Die Gefangene des Elfen 2: Insel des Vergessens (Elven Warrior Series) (German Edition)
das er gegen mich verwenden kann. Erfährt er von der tiefen Verbindung, die wir teilen, so wird er versuchen, dir zu schaden, dich sogar zu töten. In der Öffentlichkeit werde ich mich dir gegenüber also gleichgültig verhalten, und du wirst meine menschliche Sklavin sein, die mich zu meinem persönlichen Vergnügen begleitet. Zumindest, sofern du mich überhaupt begleitest. Ich frage mich, ob ich dich nicht von all dem fernhalten soll?"
"Und was sollte ich ohne dich tun, allein in einer Welt, die meine Rasse als minder und wertlos erachtet? Nein. Ich werde hingehen, wo du hingehst, was auch immer das bedeutet."
Elathan nickte, antwortete allerdings nicht. Dennoch zog er sie näher an sich, während er das Pferd zu einem so schnellen Galopp antrieb, dass sie dahinzufliegen schienen. Calatin folgte ihnen dicht auf seinem eigenen Hengst. Für eine Weile ritten sie schweigend weiter, und Igraine begann, sich schläfrig zu fühlen. In diesem Augenblick hätte es sie kaum weniger interessieren können, was mit ihr in Zukunft geschehen mochte.
Welche Ironie des Schicksals, dass sie ausgerechnet jetzt, wo sie einen Grund zum Leben gefunden hatte, zum Tode verdammt war. Aber sie bereute ihre Entscheidung nicht. Ihre schlimmste Angst galt nicht sich selbst, sondern ihm. Nichts war so schrecklich wie die Aussicht, weiterleben zu müssen, nachdem dieses starke Elfenherz zu schlagen aufgehört hatte. Niemals wieder seine Berührung zu spüren. Nie wieder seine Stimme zu hören, selbst wenn er ihr befehlen sollte, ihn für immer zu verlassen.
Vielleicht hatte das Einhorn sich doch geirrt, was ihren Tod anging. Nun, irgendwann würde es ohnehin geschehen. Er würde sie fortschicken. Doch dann würde sie zumindest wissen, dass er am Leben war. Nachdem sie ihr Blut geteilt hatten, war er ein Teil von ihr, und sie würde seine Gegenwart fühlen, solange sie lebte. Sie würde wissen, ob er glücklich war oder Schmerz verspürte, ob er amüsiert oder wütend war. Es würde ihr genügen müssen, einfach nur diese Verbindung im Innersten ihrer Seele zu fühlen.
Igraine musste lange geschlafen haben, denn als sie die Augen öffnete, standen sie am Gipfel eines Hügels. Sie sahen auf etwas hinab, das ihr auf den ersten Blick wie ein endloser Ozean erschien, ein Meer herrlichsten blauen Wassers. Elathan und Calatin unterhielten sich in ihrer Sprache, ihre melodischen Stimmen tief und ruhig. Als sie aber ins Gesicht des Prinzen blickte, war es angespannt vor Sorge und Wut. Offenkundig gefiel ihm nicht, was Calatin ihm erzählte, und zweifellos betraf es die Geschehnisse am Hof.
Sie beschloss, Elathan später darauf anzusprechen und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die eindrucksvolle Landschaft, die sich vor ihren Augen auftat. Als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass es sich nicht um Wasser handelte, sondern um endlose Felder aus Gras, die sich von Horizont zu Horizont erstreckten. Nur wenige sanfte Hügel lenkten den Blick von der verstörend gleichmäßigen Aussicht ab. Erstaunlicherweise war es kein Grün, sondern ein schillernder Türkiston. Die Farbe veränderte sich ständig, wenn der Wind darüber strich und sanfte Wogen bildete, einige in hellen, silbrigen Tönen, andere so dunkel, dass sie nahezu schwarz wirkten. Igraine war sich fast sicher, dass Farben wie diese in ihrer Welt unmöglich waren, doch was sie sah, konnte sie nicht leugnen.
Plötzlich erinnerte sie sich an etwas, das ihre Großmutter ihr einst erzählt hatte, über einen Traum aus jungen Jahren. Es war kurz nach dem Tode ihres Vaters gewesen, und er war ihr im Schlaf erschienen. Er hatte auf einem Hügel gestanden und seiner Tochter mit einer stummen Geste die Ländereien auf der anderen Seite gezeigt. Da wusste sie, er war glücklich an dem Ort, an dem er nun lebte. Großmutter hatte geschworen, dort Farben gesehen zu haben, die auf Erden schlichtweg nicht existierten.
Für einen Augenblick fragte sich Igraine, ob sie schon tot war. Vielleicht erinnerte sie sich einfach nicht mehr daran, dass sie tatsächlich von der Brücke gesprungen war. Möglicherweise befand sie sich bereits in dem Land, von dem Großmutter gesprochen hatte, unwissend, dass sie die Grenze ins Jenseits überschritten hatte. Oder sie war einfach nicht gewillt, zu akzeptieren, was geschehen war.
Ein Schauer lief ihren Rücken hinunter, und sie fühlte, wie sich Elathans Körper im Sattel hinter ihr versteifte. Zweifellos spürte er ihren plötzlichen Kummer, und instinktiv
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