Die Gefangene des Highlanders
Land zu ziehen? Sein Mütchen hatte er kühlen müssen, auf Abenteuer war er ausgeritten, anstatt daheim seine Aufgaben zu erfüllen. Robin war immer zu unüberlegt gewesen – er hätte die energische Hand des älteren Bruders gebraucht. Warum hatte der Dummkopf nicht um Fia angehalten, anstatt sich mit ihr im Wald zu treffen? Jahrzehntelang waren die MacDeans und die MacArons gute Freunde gewesen – auch war er, Braden, mit Marian MacAron verlobt worden.
Nun, um die Verlobung tat es ihm am wenigsten leid. Nicht dass er die kleine Marian nicht gemocht hätte. Sie war bezaubernd frech und eine kleine Wilde, er hatte oft über sie gelacht. Aber nach Heirat stand ihm sowieso nicht der Sinn.
Die Stimme des jungen Swan riss in aus seinen Gedanken.
„Die Knechte des alten MacAron sind auch über uns hergefallen, Herr. Sie haben mir Vater und Mutter getötet, und was mit Aisleen geschah, könnt ihr mit eigenen Augen sehen. Es ist eine Schande und eine Sünde. Was werdet Ihr tun, Herr?“
Es klang erwartungsvoll. Der junge Bursche war voller Hass und hoffte auf Vergeltung, soviel war klar. Braden sah in Swans helle Augen und fühlte sich machtlos. Er war allein, niemand würde ihm zur Seite stehen. Seine Eltern, Robin, alle seine Freunde waren tot.
„Führt mich an die Gräber.“
„Es gibt keine Gräber“, sagte Aisleen leise. „Sie haben die Toten mitgenommen und irgendwo verscharrt. Niemand weiß wo.“
Jetzt endlich spürte Braden, wie heißer, belebender Zorn in ihm hochschoss. Das war gegen alle Regeln, gegen alle Ehre. Ewan war im Kampf gefallen, und Robin hatte dafür mit seinem Leben bezahlt. Die Schuld war abgegolten – David MacAron hatte kein Recht, ehrlos gegen die Familie zu handeln und ihm, Braden, sein Erbe zu nehmen.
Er erhob sich langsam und ging hinaus zu seinem Pferd, das noch den Sattel trug. Der Himmel hatte sich bewölkt, der Wind trieb düstere Schatten über das Tal und kräuselte das Wasser des Sees.
„Wohin reitet Ihr, Herr?“
„Zu David MacAron.“
Der alte Rupert musste sich gegen die Wand lehnen. Wollte das Unglück denn gar kein Ende nehmen?
***
Braden wusste nur zu gut, dass seine Chancen schlecht standen. Er war allein, ohne Beistand, er besaß nichts außer seinem Pferd und einem Messer, das in seinem Gürtel steckte. Seine einzige Hoffnung war, dass David MacArons Zorn versiegt war und dass er mit sich reden ließ. Schließlich war Braden selbst an der ganzen Geschichte unbeteiligt gewesen.
Der Sitz der MacArons war nur einige Wegstunden entfernt, ein massiver Bau, von einer Befestigung umgeben, die sich an einen hohen Fels anschloss. Auch hier hatte sich einiges verändert, denn die hölzerne Palisade war durch eine steinerne Mauer ersetzt worden. Es machte keinen friedlichen Eindruck, und Braden wurde sich darüber klar, dass er im Begriff war, in die Höhle des Löwen zu reiten.
Die Torwächter glotzten ihn ungläubig an, als er seinen Namen nannte, auch hier erkannte man ihn zunächst nicht, starrte ihn an wie ein Gespenst. Unbeeindruckt ritt er in den Hof, stieg vom Pferd und warf einem der Männer die Zügel der Stute zu.
„Ich komme im Frieden“, sagte er. „Ich will mit David MacAron sprechen.“
Geflüster, scheue Blicke, die Männer fassten die Griffe ihrer Waffen, man war unsicher, was zu tun war. Einen Augenblick lang fürchtete er, man würde sich auf ihn stürzen, um ihn gefangen zu nehmen, und er machte sich bereit, seine Freiheit teuer zu verkaufen. Doch dann drängte sich ein schmaler junger Mann durch die Umstehenden.
„Folgt mir. David MacAron erwartet Euch.“
Fast hätte Braden den Clanchef nicht wiedererkannt. Der alte MacAron war dürr und krumm geworden, Haar und Bart, ehemals feuerrot, waren jetzt weiß, nur die hellen, kleinen Augen, die jetzt tiefer in den Höhlen lagen, waren noch genau so wach wie früher. Sie hatten jedoch einen lauernden Ausdruck angenommen, verbissener Hass lag darin und jede Menge Starrsinn – aber der war dem Alten auch früher zu eigen gewesen, er war den MacArons angeboren.
„Bist du etwa gekommen, um deine Braut zu holen, Braden?“, zischte der Alte spöttisch.
Braden spürte den Hohn, und er musste seinen Ärger niederkämpfen. Der Alte war verbittert, im Grunde konnte er einem leid tun.
„Nein“, gab er zurück. „Ich bin gekommen, weil ich dir sagen wollte, wie sehr ich bedaure, was während meiner Abwesenheit geschehen ist. Und weil ich glaube, dass der Streit ein Ende haben sollte.“
Die
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