Die Gefangenen des Korallenriffs
Reisevorbereitungen in Anspruch genommen. Missis Anna machte sich emsig am Küchenherd zu schaffen. Sie buk für ihren Enkel eine so unglaubliche Menge von Mohnpiroggen, daß sie für eine ganze Schar solcher Jungs gereicht hätten, wären die auch ausgehungert gewesen wie junge Dohlen. Chris selbst aber fühlte sich vor Glück über diesen unverhofften Ausflug wie im siebenten Himmel, hetzte unentwegt zwischen Farm und Katamaran hin und her.
Schließlich trollte er sich zum Großvater, der mit Kau-Ruck und Sor die Marschroute festlegte. Dabei leistete ihnen der Schulatlas des Jungen gute Dienste. Eine Fahrt des Katamarans zu Lande durch dichtbesiedeltes Gebiet hätte zweifelsohne unliebsame Aufmerksamkeit erregt. Deshalb blieb nur der Wasserweg. Dank seines Luftkissens war der »Arsak« imstande, selbst auf kleinen Flüßchen voranzukommen. Da aber sämtliche Flüsse irgendwann ins Meer münden, würde das Schiff früher oder später den Golf von Mexiko erreichen. Der am nächsten gelegene Fluß, zu dem sie ohne übermäßiges Aufsehen gelangen konnten, war der Smokie-Hill.
Zusammen mit einigen anderen Flüssen wurde er später zum Kansas-River, und der wiederum mündete in den Missouri. Daß sich der Missouri aber mit dem Mississippi verband, wußte jeder Schüler, selbst wenn er mit der Geographie auf Kriegsfuß stand. Die Länge dieser beiden Ströme betrug mehr als sechstausend Kilometer.
Chris war nicht schlecht in Geographie, und so schlug er seinen Freunden von der Rameria diese Route vor, vergaß auch nicht zu erwähnen, daß der Mississippi sie geradenwegs zum Golf von Mexiko bringen würde und zum vermutlichen Aufenthaltsort von Käptn Black. Den Seemann zu finden, konnte dann nicht mehr schwierig sein, da Kau-Ruck die genauen Koordinaten wußte. Der Löwe Grau hatte sie sich glücklicherweise gemerkt und ihm mitgeteilt.
Über all diesen Vorbereitungen vergingen die Stunden wie im Fluge, und gegen Abend war man zur Abreise gerüstet. Es wurde beschlossen, am nächsten Morgen in aller Frühe aufzubrechen. Chris dachte, er könnte vor Aufregung kein Auge zumachen, doch kaum hatte sein Kopf das Kissen berührt, schlief er auch schon fest ein…
Der nächste Morgen war windstill. Hier, in der Senke, wehte erst recht kein Lüftchen, so daß es völlig sinnlos gewesen wäre, die Segel zu setzen. Deshalb beschlossen sie, das Raketentriebwerk auszuprobieren, das sich zwischen den beiden Katamaranhälften befand. Sor machte sich am Schiffsbug zu schaffen, Chris durfte den Heckanker lichten, Kau-Ruck stand auf der Brücke am Steuerpult. Auf sein Kommando hin setzten der Decksmatrose und der Schiffsjunge die Ankerwinden in Betrieb. Ein paar Minuten später waren die Anker eingeholt und in den Bordschleusen verschwunden. Sor und Chris winkten den Zurückbleibenden ein letztes Mal, und Missis Anna führte verstohlen ihr Taschentuch an die Augen. Farmer John aber hob energisch den Arm und rief:
»Glückliche Reise! Und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!«
Kau-Ruck zündete das Triebwerk und schaltete auf den niedrigsten Schub. Das reichte schon aus, den »Arsak« wie ein gesporntes Pferd auf Tempo zu bringen. Sekunden später hatte er sein Versteck verlassen, durchschnitt mit einer Feuerschleife wie ein Meteor die Luft, überquerte das Land des Farmers und verschwand über der Wüste.
Da sie zunächst zum Smokie-Hill wollten, behielt Kau-Ruck die ganze Zeit über aufmerksam den Kompaß im Blick, achtete darauf, daß sie nicht vom Kurs abwichen. Um Treibstoff zu sparen, schaltete er von Zeit zu Zeit das Triebwerk ab, denn der Katamaran, dem Trägheitsgesetz folgend, setzte seinen Flug auch so eine Weile fort. Sie würden ja keine Möglichkeit haben, unterwegs ihre Vorräte aufzufüllen, und wer wußte schon, was sich ihnen auf der Reise noch für Hindernisse in den Weg stellten?
Nach ein paar Stunden hatten sie die Wüste hinter sich gelassen und waren nun von Prärie umgeben. Bald darauf bemerkten die Reisenden dann auch das sich dahinschlängelnde Flüßchen, an dessen Ufer Bäume und üppiges Buschwerk standen. Ohne im Tempo nachzulassen, tauchte der »Arsak« ins Dickicht ein, und Kau-Ruck hatte gerade noch Zeit, einem urplötzlich im Weg stehenden Baum auszuweichen. Er wuchs, vornübergeneigt, direkt am Wasser, badete seine Krone im Fluß, so daß er von weitem nicht zu sehen gewesen war. Der Pilot riß das Steuer herum, und der Katamaran landete nach einer jähen Kurve Sekunden später auf der
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