Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)
Bunny hat massenhaft neue Klamotten in seinem Schrank hängen, die er unmöglich selbst bezahlt haben kann.«
»Da muß einer aber schon ziemlich tief graben, um das herauszufinden.«
»Da muß einer nur zwei oder drei zielgerichtete Telefongespräche führen.«
In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
»O Gott!« heulte Francis.
»Nicht rangehen«, sagte Henry.
Aber Francis nahm den Hörer ab; ich hatte gewußt, daß er es tun würde. »Ja«, sagte er vorsichtig. Pause. »Na, ebenfalls hallo, Mr. Corcoran.« Er setzte sich und signalisierte mit Daumen und Zeigefinger »okay«. »Haben Sie was gehört?«
Eine sehr lange Pause. Francis hörte eine Zeitlang aufmerksam
zu; er schaute zu Boden und nickte. Nach einer Weile begann er, ungeduldig mit dem Fuß zu wippen.
»Was ist denn los?« wisperte Charles.
Francis hielt den Hörer ein Stück weit vom Ohr weg und machte eine Plapperbewegung mit der Hand.
»Ich weiß, was er will«, sagte Charles verzweifelt. »Er will, daß wir zu ihm ins Hotel kommen und mit ihm zu Abend essen.«
»Ehrlich gesagt, Sir, wir haben bereits zu Abend gegessen«, sagte Francis in diesem Augenblick. » ... Nein, natürlich nicht ... Ja. O ja, Sir, ich habe versucht, Sie zu erreichen, aber Sie wissen ja, hier geht alles drunter und drüber ... Selbstverständlich ...«
Endlich legte er auf. Wir starrten ihn an.
Er zuckte die Achseln. »Tja«, sagte er. »Ich hab’s versucht. Er erwartet uns in zwanzig Minuten im Hotel.«
»Uns?«
»Ich gehe nicht allein.«
»Ist er denn allein?«
»Nein.« Francis war in der Küche verschwunden; wir hörten, wie er Schränke auf und zu klappte. »Die ganze Bande ist da, außer Teddy – und den erwarten sie jeden Augenblick.«
Eine kurze Pause trat ein.
»Was machst du da drinnen?« fragte Henry.
»Ich mache mir was zu trinken.«
»Mir auch«, sagte Charles.
»Scotch okay?«
»Lieber Bourbon, wenn du hast.«
»Mach zwei«, sagte Camilla.
»Bring doch einfach die ganze Flasche«, sagte Henry.
Als sie gegangen waren, legte ich mich auf Francis’ Couch, rauchte seine Zigaretten und trank seinen Scotch, und dabei schaute ich mir »Risiko« an. Einer der Kandidaten war aus San Gilberto; das liegt in der Gegend, wo ich aufgewachsen bin – nur fünf oder sechs Meilen weit weg. All diese Vororte da gehen ja ineinander über, und man weiß nicht immer, wo der eine aufhört und der andere anfängt.
Danach kam ein Fernsehfilm. Erhandelte davon, daß die Erde mit einem anderen Planeten zu kollidieren drohte, und wie die Wissenschaftler der ganzen Welt sich zusammentaten, um die Katastrophe abzuwenden. Ein kommerzbegabter Astronom, der ständig in irgendwelchen Talkshows auftritt und dessen Namen Sie wahrscheinlich kennen, spielte sich in einer Gastrolle selbst.
Aus irgendeinem Grunde wollte ich mir die Elf-Uhr-Nachrichten nicht allein ansehen; also schaltete ich um auf PBS und sah mir eine Sendung mit dem Titel »Die Geschichte der Metallurgie« an. Es war nicht mal uninteressant, aber ich war müde und ein bißchen betrunken, und ich schlief ein, bevor es zu Ende war.
Als ich aufwachte, hatte mich jemand mit einer Wolldecke zugedeckt, und das Zimmer war bläulich erhellt vom kalten Licht des Morgengrauens. Francis saß am Fenster und hatte mir den Rücken zugewandt; er aß Maraschino-Kirschen aus einem Glas, das er auf den Knien balancierte.
Ich setzte mich auf. »Wieviel Uhr ist es?«
»Sechs«, sagte er, ohne sich umzudrehen, mit vollem Mund.
»Warum hast du mich nicht geweckt?«
»Ich bin erst um halb fünf gekommen. Zu betrunken, um dich nach Hause zu fahren. Willst du eine Kirsche?«
Er war immer noch betrunken. Sein Kragen war offen, seine Kleidung unordentlich, seine Stimme flach und tonlos.
»Wo warst du die ganze Nacht?«
»Bei den Corcorans.«
»Doch nicht zum Trinken.«
»Natürlich.«
»Bis vier Uhr morgens?«
»Sie waren immer noch dran, als wir gingen. In der Badewanne standen fünf oder sechs Kästen Bier.«
»Ich wußte nicht, daß es eine frivole Veranstaltung werden würde.«
»Es war eine Spende vom ›Food King‹«, sagte Francis. »Das Bier, meine ich. Mr. Corcoran und Brady hatten sich ein bißchen was davon geschnappt und ins Hotel gebracht.«
»Wo wohnen sie denn?«
»Weiß nicht«, sagte er stumpf. »’ne furchtbare Bude. Eins von diesen großen, flachen Motels mit Neonwerbung und ohne Zimmerservice. Alle Zimmer waren miteinander verbunden. Hughs Kinder haben ständig gekreischt und mit
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