Die Gefangene des Highlanders
Kleider trocknete.
„Was hat sie gesagt, Raven? Wohin wollte sie reiten?“
Der unglückliche Raven hob die Schultern und fuhr sich durch das immer noch feuchte Haar. Nichts hatte sie gesagt. Verfluchte Sache – hätte er doch bloß zuerst den Clanchief gefragt, ob er die Lady überhaupt aus der Burg lassen durfte. Jetzt glotzten ihn, Raven, alle vorwurfsvoll an, als sei es seine Schuld, dass sie immer noch nicht zurück war.
„Sie wird schon kommen …“, sagte Braden und setzte eine abweisende Miene auf, um weitere Fragen zu unterbinden. Gleich darauf stöberte er die jungen Burschen auf, die in einer Ecke des Burghofs herumlungerten und Maulaffen feilhielten.
„Nehmt zwei der Pferde und eure Speere. Wir treffen uns vor dem Burgtor. Die letzten dürfen am Abend die Pferde versorgen.“
Nicht alle zeigten frohe Gesichter, denn die meisten hatten sich die Ausbildung zum Ritter lange nicht so anstrengend vorgestellt. Zwei von ihnen waren heute früh schon wieder zurück in ihre Dörfer gelaufen, einige andere grübelten darüber nach, ob sie ebenfalls wieder heimziehen sollten. Doch die harte Arbeit in Wald und Feld und der Hohn der Geschwister waren ebenfalls wenig verlockend. Also bissen sie die Zähne zusammen und stellten sich den anstrengenden Übungen und Wettkämpfen.
Braden hatte vorausgesehen, dass nur ein Teil der jungen Kerle durchhalten würde, denn nicht jeder hatte das Zeug zu einem Ritter. Es gehörten nicht nur Körperkraft und Zähigkeit dazu, sondern auch ein eiserner Wille und die Kunst, sich selbst zu beherrschen.
Er war froh, sich mit den jungen Leuten beschäftigen zu können, führte ihnen vor, wie man mit einem Satz auf den Rücken des Pferdes sprang, übte die Bewegung mit ihnen, teilte Lob und Ratschläge aus und ließ sie dann ihre Lanzen auf einen strohgefüllten Sack werfen.
Dennoch konnte er nicht verhindern, dass seine Blicke immer wieder über den Waldrand glitten, als warte er auf jemanden. Er schalt sich innerlich einen Träumer, denn er wusste nur allzu genau, dass sie nicht kommen würde. Sie hatte sich entschlossen, zu ihrem Vater zurückzukehren, und Marian war ein Mädchen, das seine Entschlüsse auch ausführte.
Ein seltsamer, ziehender Schmerz hatte sich in seiner Brust eingestellt, und er begriff endlich, dass er sie vermisste. Sonst hatte er hie und da ihren roten Haarschopf auf der Mauer leuchten sehen, wenn er mit den jungen Kerlen übte, jetzt standen dort nur ein paar Bauern, einmal erblickte er Aisleen mit ihrem Kind im Arm, die angestrengt zum Wald hinüberspähte. Auch sie suchte Marian, hoffte auf ihre Rückkehr.
Als sich wieder Wolken vor die Sonne schoben und leichter Nieselregen einsetzte, beendete er die Übungen und schickte seine Zöglinge hinauf in die Halle. Er selbst führte die Pferde auf die Burg, überließ sie dort Rupert und stieg auf die Mauer, um die Wächter zu befragen. Niemand hatte etwas Verdächtiges bemerkt, auch von Marian keine Spur.
Das Ziehen in seiner Brust verstärkte sich, und er musste sich zusammennehmen, um zu den Männern, die ihn mit Fragen bedrängten, nicht allzu abweisend zu sein. Nein, er wusste selbst nicht, wo sie blieb. Sie war frei, zu kommen und zu gehen, wann immer sie wollte. Schließlich stimmte er zu, dass sich eine kleine Gruppe unter Swans Führung aufmachte, um nach Marian zu suchen.
In düsterer Laune sah er sie im Regen davonreiten und machte sich Vorwürfe, sein Einverständnis zu dieser überflüssigen Aktion gegeben zu haben. Nebelschwaden krochen über die Heide, hatten den See bereits zugedeckt und schlichen von allen Seiten auf den Burghügel zu.
Trotz stieg in ihm auf. Sie hatte ihn mit ihrem süßen Körper bezaubert, diese rothaarige Hexe, und nicht genug damit – sie hatte auch noch für ihn gekämpft. Er war nahe daran gewesen, etwas in ihr zu sehen, das er längst verloren geglaubt hatte. Er hätte sich fast in sie verliebt. Aber zum Glück war er noch rechtzeitig zur Besinnung gekommen. Verdammt, sie war falsch wie alle Weiber. Hatte sie nicht behauptet, an seine Sache zu glauben? Ihr Vater habe kein Recht, ihm Land und Burg streitig zu machen? Jawohl, das hatte sie gesagt, und kurz darauf war sie davongeritten, um zu ihrem Vater zurückzukehren. Wer einem Weib vertraute, dem war nicht zu helfen.
Er wollte sich gerade in sein Turmzimmer zurückziehen, als der Wächter einen Reiter ankündigte, der sich der Burg näherte. Druce kehrte von seinem Ausritt zurück – gut so, er konnte
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