ich muss es wissen."
"Dann öffne dich mir." Sie spürte den Geist des Einhorns tiefer in ihre Seele wandern und noch mehr Macht über sie erlangen. "Um aber Elathans Zukunft zu verstehen, wirst du zuerst die Vergangenheit sehen müssen."
Ihr blieb keine Zeit, sich auf den Angriff des Einhorns vorzubereiten. Aon übernahm die Kontrolle über ihre Sinne, sperrte die Welt und jeden anderen Gedanken aus. Die Gewalt, mit der sie sein alter Geist beherrschte, war so überwältigend, dass sie es kaum ertragen konnte. Sie versuchte, sich auf seine mächtige Stimme zu konzentrieren, die vor ihrem geistigen Auge Szenen und Bilder heraufbeschwor. Es war, als sei sie direkt dort, eine unsichtbare Zeugin, die alles sehen und hören und doch nichts berühren konnte.
"Die Königin starb kurz nach Elathans Geburt", begann Aon. "König Bres wurde von Trauer übermannt, und sein Herz war gebrochen." Igraine fühlte sich an den Königshof der Elfen versetzt. Sie stand in der großen Halle des Schlosses direkt vor dem Thron des Königs auf seinem Podium, bedeckt mit goldenen und silbernen Blättern. Sie sah sein bleiches, schönes Gesicht, das dem Elathans so ähnlich war. Doch seine leeren Augen starrten in die Ferne, bar jeglicher
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