Die Gefangene des Highlanders
und hatte dabei laut vor sich hingeredet. Man hatte Flüche gehört, Verwünschungen, Gejammer, Anklagen. Auf die flehendlichen Bitten seiner Frau und seiner Tochter Fia blieb er scheinbar ungerührt, er keifte sie an, schickte sie fort und rief dann doch immer wieder nach den Wächtern um zu erfragen, was sich draußen vor den Toren der Burg tat.
„Herr, sie ist vom Pferd gestiegen und hat sich schlafen gelegt.“
„Dass keiner es wagt, das Tor zu öffnen!“
„Aber es stehen Leute vor dem Tor, Herr. Bauern aus den Dörfern, die Holz und Fleisch bringen, auch wollen unsere Jäger aus der Burg reiten …“
David verzog das Gesicht, denn er hatte die linke Hand zur Faust geballt, und Schmerz durchzuckte dabei den Arm.
„Dann öffnet einen Torflügel und achtet darauf, dass sie nicht in die Burg hineinkommt. Mit euren Köpfen haftet ihr mir dafür, dass sie die Burg nicht betritt – habt ihr verstanden?“
„Ja, Herr …“
Flora trat in das Turmzimmer, brachte die Morgensuppe und heizte den Ofen an.
„Was hast du vor, David? Soll sie draußen von den Wölfen gefressen werden?“
„Schweig, Weib“, zischte er sie wütend an.
Aber die sonst so sanfte Flora war dieses Mal nicht so leicht zu beeindrucken.
„Willst du, dass jeder Knecht, der des Weges kommt, über sie herfallen darf? Dein eigen Fleisch und Blut?“
„Ich kenne sie nicht. Sie ist nicht mehr meine Tochter!“
Da warf Flora ihm das Tongeschirr mit der Morgensuppe vor die Füße, dass die Scherben durch den Raum flogen und die heiße Suppe über seine Schuhe floss.
„Meine Tochter ist und bleibt sie, solange ich lebe!“, rief sie zornig. „Und wenn du nicht den Befehl gibst, das Tor zu öffnen, dann werde ich selbst es tun!“
David starrte sie verblüfft an, denn es war das erste Mal in ihrer langen Ehe, dass Flora sich seinen Befehlen widersetzte. Dann spürte er die Hitze, die durch sein Schuhwerk drang, und er humpelte wehleidig zu seinem Stuhl, um sich die Schuhe von den Füßen zu streifen. Doch auch das wollte nicht gelingen, denn das Bücken fiel ihm zu schwer, schon seit Wochen waren es Flora und Fia, die ihm die Schuhe an- und auszogen.
Er wankte zum Turmfenster, lehnte sich gegen den Fenstersims und sah hinaus. Unten auf dem Burghof hatte man einen der Torflügel geöffnet, Wagen wurden in den Burghof hineingezogen, Mägde und Knechte standen beieinander, ließen die Arbeit ruhen und redeten. Auch einige seiner Ritter waren trotz der frühen Morgenstunde bereits auf den Füßen, und er hörte, was sie miteinander schwatzten.
„Wahrscheinlich ist sie heimlich aus der Burg geflohen.“
„Oder Braden MacDean hat sie rausgeworfen!“
„Am Ende war er froh, die Kratzbürste wieder los zu sein.“
„Oh ja, sie ist eine harte Nuss, an der sich mancher die Zähne ausbeißen kann.“
„Aber sie hat einen süßen Kern, die hübsche Marian.“
„Und die Schale ist auch nicht zu verachten!“
„Vielleicht wird sie jetzt weniger stolz sein, da sie Braden MacDeans Liebchen gewesen ist?“
Der Burgherr spürte, wie der Zorn durch seine Adern schoss, diese verfluchten Kerle würden ihr loses Maul recht bald zu bereuen haben. Dann erhob sich plötzlich ein Tumult am Tor, und er begriff, dass es Marian sein musste, die energisch Einlass begehrte.
Flora eilte durch die Umstehenden, Fia an ihrer Seite, dann entstand am Toreingang ein Geschiebe und Gedränge, er sah seine Wächter, die hilflos dastanden und nicht wagten, die Burgherrin an ihrem Tun zu hindern. Dann erblickte er den roten Haarschopf seiner Tochter Marian, und seine Beine zitterten so, dass er sich am Fenstersims festklammern musste. Sie war in der Burg, diese verfluchte, sture Person, und es gab für ihn nur zwei Möglichkeiten, mit der Lage fertigzuwerden. Entweder er sperrte sie bis ans Ende seiner Tage ins Burgverlies – oder er musste sich ihr stellen.
Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, denn schon nach kurzer Zeit hörte er jene festen, raschen Schritte auf der Treppe, die unverwechselbar zu seiner Tochter Marian gehörten.
„Ich bin wieder da“, sagte sie, noch auf der Schwelle stehend. „Und ich habe mit dir zu reden, Vater.“
Sie war schöner als je zuvor, stellte er zornig fest. Reifer, weiblicher, die Züge ausgeprägter, der Blick ruhiger, die Bewegungen bewusster – Braden MacDean hatte sie zur Frau gemacht. David MacAron wünschte ihn dafür zum Teufel
„Ich rede nicht mit einer Verräterin!“, giftete er sie an.
Marian ging mit
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